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Die Berliner Verwaltung soll in den nächsten Jahren deutlich besser werden. Wie genau, ist noch unklar.
© Mike Wolff

Verwaltungschaos in Berlin: Stadt ohne klare Zuständigkeiten

Verhältnis zwischen Senatsbehörden und Bezirksämtern ist in Berlin praktisch ungeklärt. Am Montagabend diskutierten Experten über die Zukunft der Verwaltung

Es sei doch absurd, dass die Aufstellung von Pollern am Straßenrand immer noch am Streit zwischen dem örtlich zuständigen Bezirk und der Fachverwaltung des Senats scheitere. Andreas Musil, Verwaltungsjurist und Vizepräsident der Universität Potsdam, beobachtet aus beruflichem Interesse sehr genau, wie die Berliner Verwaltung funktioniert – oder eben nicht. „Ich bin frustriert“, sagt er. Die Reformbemühungen der vergangenen 15 Jahre sind aus seiner Sicht komplett gescheitert. Was er sehe, sei eine „organisierte Verantwortungslosigkeit“.

Das komplexe, rechtlich und praktisch ungeklärte Verhältnis zwischen Senatsbehörden und Bezirksämtern war am Montagabend ein zentrales Thema, als auf Einladung der Stiftung Zukunft Berlin (SZB) Verwaltungsexperten, Politiker und engagierte Bürger über „das beste Management für Berlin“ diskutierten. Gastgeber war im Amt für Kirchliche Dienste in Charlottenburg der evangelische Bischof Markus Dröge. Ein fester Glaube kann nicht schaden, wenn es in Berlin um die Verwaltungsreform geht.

"Teilweise Staatsversagen"

Das Diskussionsforum bemühte sich um strenge Sachlichkeit, trotzdem hörte man deutliche Worte. So beklagte sich Horst Achim Kern, der bis 1995 SPD-Fraktionsgeschäftsführer im Abgeordnetenhaus war, über das „teilweise Staatsversagen“ in Berlin, dem die Zivilgesellschaft immer noch „unendliche Geduld“ entgegenbringe. Die gesetzlichen Änderungen im Verhältnis zwischen Senats- und Bezirksverwaltung, die Ende der neunziger Jahre mit der Neugliederung der Bezirke einhergingen, gehörten „zu den dümmsten Reformen der Berliner Verwaltung“ Damals sei der Grundcharakter der Einheitsgemeinde Berlin verlorengegangen, urteilte Kern.

Die Expertenkommission, die unter Leitung des ehemaligen Chefs der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, Ideen für eine leistungsfähigere Verwaltung entwickeln soll, habe der Senat „nur aus Angst“ eingesetzt, sagte Kern. Aus Angst vor einer großen Reform, verbunden mit einer Änderung der Landesverfassung. Dafür müsse man Druck aufbauen, forderte der Sozialdemokrat. Dafür gebe es ja notfalls die Volksgesetzgebung. Für einen „großen Wurf“ sprach sich auch Bertram Schwarz aus, Sprecher der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen. Es mangele in der Berliner Verwaltung an Einheitlichkeit, klaren Zuständigkeiten und verbindlichen Fristen für Entscheidungen. Dafür müsse man das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz (AZG) ändern.

Vorarbeit für Berlin-Forum

Ein Hinweis, der auch von anderer Seite kam. Klare Entscheidungsstrukturen seien notwendig, zentrale Verantwortung müsse wieder sichtbar werden, forderte der Verwaltungsexperte Hartmut Bäumer. Er plädierte für eine Wiedereinführung der Fachaufsicht, also eines Weisungsrechts des Senats gegenüber den Bezirken. Das sei in allen anderen Bundesländern üblich. Auch Musil plädierte für eine detaillierte gesetzliche Festlegung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Bezirken, ergänzt durch den Hinweis des früheren Wirtschaftssenators Wolfgang Branoner, dass die Digitalisierung der Verwaltung die Organisation und Kooperation zwischen Mitarbeitern, Ämtern und Behörden effizienter gestalten könne. Personalentwicklung, Finanzierung der Verwaltung und parlamentarische Kontrolle. Auch diese Themen wurden angeschnitten. Die Diskussion verstand sich als Vorarbeit für ein groß angelegtes Berlin-Forum, um die Stadt voranzubringen.

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