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Die zehnmillionste Besucherin kam zufällig zur Topographie des Terrors.
© dpa/picture-alliance

Berlin-Kreuzberg: Topographie des Terrors: Ein Porzellan-Bär zum Jubiläum

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller kam persönlich, um Daniela aus Österreich zu gratulieren. Die besuchte zufällig die Topographie des Terrors.

Dit is Berlin: Kurz mal vorbei schauen und mit einem Buddy-Bären aus der Königlichen Porzellan-Manufaktur unterm Arm zurück nach Vöcklabruck. Daniela Schlagers Freunde im österreichischen Städtchen werden Augen machen. Und wer’s nicht glaubt, findet bald auf der Webseite der Topographie des Terrors Fotos der zehnmillionsten Besucherin und der Ehrung durch Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller, mit festem Händedruck und freundlichem Blick aus der Tiefe der Brille. Das Schicksal meinte es gut mit der Krankenschwester, denn sie kam nur zufällig vorbei.

Mit ihrem Freund wollte sie eigentlich zum Checkpoint Charlie, wagte dann aber doch einen Blick hinter die Mauer, die vor 25 Jahren noch unüberwindbar war. Dort sind die Folterkeller der Nazi-Schergen zu besichtigen und eine sanft ansteigende Rampe führt in den Neubau der Geschichtsschau, der nach jahrzehntewährendem Gezänk vor gut fünf Jahren eröffnete. „Mannomann“ entfährt es dem Regierenden Michael Müller (SPD), während er und Stiftungschef Andreas Nachama nach dem Fototermin die Köpfe zusammenstecken und sich an die schwere Geburt des Topographie-Projektes erinnern. Erst der dritte Architekturwettbewerb brachte den heutigen Bau nach Plänen von Ursula Wilms hervor, dessen Umsetzung die Bundesbaugesellschaft begleitete.

Rund 1,3 Millionen Besucher kommen jährlich

Wer im Foyer des modernistischen Hauses steht, genießt einen guten Blick auf das „Reichsluftfahrtministerium“, auf den als „Kasino“ missbrauchten Preußischen Landtag und auf die frühere Regierungsmagistrale (Wilhelmstraße), so jedenfalls wäre die historische Topographie der Regierungsbauten und ihrer Hauptstraße zu beschreiben und das Bild zeigt, wie dicht dran die Folterkeller der Nazis waren. So wird der Terror erfahrbar, der einst hier herrschte.

Heute ringen sie im Abgeordnetenhaus (einst: Kasino) mit der Wohnungsnot in Berlin und Wolfgang Schäubles (CDU) Haushälter mit der schwarzen Null im Finanzministerium (einst: Reichsluftfahrtministerium), und es ist der Verdienst des Museumsneubaus, die Geschichte ins Bild zu setzen und den Wandel.

Eine Erfolgsgeschichte: Rund 1,3 Millionen Besucher kommen jährlich, sagt Nachama und er freut sich, die Wette mit Berlins früherem Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gewonnen zu haben. Der hatte dem Stiftungschef vorgerechnet, dass Berlin jeden Besucher mit fünf Euro subventioniere; mit dem Neubau werde dies noch teurer.

Es geht um Sachlichkeit und Aufklärung

Heute sind es knapp drei Euro. Aber früher kamen auch nur 300.000 Besucher im Jahr zu der Topographie, die Bund und Land mit 2,8 Millionen Euro fördern. Weil sie dem „dark tourism“ anhängen, wie in angelsächsischen Ländern der genüssliche Schauder an Originalschauplätzen von Tod und Tragik genannt wird? „Den Begriff verwenden wir erst gar nicht“, sagt Burkhard Kieker von Visit Berlin – und erst recht inszeniere Berlin Geschichte nicht so.

Es gebe unter den Gästen der Schau (65 Prozent aus dem Ausland) zwar durchaus einige, die etwa den Ausgang des Führerbunkers suchten – aber zu finden ist dort eben nur eine Plakette. Sachlichkeit und Aufklärung, so geht’s, auch in der zurzeit laufenden Ausstellung über Berlin im Jahr 1945, der Stunde Null der Bundesrepublik, durch den sich auch an diesem Montag die Besucher drängten. Eine davon mit Buddy-Bär unterm Arm.

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