Vier Gleise für den Deutschlandtakt: Bund plant in Berlin Ausbau der Strecken nach Hamburg und Leipzig
Alle halbe Stunde ein ICE, das ist der Deutschlandtakt. Der Bund plant jetzt den Ausbau der Strecken Spandau-Nauen und Südkreuz-Ludwigsfelde auf vier Gleisen.
Es ist das wichtigste Projekt im Bahnverkehr: Der "Deutschlandtakt". Doch wenn mehr Züge fahren sollen, braucht es mehr Gleise. Der Bund plant jetzt den Ausbau der Strecken von Berlin nach Hamburg und nach Halle Richtung München. Das bedeutet: Zwischen Spandau und Nauen sowie zwischen Südkreuz und Ludwigsfelde müssen zwei weitere Gleise gebaut werden. Derzeit gibt es dort jeweils zwei Gleise, das reicht nicht. Der schnelle ICE und der langsamere Regionalzug sollen jeweils eigene Gleise bekommen. Dies geht aus einer gerade veröffentlichten Liste des Bundesverkehrsministerium (BMVI) hervor.
Für die Stadt ist das ein immenser Eingriff in den Bestand. Auf Luftfotos ist zu erkennen, dass es an vielen Stellen kaum Platz gibt. Nach Angaben der Bahn sei an der Anhalter Bahn aber Platz für vier Gleise. Proteste und Klagen sind dennoch programmiert. Zur Erinnerung: Gegen den Ausbau der Dresdner Bahn durch Lichtenrade klagten die Anwohner durch alle Instanzen. Das Projekt verzögerte sich dadurch um viele Jahre.
Mit dem Deutschlandtakt ("D-Takt") soll sich die Zahl der Bahnkunden bis 2030 verdoppeln. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 151 Millionen Fahrgäste in ICE/IC und 2,77 Milliarden Fahrgäste im Nahverkehr. Beim Deutschlandtakt sollen künftig die wichtigen ICE-Linien im festen halbstündlichen Rhythmus fahren. Erstmals hatte die Bahn diesen (angenäherten) 30-Minuten-Takt auf der Strecke Berlin-Hamburg eingeführt im Dezember 2020 - ein voller Erfolg.
Um dies bundesweit anbieten zu können, sollen 181 Engpässe im Netz beseitigt bzw. Strecken ausgebaut werden. Das BMVI nennt Gesamtkosten von 48,5 Milliarden Euro. Finanziert ist das jedoch nicht.
Fast zwei Milliarden Euro für die Region
Die beiden wichtigsten Berliner Strecken, die nach Hamburg und die nach Halle/München sind längst an der Kapazitätsgrenze. Zuletzt war sogar überlegt worden, den Regionalbahnhof Lichterfelde Ost stillzulegen, damit haltende Züge nicht mehr den Fernverkehr ausbremsen. Zwischen Nauen und Spandau sind die Züge im Berufsverkehr brechend voll, mehr Regionalzüge passen nicht mehr auf die Gleise - weil so viele ICE fahren.
Für den Ausbau der Hamburger Strecke nennt das BMVI Kosten von 1,15 Milliarden Euro und für den Abschnitt Südkreuz-Ludwigsfelde 687,5 Millionen.
Am meisten Geld soll in Spandau und dem Abschnitt nach Nauen investiert werden. Alleine 153 Millionen Euro soll der Ausbau des Fernbahnhofs Spandau kosten, der nach der Wende viel zu klein gebaut worden war. Südlich der bestehenden Halle sollen zwei weitere Bahnsteiggleise entstehen, die Ausfahrt Richtung Westen völlig umgebaut und erweitert werden.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Die Hamburger Bahn bekommt vier statt zwei Gleise, am Nennhauser Damm ist ein zweites Gleis für die Regiostrecke Richtung Staaken (Hannover) geplant. Nach Angaben des BMVI sollen dann " parallele Einfahrten/Ausfahrten von/nach verschiedenen Gleisen" in Spandau möglich sein. Derzeit ist die Station das wohl schlimmste Nadelöhr Berlins. 901 Millionen Euro sollen die beiden neuen Gleise von Spandau nach Nauen kosten und ein drittes Gleis zwischen Nauen und Neustadt (Dosse).
Überraschend kommen die Pläne nicht
Auch diese beiden Projekte rücken damit in die höchste Dringlichkeitskategorie des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege auf, wie Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei der Vorstellung der Liste in Berlin sagte.
Ganz überraschend kommen die Pläne nicht. Vom Ausbau von Spandau spricht Berlins Bahnchef Alexander Kaczmarek seit drei Jahren, darüber gibt es eine breite Diskussion, zudem ist der Ausbau nach Nauen auch im Berlin-Brandenburger Investitionspaket i2030 enthalten. Der viergleisige Ausbau durch Lichterfelde und Lankwitz ist zwar seit 2018 bekannt, allerdings gab es kaum eine Resonanz in der Öffentlichkeit. Doch spätestens wenn die Pläne konkreter werden, ist Protest zu erwarten. In i2030 ist die Strecke nicht enthalten.
Zum D-Takt gehört übrigens auch, dass einige Fernzüge wieder am Bahnhof Zoo halten. Dieser war 2006 vom ICE-Verkehr abgekoppelt worden - um den Hauptbahnhof besser auszulasten. Kritiker sagen, dass der Bund mit der 48-Milliarden-Liste den Güterverkehr vernachlässige und zu sehr auf Hochgeschwindigkeitstrassen für den ICE setze. Die Hälfte des Geldes ist für Bayern und Niedersachsen bestimmt, also den Bundesländern, aus denen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) kommen. Dies berichtete der Tagesspiegel Newsletter "Background Mobilität" am Montag.