Namenspate wird Anton Wilhelm Amo: Bezirksverordnetenversammlung Mitte will Mohrenstraße umbenennen
Die BVV Mitte hat das Bezirksamt aufgefordert, den Umbenennungsprozess unverzüglich zu starten. Zuvor debattierte das Abgeordnetenhaus gestern auf AfD-Antrag.
Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte hat das Bezirksamt auf am Donnerstagabend aufgefordert, den von Kritikern als rassistisch empfundenen Namen der Berliner Mohrenstraße Straße zu ändern - und diese künftig nach Anton Wilhelm Amo zu benennen, der im 18. Jahrhundert erster Gelehrter afrikanischer Herkunft an einer preußischen Universität war. Ein entsprechender Antrag von Grünen und SPD sei am Donnerstag mehrheitlich angenommen worden, bestätigte die BVV am Freitag.
Die SPD Berlin-Mitte gab am Abend auf Twitter bekannt: "Klarer Beschluss und ein toller Erfolg: Auch die Bezirksverordnetenversammlung Mitte schließt sich der Zivilgesellschaft an und fordert das Bezirksamt auf, den Prozess der Umbenennung der M*straße unverzüglich einzuleiten. Neuer Name soll Anton-Wilhelm-Amo-Straße werden. Ein Meilenstein."
Wie schnell das nun passiert, ist offen. Das von Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) geleitete Bezirksamt teilte mit, der weitere Fortgang des Verfahrens sei noch nicht klar. Die BVV- Fraktionen von Grünen und SPD erklärten, Anrainer und Stadtgesellschaft müssten über den Umbenennungsprozess informiert werden, der nun „unverzüglich“ beginnen müsse.
Die Grünen- Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Antje Kapek, sagte, mit dem neuen Namen bleibe die Geschichte des Kolonialismus sichtbar, ohne Rassismus zu reproduzieren.
Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG hatten Anfang Juli zunächst angekündigt, den Stationsnamen Mohrenstraße in Glinkastraße umzubenennen. Nach dem russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) ist eine Straße benannt, die nahe der U-Bahn-Station auf die Mohrenstraße trifft. Nach Vorwürfen, Glinka sei Antisemit gewesen, pfiff der Senat die BVG jedoch zurück.
Debatte im Abgeordnetenhaus nach AfD-Antrag
Auf Antrag der AfD mischte sich das zuvor am Donnerstag das Berliner Abgeordnetenhaus in die öffentlich seit langem diskutierte Frage ein, ob die Mohrenstraße in Mitte und der dazugehörige U-Bahnhof umbenannt werden sollen. Der Meinungstrend war klar: Linke und Grüne sind klar dafür, weil der Begriff Mohr nicht nur veraltet sei, sondern auch eine „rassistische Konnotation“ habe.
Auch die SPD ist grundsätzlich für eine Umbenennung, mahnt aber an, die Bürgerinnen und Bürger in Mitte in den demokratischen Diskurs einzubeziehen. Dagegen waren sich die Redner von CDU und FDP einig, dass das Landesparlament erstens wichtigere Dinge zu besprechen habe.
Zweitens finden beide Oppositionsparteien, dass eine Umbenennung von Straße und U-Bahnhaltestelle überflüssig und auch unhistorisch sei. Die AfD will mit ihrem Antrag das Abgeordnetenhaus darauf festlegen, „von einer Umbenennung der U-Bahnstation Mohrenstraße abzusehen“ und dort durch Informationstafeln „Erläuterungen zur Geschichte der Straßenbenennung vorzunehmen“.
Der Antrag wird nun in den Fachausschüssen des Parlaments beraten – und mit Sicherheit von Rot-Rot-Grün abgelehnt. Das kündigten alle drei Regierungsfraktionen in der Plenardebatte an.
Grünen-Abgeordneter Walter empfiehlt "unaufgeregten Blick" in den Duden
Zuständig für die Umbenennung von Straßen und Plätzen sind in Berlin nun mal die zwölf Bezirke. So gesehen, tauschten die Mitglieder des Landesparlaments am Donnerstag unverbindlich ihre kontroversen Meinungen aus. So sprach der Abgeordnete Martin Trefzer für den Antragsteller AfD von einer „Schmierenkomödie“, Rot-Rot-Grün versündige sich an einer der ältesten Straßen Berlins.
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Dagegen warf der SPD-Abgeordnete Frank Jahnke der AfD ein „zweifelhaftes Demokratieverständnis“ vor, die Linken-Politikerin Regina Kittler kritisierte das „Geschwafel“ der Rechtspopulisten und ihr Kollege von den Grünen, Sebastian Walter, empfahl den „unaufgeregten Blick“ in den Duden. Dort sei der Begriff Mohr als veraltet und diskriminierend eingestuft.
Dagegen verwies der FDP-Abgeordnete Stefan Förster darauf, dass die Umbenennung auch in der Linken nicht unumstritten sei. Und für die CDU erinnerte Oliver Friederici an die lange, bunte Geschichte Berlins. Es hätten sich nun mal viele „gute und böse Dinge“ ereignet, die auch in den Straßennamen abgebildet seien. (mit dpa)