Berliner Stadtreinigung: BSR will jetzt auch Frauen bei der Müllabfuhr einstellen
Der Personalrat des Unternehmens stellt sich nicht quer. Bei der Straßenreinigung sind von 1700 Kräften mittlerweile 300 Frauen.
Die BSR will Frauen als Müllwerkerinnen einstellen. Das ist neu – bisher gibt es in Berlin keine einzige Frau bei der Abfuhr des Hausmülls. Und auch in der Straßenreinigung sind Frauen erst seit 2010 vertreten. Auf der BSR-Homepage sind Stellen für „Müllwerkerinnen/Müllwerker“ ausgeschrieben, dort zieht eine blonde Frau eine große Tonne – die Frau arbeitet tatsächlich im Unternehmen, aber nicht als Müllwerkerin.
Die Ausschreibung läuft nur noch bis Ende der Woche, rund 50 Stellen sind zu besetzen. Der Personalrat der BSR hatte sich nach Darstellung der Unternehmensspitze bisher quergestellt, selbst als einmal zwei Frauen im Auswahlverfahren erfolgreich waren.
Der Personalrat wies diese Darstellung als Ganzes zurück. „Bisher gab es lediglich zwei Bewerbungen von Frauen als Müllwerkerinnen, die vom Fachbereich als nicht geeignet eingestuft wurden. Von daher hatte der Personalrat keine Möglichkeit abzulehnen oder zuzustimmen“, teilte der Vorsitzende Gregor von Paczensky mit. Am Personalrat scheitere es ganz sicher nicht, auch wenn Frau Allmendinger dies ebenfalls so dargestellt habe. „Von uns aus gibt es hier keinerlei Vorbehalte“, sagte von Paczensky.
Zweifel bei Verdi
In der Tagesspiegel-Ausgabe von Montag hatte die Soziologin Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin und Mitglied im BSR-Aufsichtsrat, einen Erfahrungsbericht veröffentlicht. Allmendinger hatte eine volle Schicht mit zwei Müllwerkern gearbeitet, und sie kam zu dem Schluss, dass dies eine Arbeit ist, die auch Frauen schaffen können.
Ellen Naumann von der Gewerkschaft Verdi bezweifelt allerdings genau dies. „So wie die BSR derzeit arbeitet, kann ich mir das nicht vorstellen – die Männer schaffen es ja schon kaum“, sagt Naumann. Die Arbeit sei körperlich belastend und extrem anstrengend. Und aufgrund der gestiegenen Arbeitsverdichtung bekämen die Mitarbeiter typische Gesundheitsprobleme, etwa Rückenbeschwerden, in jüngeren Jahren als früher.
„Die 1100-Liter-Tonne darf man offiziell nur zu zweit ziehen, und von den Standardtonnen soll man nur eine nehmen, aber die Männer nehmen zwei davon, und eine große bewegt einer allein", sagt Naumann. Wenn die Regeln eingehalten würden, dann würde ein Drittel mehr Personal benötigt.
BSR will 50 Prozent Frauen bei Neueinstellungen
Von den 1700 Kräften der Straßenreinigung sind mittlerweile 300 Frauen. Sie schwingen nicht nur Harke und Besen, sondern fahren auch Kehrmaschinen auf Straßen und Kleinkehrmaschinen auf Gehsteigen. Bei Neueinstellungen versucht die BSR hier auf 50 Prozent Frauen zu kommen. Doch warum sollte eine Frau Interesse an dem Job haben? Laut BSR spricht einiges dafür. Laut Ausschreibung wird bei der Kinderbetreuung geholfen, es gibt „familienbewusste Urlaubsplanung“ und eine Bezahlung nach TVöD Stufe 3.
Auch hier bremst Gewerkschafterin Naumann, Fachbereichsleiterin Ver- und Entsorgung beim Landesbezirk, die Euphorie. „Als Alleinerziehende kann man es komplett vergessen“, sagt sie. Wenn die Schicht um 6 Uhr beginne, dann brauche es einen Partner, der die Kinder morgens fertigmache.
Dennoch spricht einiges für den Job: Zum Beispiel ist der Beruf zwar körperlich anstrengend, man trägt aber wesentlich weniger Verantwortung als etwa eine Krankenschwester oder Altenpflegerin. Auch reicht es, die Mindestschulzeit hinter sich gebracht zu haben; eine Ausbildung ist nicht nötig. Der Verdienst ist dem einer Krankenschwester vergleichbar, obwohl diese eine Ausbildung benötigt. Und es ist ein sicherer Arbeitsplatz.
Es gibt zahlreiche Berufe, die körperlich anstrengend sind, und in fast allen sind seit langem auch Frauen tätig – in der Pflege, bei Polizei und Feuerwehr, in Teilen der Industrie. Bei der BSR soll nun also auch die letzte Männerdomäne fallen. Als es vor Jahren die ersten Frauen unter den Straßenreinigern gab, war das Erstaunen groß, aber man hat sich daran gewöhnt.
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