„Belastungen für Gerettete gering halten“: Brandenburg will afghanische Ortskräfte dauerhaft unterbringen – neue Ankünfte in Berlin
265 Gerettete, darunter 125 Kinder, aus Afghanistan sind bereits in Brandenburg angekommen. Innenminister Stübgen (CDU) will ihnen nun eine Bleibe bieten.
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) will die bereits in Brandenburg in der Erstaufnahme untergebrachten Ortskräfte dauerhaft im Land aufnehmen. Er werde dem Bundesinnenministerium anbieten, „die bereits in Brandenburg angekommenen Ortskräfte auch in Brandenburg aufzunehmen“. Das sagte Stübgen am Dienstag dem Tagesspiegel. „Wir hoffen damit einen Beitrag leisten zu können, die weiteren Belastungen für die geretteten Menschen möglichst gering zu halten und aufwendige Bürokratie zu vermeiden.“
Brandenburg habe im Rahmen der Rettung von afghanischen Ortskräften umgehend seine Bereitschaft zur Hilfe erklärt. „Mittlerweile sind 265 Personen, davon 125 Kinder und Jugendliche in Brandenburg angekommen und werden erstversorgt“, sagte Stübgen. „Wir wollen, dass die Menschen zur Ruhe kommen können und kümmern uns um die Erledigung aller notwendigen Formalitäten der Erstaufnahme.“
Bislang war vereinbart, dass die Ortskräfte und ihre Familien nach der Erstaufnahme in Brandenburg nach dem Königsteiner Schlüssel auf andere Bundesländer aufgeteilt werden. Brandenburg sollte als Verteilzentrum dienen.
Um die Abläufe zu klären, stehe das Land in engem Austausch zu anderen Bundesländern und dem Bund, sagte Stübgen. Dabei werde Brandenburg das Angebot unterbreiten, die bislang bereits in der Erstaufnahme untergebrachten Ortskräfte richtig aufzunehmen.
Am Freitag waren die ersten afghanischen Ortskräfte in Brandenburg angekommen und in die Erstaufnahme-Stelle in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) gebracht worden. Zunächst befanden sich die Menschen in Quarantäne, dann sollten Corona-Tests erfolgen.
Noch am Montag erklärte ein Sprecher des Innenministeriums in Potsdam, In den nächsten Tagen entscheide sich, in welche Bundesländer die Geretteten verteilt werden.
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Der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Jan Redmann, zeigte sich über die Bemühungen des Innenministeriums, die aufgenommenen afghanischen Ortskräfte im Land zu behalten, erfreut. „Das sind Menschen, die in der Vergangenheit sehr eng bereits mit deutschen Behörden, mit der Bundeswehr zusammengearbeitet haben. Sie verfügen in aller Regel über sprachliche Fähigkeiten im Deutschen oder Englischen, sind also auch gut qualifiziert und sind, denke ich, auch eine Bereicherung für unser Land.“
In Berlin sind am Dienstag weitere 154 Menschen aus Afghanistan eingetroffen. Die afghanischen Ortskräfte und ihre Angehörigen seien in der Nacht und in den frühen Morgenstunden mit mehreren Bussen vom Flughafen Frankfurt am Main in die Hauptstadt gebracht worden, teilte die Senatsverwaltung für Integration mit. Am Montagmorgen waren die ersten 35 afghanischen Ortskräfte samt Familienangehörigen in Berlin eingetroffen.
Laut dem aktuellen Berlin Trend, in Auftrag gegeben vom rbb und der Berliner Morgenpost, befürwortet die große Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner die Aufnahme afghanischer Ortskräfte in Berlin. 51 Prozent der Befragten unterstützen die Aufnahme auf jeden Fall, weitere 29 befürworten es grundsätzlich. Lediglich acht Prozent lehnen die Aufnahme eher ab, sechs Prozent seien komplett dagegen.
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Die Bundeswehr hatte in der vergangenen Woche ihre Rettungsaktion für Deutsche und Afghanen begonnen, um sie nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban aus der afghanischen Hauptstadt Kabul in Sicherheit zu bringen. Das Zeitfenster für die Rettung schließt sich Ende August.
Die USA werden laut Bundesaußenministerium Heiko noch am Dienstag entscheiden, ob die Evakuierungen aus Afghanistan am 31. August enden werden. Den Angaben zufolge hat die Bundeswehr bislang etwa 3.800 schutzbedürftige Personen über den Flughafen in Kabul evakuieren können, darunter 351 deutsche Staatsbürger. Mit rund 100 weiteren Deutschen sei man im Kontakt. Insgesamt habe Deutschland mehr als 10.000 Personen identifiziert, die Schutz bräuchten, etwa ehemalige Helfer der Bundeswehr, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten.