"BerlinStrategie 2030": Bürger sollen Vorschläge für Berlins Stadtentwicklung machen
Die Grünen wollen keine reine "Elitenbeteiligung" bei der Frage, wie Berlin in der Zukunft aussehen soll. Stattdessen sollen die Bürger mitreden.
Die Stadt sucht ein Leitbild, eine „Berlin-Strategie 2030“. Bisher liegt wie berichtet nur ein Referentenentwurf aus der Senatskanzlei vor, doch die Diskussion darüber, was ein neues Leitbild beinhalten sollte, wie es entstehen soll, ist schon entbrannt. Auf der Suche nach der Strategie, die im Frühjahr 2020 verabschiedet werden soll, will die federführende Senatskanzlei eine repräsentative Auswahl von Berlinern in Foren oder Begleitkreisen einbinden. Stadtforscher Klaus Brake vom Center for Metropolitan Studies der Technischen Universität fordert, dass Ideen und Ziele den Bürgern in einem Meinungsbildungsprozess nicht vorgegeben, sondern „im Verfahren erst erarbeitet“ werden sollen. „Um die Motivation zu erhöhen, braucht man zunächst einmal offene Runden ohne Vorgaben.“ Die bisherigen Ideen des Senats dafür seien „wenig zielführend“.
Koalition ist von Referentenentwurf überrascht
Die Entwicklung einer solchen Strategie soll zwar unter Einbeziehung von Verbänden und Gruppen durchgeführt werden. Ein Lenkungskreis aus Vertretern der Senatskanzlei und -verwaltungen und „gegebenenfalls“ die Stiftung Zukunft Berlin, so der Entwurf, soll Zukunftsforen inhaltlich vorbereiten. In Strategieforen sollen dann zentrale Themen durch 100 Vertreter von Interessengruppen erarbeitet werden. Anschließend soll ein Begleitkreis mit Parteienvertretern, 30 zufällig ausgewählten Bürgern und etwa 20 Vertretern von organisierten Gruppen die Ergebnisse der Foren auf Praktikabilität und Bürgernähe überprüfen.
In der Koalition war man über diesen Referentenentwurf sehr überrascht. Er wird zwar in den Senatsverwaltungen diskutiert, aber konkrete Vorlagen gibt es noch nicht. Linken-Fraktionschef Udo Wolf hat analog zur Forderung von Forscher Brake den Anspruch, dass die „Bürger von sich aus Vorschläge unterbreiten können. Sie müssen mitgestalten können.“ Und Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek möchte mit einem Beteiligungsprozess möglichst schnell beginnen. Sie lehnt eine reine „Elitenbeteiligung“ ab. „Das funktioniert nicht. Man muss die Bürger schon konkret fragen, was für sie die wichtigsten Themen sind, und was sie auch von der Politik erwarten.
Stadtforscher Brake plädiert für Bildung als Schwerpunkt
Der Senat will die 2014 beschlossene „Berlin Strategie“, die 2016 zur „Berlin Strategie 2030 2.0“ aktualisiert wurde jetzt als „Berlin Strategie 2030“ fortführen. „Das taugt nicht“, sagt Klaus Brake. Denn die „Berlin Strategie“ war zunächst als Stadtentwicklungsplan auf räumliche Strukturen der Stadt konzipiert und auch fortgeschrieben worden. Bei einer völlig neuen Strategie müsse man die für ein Zukunftsbild einer wachsenden Stadt entscheidende Frage stellen, wovon die Neu-Berliner leben, welcher Art von Arbeit sie 2030 in Berlin nachgehen werden. Daraus erst würden sich Maßnahmen zum Beispiel für die städtebauliche Agenda ergeben. Ein Schwerpunkt der neuen Strategie müssten auch Bildung und Qualifizierung sein. „Das Ressort wird bisher zu stiefmütterlich behandelt“, sagt Brake.
Linksfraktionschef Udo Wolf will nicht, dass sich eine Zukunftsstrategie „in Überschriften erschöpft“. Für den Linkspolitiker zählen strategische Projekte für Smart City, Quartiersentwicklungen und auch Verkehrspolitik zwingend zu einer solchen Studie. Grünen-Politikerin Kapek will die Themen Wohnungspolitik, Gesundheitsversorgung, Mobilität, innere Sicherheit, Integration und wachsende Stadt im Sinne einer funktionsfähigen Stadt in einer „Strategie 2030“ verankert wissen. Auch die Frage, welche Rolle Berlin als Hauptstadt hat, müsse in einer solchen Strategie einen angemessenen Platz finden.
Rolle der Stiftung Zukunft Berlin völlig unklar
In welcher Form die Stiftung Zukunft Berlin mit ihrem „Berlin Forum“ an diesem Prozess beteiligt wird, ist weiter offen. Vorstand Volker Hassemer sagte, er fühle sich verpflichtet das Forum aufzubauen, in dem Vertreter aus Politik und Gesellschaft einen Masterplan für die Zukunftsstrategie der Stadt entwickeln sollen. Allein das Geld dafür steht nicht im Haushalt. In der Koalition ist man sich noch nicht einig, welche Rolle die Stiftung in der Strategiediskussion „Berlin 2030“ einnehmen wird. Antje Kapek sagte, die Stiftung gebe „eigene Impulse“, die Senatskanzlei müsse mit der Stiftung über eine Kooperation sprechen.
Linkspolitiker Wolf sagt dagegen, die Stiftung sei ein „wichtiger Player, aber sie ist nicht der einzige“. Man arbeite gern mit der Stiftung zusammen, auch wenn man „nicht automatisch jeden Vorschlag teilt“. Bei allen Verdiensten der Stiftung gebe es auch Dienstleister, die Stadtforen oder Meinungsbildungsprozesse professionell veranstalten könnten. Wie berichtet soll die Stiftung an der Strategie „Berlin 2030“ teilnehmen. Nur wie, ist noch völlig offen.