Protestbrief an den Vorstandschef der Deutschen Bank: Spandau hat kaum noch gut erreichbare Filialen
Deutsche und Berliner Bank schließen 42 Standorte in Berlin, davon vier in Spandau. Sozialstadtrat und Seniorenvertretung kritisieren die Entscheidung.
Angesichts der demografischen Entwicklung sei die Schließung der Banken und Geschäfte ein falscher Schritt, kritisiert Sozialstadtrat Frank Bewig (CDU). Und Klaus-Dieter Trautmann, der Vorsitzende der Spandauer Seniorenvertretung schimpft: „Das ist eine Missachtung der Kunden.“ Die Deutsche Bank würde auf den Rücken der Menschen sparen, die auf sie angewiesen sind.
„Vor dem Hintergrund, dass der Bezirk Spandau, gemessen an der Gesamtbevölkerung Berlins, einen sehr hohen Anteil am älteren Menschen hat, bereiten uns die Filialschließungen große Sorge“, schrieben Bewig und Trautmann jetzt an Deutsche Bank-Vorstandschef John Cryan. Die Senioren hätten einen höheren Beratungsbedarf und schätzten die traditionellen Leistungsmerkmale wie den persönlichen Kontakt der Filialbanken, heißt es in dem Brief. Der Umgang mit moderner Kommunikationstechnologie sei für diesen Personenkreis nicht immer leicht oder überhaupt unmöglich. Cryan wird in den Schreiben gebeten, die Schließungen einer Deutsche-Bank-Filiale und dreier Berliner-Bank-Filialen im Bezirk noch einmal zu überdenken. Sollte er keine Möglichkeit zum Erhalt der Standorte sehen, wird um eine Verdichtung des Geldautomatennetzes sowie die Prüfung der Möglichkeit einen Geldbotenservices für Menschen mit erheblichen Mobilitätseinschränkungen gebeten.
Die nächste Filiale ist einen Kilometer entfernt
„Da geht einem die Hutschnur hoch“, schimpft Günther Beyer. Seit fast zwei Jahrzehnten ist er zufriedener Kunde der Deutschen Bank. Und das, obwohl er von Weststaaken bis in die Wilhelmstadt fahren muss, seit vor einigen Jahren bereits die Filiale in Staaken geschlossen wurde. Jetzt macht auch die Zweigstelle an der Wilhelmstraße dicht. Dabei ist sie gut erreichbar und stark frequentiert. Gerade Menschen mit Behinderung schätzen den Standort, denn Parkplätze und Bushaltestelle liegen vor der Tür. „Was soll ich jetzt machen?“, fragt eine Seniorin mit Rollator. In die rund einen Kilometer entfernte Filiale in der Altstadt, die ihnen als Ersatz angeboten wird, will keiner der Kunden. Sie ist nur nach einem langen Marsch durch die Fußgängerzone erreichbar und schon heute oft überfüllt.
„Jetzt gibt es in der Wilhelmstadt nur noch die Filiale der Volksbank an der Adamstraße und einen Automaten der Sparkasse am Metzer Platz“, sagt Tosten Wiemken vom Geschäftsstraßenmanagement des Ortsteils. Damit sei die Versorgung „problematisch“. Im Altenplan des Bezirkes heißt es: „Einen fast existenziellen Charakter hat die Sicherung von Geld- und Postdienstleistungen im direkten Wohnumfeld." Schon in den vergangenen Jahren hatte sich die Zahl der Banken in Spandau kontinuierlich reduziert. So beherbergt die einstige Dresdner Bank an der Carl-Schurz- Straße jetzt ein Modegeschäft und in der ehemaligen Zweigstelle der Berliner Bank an der Pichelsdorfer Straße hat gerade ein Café eröffnet.
Schließung ein falscher Schritt
Auch drei Filialen der Deutsche- Bank-Tochter Berliner Bank werden geschlossen, die Zweigstelle in der Carl-Schurz-Straße liegt allerdings nur wenige Schritte von der Niederlassung des Mutterhauses in der Altstadt entfernt. Die Filialen in Siemensstadt und im Falkenhagener Feld haben dagegen eine wichtige Versorgungsfunktion im jeweiligen Kiez. Hier gibt es als Alternative wenigstens jeweils eine nahe Zweigstelle der Postbank. Dennoch wird wohl künftig ein Teil der Laufkundschaft wegbleiben, befürchtet Angelika Krupka von RS Moden gleich gegenüber der Bank im kleinen Einkaufszentrum an der Straße Am Kiesteich.
Das Fotogeschäft und ein Obst- und Gemüseladen haben bereits geschlossen. Das ist symptomatisch für die immer schlechtere Nahversorgung im Bezirk, die gerade für Senioren und Behinderte von großer Bedeutung ist. Auch die drei „Kaisers“-Supermärkte an der Flankenschanz, der Streitstraße und der Straße Am Forstacker haben ihren Betrieb eingestellt und große Versorgungslücken hinterlassen. Bisher haben sich Bezirkspolitik und Seniorenvertretung vergeblich um neue Ladenpächter bemüht.