zum Hauptinhalt
Wer illegal erhaltenes Geld in Umlauf bringen will, der geht zu einer Zwangsversteigerung.
© Patrick Pleul/dpa

Mit Schwarzgeld bei der Zwangsversteigerung: Bisher erkennt die Berliner „Taskforce Geldwäsche“ nur wenige Kriminelle

Seit einem Jahr gibt es die „Taskforce Geldwäsche“. Viel hat sie noch nicht bewirkt. Eine Regelung, die ihre Arbeit unterstützt, ist seit Oktober in Kraft.

Als Bruno Lange (Name geändert) am 7. Januar ein Grundstück bei einer Zwangsversteigerung ersteigern wollte, hatte er ein seltsames Erlebnis. Ein völlig fremder Mann, der zunächst gar nicht mitgeboten hatte, gab in letzter Minute das höchste Gebot ab und erwarb das Grundstück für einen ungewöhnlich hohen Preis. Lange wunderte sich, was er mit dem Land wohl vorhat. „Das war ein einfaches Grundstück in Zossen, das meiste davon war Wiese und Wald, und eigentlich wäre es normal und sinnvoll gewesen, wenn es ein Nachbar gekauft hätte. Ein Nachbar könnte sein eigenes Grundstück damit aufwerten.“

Der Verkehrswert für die 22 000 Quadratmeter wurde auf 171 000 Euro festgesetzt; das erste Gebot lautete auf 90 000 Euro. Erst boten laut Bruno Lange mehrere mit, darunter auch Nachbarn, später überboten sich nur noch zwei Parteien gegenseitig, der Preis stieg, „und ganz zum Schluss stieg ein Mann ein, der kein Deutsch konnte, der mit einem Dolmetscher kam, eine Meldebescheinigung und einen Aufenthaltstitel hatte“ – und der satte 283 000 Euro zahlte. Bruno Lange kam nicht zum Zuge.

„Der will Geld waschen.“ Das ist für den Notar Michael Braun, der kurzzeitig auch CDU-Justizsenator war, die naheliegende Vermutung. „Das sehe ich auch so, dieser Fall schreit danach“, sagt auch Martin Thelen, bei der Bundesnotarkammer für Geldwäsche zuständig. Mit Geldwäsche ist gemeint, dass Schwarzgeld, das aus Straftaten stammt, wieder in den legalen Geldkreislauf eingespeist wird – etwa durch einen Immobilienkauf. Das Problem hat nicht nur Brandenburg.

Brauns Nach-Nachfolger als Berliner Justizsenator, Dirk Behrendt (Grüne), hat vor einem Jahr eigens eine „Task Force Geldwäsche“ ins Leben gerufen, die aus einer Vorsitzenden Richterin am Landgericht und drei Rechtspflegern besteht. Wie erfolgreich sie ist, ist fraglich. „Lediglich 14 meldepflichtige Sachverhalte“ habe es bis zum 1. Oktober 2020 gegeben, zitiert die Zeitschrift „Das Grundeigentum“ in ihrer neuesten Ausgabe aus einer parlamentarischen Anfrage der CDU und kommt süffisant zum Schluss: „Viel Lärm um nichts.“

Das will Thelen nicht so stehen lassen. Die entscheidende Änderung sei ja erst am 1. Oktober 2020 in Kraft getreten, nämlich die Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien. Erst sie habe die Hürden für Notare gesenkt. Vorher hatte die Schweigepflicht Vorrang, und Notare durften Fälle nur melden, wenn sie positive Kenntnis von der Geldwäsche hatten – also fast nie. Jetzt regelt die genannte Verordnung eine Reihe von Fallkonstellationen, bei denen die Notare melden müssen. Das erschwert Geldwäsche aber dem Vernehmen nach auch nicht wesentlich. Deutschland gilt international immer noch als Paradies.

Rund 60 Prüfungen im vergangenen Jahr

Die „Task Force“ kommt auch ohne, dass ein Notar einen Verdachtsfall gemeldet hat. Rund 60 Prüfungen habe man im vergangenen Jahr gemacht, dabei seien 45 Verdachtsfälle an die Financial Intelligence Unit (FIU) gemeldet worden, berichtet die Leiterin der Task Force, die Vorsitzende Richterin am Landgericht Sabine Bünning. Berlin habe derzeit 683 Notare. Nach der Meldung an die FIU sei man nicht mehr zuständig.

Notar Braun sieht den Sinn der Task Force überhaupt nicht. Anderkonten gebe es praktisch nicht mehr, er selbst habe seit Jahren kein einziges. „Die Gelder gehen nicht über uns, sondern es findet eine Direktzahlung statt. Ich sage dem Käufer Bescheid, wenn die Voraussetzungen alle erfüllt sind, der Käufer zahlt dann direkt an den Verkäufer, und wenn bei diesem das Geld eingegangen ist, mache ich die Eigentumsumschreibung.“

Woher das Geld gekommen sei, wisse er nicht. Das könnte höchstens die Bank wissen. Auch die habe Prüfungspflichten nach dem Geldwäschegesetz. Speziell wenn eine Immobilie finanziert werde, sei davon auszugehen, dass der Käufer bei der Kreditaufnahme schon von der Bank durchleuchtet wurde.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Auch bei der Gründung und dem Verkauf von Gesellschaften sehe der Notar nicht, woher das Geld komme. Es werde bestätigt, dass das Geld eingegangen sei, und dann werde die Gesellschaft gegründet oder die Anteile würden übertragen.

Beliebt seien auch sogenannte Share Deals, sagt ein Anwalt. Sie dienten zugleich dazu, die Grundsteuer zu sparen. Hierbei ändert sich nämlich im Grundbuch nichts. Übertragen werden nur die Anteile an der Gesellschaft, der das Grundstück gehört. Auch das ist ein beliebtes Modell für Geldwäsche, denn ob die Anteile bar mit Schwarzgeld bezahlt wurden, interessiert offenbar niemanden.

Und die Kriminellen, die das Geld nicht legal verdient haben, „die kommen gar nicht zum Notar. Die gehen zu einer Zwangsversteigerung“, sagt wiederum Braun. „Bei Zwangsversteigerungen werden inzwischen Preise aufgerufen, die weit über dem Wert des Grundstückes liegen, und wenn Sie dann noch die Herkunft sehen, dann fragen Sie sich: Wie kommt der an die Kohle?“

Er höre zunehmend von Mandanten, dass es keinen Sinn mehr habe, zu Zwangsversteigerungen zu gehen. So oft komme es vor, dass mutmaßliche Geldwäscher alle überboten. Auch die von der Staatsanwaltschaft eingezogenen Clan- Immobilien sollen zumindest teilweise bei Zwangsversteigerungen erworben worden sein.

Für die Politik hat Braun einen Rat: „Ich empfehle der Justizverwaltung, eine Task Force einzurichten, die die Herkunft von Geldern in Zwangsversteigerungsverfahren überprüft.“ Laut Notarkammer sind die Gerichte seit der Rechtsänderung verpflichtet, Verdachtsfälle zu melden. Eine Anfrage beim Amtsgericht Luckenwalde ergab, dass es bisher keine derartige Meldung gab. Laut Amtsgerichtsdirektorin Roswitha Neumaier ist seit dem Zuschlag überhaupt noch kein Geld geflossen. Eine Meldepflicht bestehe bei Barzahlungen über 10 000 Euro.

Es erscheint wenig verwunderlich, dass die Financial Action Task Force (FATF) Deutschland bei der letzten Prüfung zum Geldwäscheparadies erklärt hat – es wird hier allen sehr leicht gemacht. Bis zum 30. Juni 2022 hat Deutschland nun die Präsidentschaft inne – der Turnus dauert zwei Jahre.

Zur Startseite