Berliner Immobilienboom: Bodenpreise zehn Mal teurer als 2008
Grundstücke in Berlin sind heute zehn Mal teurer als vor zehn Jahren in einigen Lagen. Das meldet der RBB mit Bezug auf den Gutachterausschuss.
Bisweilen öffnet der Blick über längere Zeiträume die Augen für das Ausmaß einer Entwicklung: Der RBB hat die aktuellen Baulandpreise mit den Werten von vor zehn Jahren verglichen – und in der Innenstadt einen Anstieg um das Zehnfache festgestellt. Auch rund um die Wörther Straße in Prenzlauer Berg stieg der Quadratmeterpreis von 460 Euro im Jahr 2008 auf 5500 Euro pro Quadratmeter.
1000 Prozent in 10 Jahren
Ähnlich schwindelerregende Preisanstiege gibt es in Mitte und Charlottenburg: im Bereich der Heidestraße sowie des westlichen Spandauer Schifffahrtskanals. Dort hängt es allerdings auch mit der Umwandlung der früheren Bahnbrache zur Europacity zusammen. Nördlich des Hauptbahnhofs entsteht ein neuer Stadtteil. Dazu mussten Straßen gebaut, Leitungen verlegt und Baurecht geschaffen werden. Ein Teil dieser Kosten muss der Grundstückseigentümer übernehmen. Deshalb steigen die Bodenpreise.
Aber von 500 auf 5000 Euro je Quadratmeter stiegen auch die Bodenpreise zwischen Köpenicker Straße und Schulze-Delitzsch-Platz, in Mitte. In Charlottenburg melden die Gutachter eine Verzehnfachung der Baulandpreise an der südlichen Bismarckstraße bis zur S-Bahn. Auch hier sind die Flächen allerdings zuvor nicht zum Wohnen genutzt worden, so dass diese nicht repräsentativ für das Marktgeschehen insgesamt sind.
Die hohen Bodenpreise in Berlin machen den Bau günstiger Mietwohnungen unmöglich. Der Chef des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Reiner Rössler sagte dem Tagesspiegel: „In vielen Fällen geht die Renditerechnungen von Investoren wegen der hohen Bodenpreise nicht mal mehr auf“.
Käufer spekulierten wohl auf einen Anstieg der Berliner Preise auf das Niveau anderer Metropolen wie London oder Paris. Der Gutachterausschuss stützt sich bei der Ermittlung der Bodenpreise auf Kaufverträge über vollzogene Grundstücksgeschäfte und spiegelt damit das reale Marktgeschehen – und nicht die Preiserwartungen von Verkäufern.
Zinsen für Baukredite waren fünf Mal teurer als heute
Die Verzehnfachung des Bodenwertes in verschiedenen Lagen der Innenstadt erklärt Thomas Sandner Geschäftsstellenleiter des Gutachterausschusses mit der Veränderung des Geschäftsmodells auf dem Immobilienmarkt: Bis ins Jahr 2008 hinein, als weltweit die Märkte in der Finanzkrise zusammenbrachen, seien fast ausschließlich Miethäuser in der Stadt errichtet worden. Das änderte sich nach der Finanzkrise.
Kapitalanleger verlegten sich auf Investitionen in Immobilien und zwar vorrangig auf Wohneigentum. Im Handel mit Eigentumswohnungen sind viel höhere Preise erzielbar. Deshalb können die Entwickler auch viel mehr für Bauland bezahlen, so Sandner. Und Berlin zähle zu den beliebtesten Wohnungsmärkten, weil die Preise hier im Vergleich zu anderen Hauptstädten spottbillig waren.
Hinzu kommt: Zinsen für Baukredite waren vor zehn Jahren fünf Mal teurer als heute. Deshalb kann ein Käufer heute für dieselben Zinskosten fünf Mal mehr auf Kredit bezahlen als vor zehn Jahren. Das macht teure Wohnungen erschwinglicher und steigert die Bodenpreise dort, wo Eigentumswohnungen gefragt sind. Am Stadtrand, wo nur vermietet werden kann, stiegen die Bodenpreise nur langsam: von 200 Euro auf 600 je Quadratmeter im Märkischen Viertel etwa.
Chefgutachter: "Der steile Preisanstieg wird sich deutlich verlangsamen"
Kurzum, der freie Markt hat in der Berliner Innenstadt ein klares Beuteschema: Käufer von Eigentumswohnungen. Das hat es in Berlin schon einmal gegeben, nach der Wiedervereinigung. In der damaligen Berlin-Euphorie stiegen die Bodenpreise am Pariser Platz auf umgerechnet 10000 Euro je Quadratmeter und auf 7500 Euro am Gendarmenmarkt. Damals entstanden überwiegend Büroflächen, aber auch einige Eigentumswohnungen zu horrenden Preisen in den Obergeschossen. Erst nach 1995 brach der Markt wieder zusammen und erreichte im Krisenjahr 2008 seinen Tiefpunkt.
Chefgutachter Sandner rechnet aktuell damit, dass sich der „steile Preisanstieg deutlich verlangsamen wird“. Viele erwarteten einen Anstieg der Zinsen. Käufer müssten dann mehr Geld für den Kredit bezahlen - und könnten sich deshalb weniger hohe Preise leisten. Noch sei das Interesse von Kapitalanelgern unverändert groß. Für Durchschnittsverdiener in Berlin dagegen sei das Eigentum kaum noch erschwinglich.