Zehlendorfer Ausflugslokal am Grunewaldsee: Zurück zu den Wurzeln im Forsthaus Paulsborn
Johanna Wahlig führte lange die berühmteste Strandbar des Regierungsviertels, den „Bundespressestrand“. Jetzt übernimmt sie am Zehlendorfer Hüttenweg die traditionsreiche Gaststätte mit Seeblick. Bis Ostern wird aus dem Baudenkmal ein zünftiger Biergarten.
„Wild im Wald seit 1871“, wirbt ein Schild für das Forsthaus Paulsborn. Es stammt noch vom Vorpächter, aber die neue Chefin Johanna Wahlig bleibt dem Motto treu: Wildgerichte sollen „natürlich“ auch künftig auf der Speisekarte des traditionsreichen Ausflugslokals am Grunewaldsee in Zehlendorf stehen. Aber Wahlig hält nichts vom verstaubten Charme der 70er und 80er Jahre, der die im Dezember geschlossene Gaststätte prägte.
Schließlich kommt sie aus der trendigen Mitte Berlins: Unter ihrem früheren Namen Ismayr war Wahlig bekannt als Gründerin des „Bundespressestrands“ am Spreeufer. Dieses Lokal entstand 2003 am namensgebenden Bundespresseamt und musste zweimal umziehen. 2011 war auch am Kapelle-Ufer Schluss, weil dort das Bildungsministerium gebaut wird.
Nun also Zehlendorf. Ostern soll das Forsthaus wieder öffnen, bis dahin wird einiges modernisiert – doch im Kern hält man an der Tradition fest, besinnt sich zurück auf das einstige urige Lokal mit Biergarten. Das beginnt beim Polster der Holzstühle im Speisesaal, das seine braven Blümchenmuster verlieren soll. Früher hatten Gäste noch einfacher auf hartem Holz gesessen, wie ein altes Bild auf der Webseite zeigt. Und die aus Wild-Geweihen geformten Lampen dürften „wohl einzigartig“ sein, sagt Wahlig.
Nachdem die Berliner Forsten das Baudenkmal etwa 35 Jahre lang an einen Wirt verpachtet hatten, diente es ab 2009 dem Integrationsträger Mosaik als Ausbildungsstätte für Behinderte. Zuletzt war der Betrieb nicht mehr profitabel.
Die Küche führt künftig Rainer Wolter, der 1994 im Hamburger Restaurant „La Mer“ einen Michelin-Stern erhalten hatte. „Wo gibt es schon einen Biergarten mit Sternekoch?“, fragt Johanna Wahlig, Derzeit besteht ihr Team aus fünf Mitarbeitern, weitere werden mit Aushängen gesucht.
Wenig bekannt sind die elf Gästezimmer. Wahlig sieht das Hotel als Nebensache. Es sei aber gut für Gäste der vielen Hochzeiten, die immer schon gerne im Forsthaus Paulsborn gefeiert wurden.
Noch laufen die Vorbereitungen für den Neustart. Im Wesentlichen „bauen wir einfach zurück“, sagt Wahlig. Dabei hilft ihr Ehemann Frank Valentin Wahlig mit. Er ist Journalist im ARD-Hauptstadtstudio, hat aber auch ein paar Semester lang Architektur, Kunstgeschichte und Philosophie studiert.
Im Kaminzimmer entfernte er Putzschichten vom Ofen – und entdeckte darunter ein christliches Dreifaltigkeitssymbol sowie einen jüdischen Davidstern. Frank Valentin Wahlig nimmt an, dass dies eine Referenz an die Bauherren vieler Häuser in Grunewald und Dahlem war, die in den 30er Jahren übertüncht wurde. Der Davidstern habe „den Nazis sicher nicht gepasst“.
In Zukunft soll die Gaststätte mehr Gäste aus ganz Berlin anlocken. Dabei geht es auch um die vielen Hundebesitzer, die mit ihren Tieren in das große Grunewalder Hundeauslaufgebiet kommen.
Im Berliner Südwesten kehren noch weitere beliebte Lokale zurück. Dazu gehören die 2001 abgebrannten Wannsee-Terrassen, an deren Stelle der als Shoppingcenter-Bauherr bekannte Investor Harald Huth bis zum Frühjahr einen Neubau errichtet. Wer dort die Gastronomie übernimmt, ist noch unklar. Auch Johanna Wahlig hatte mit Huth verhandelt, doch das Forsthaus gefiel ihr besser.
Die Söhnel-Werft am Teltowkanal gehört jetzt Potsdamer Gastronomen, die im Vorjahr bereits provisorisch eröffnet hatten und in der kommenden Freiluftsaison durchstarten wollen. Wiederbelebt wird auch das Restaurant Chopin im Wannseer Ortskern. Darüber hinaus renovieren neue Betreiber den „Alten Krug“ in Dahlem derzeit im laufenden Betrieb.
Der Autor ist Reporter im Tagesspiegel-Ressort Berlin-Brandenburg. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.