zum Hauptinhalt
Das ausgebombte Schloss Charlottenburg im Jahr 1943.
© Bundesarchiv / Güll / CC BY-SA 3.0

Berlin-Charlottenburg: So wurde Schloss Charlottenburg gerade noch gerettet

Das Charlottenburger Schloss sollte weg nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein neues Buch erzählt, wie es doch anders kam.

Margarete Kühn, der Magistrats-Referentin für Denkmalpflege, und Walter Ulbricht, dem SED-Generalsekretär, verdankt das Charlottenburger Schloss vermutlich seine Rettung. Bereits 1946 hatte die Kunsthistorikerin und erste Direktorin der Berliner Schlösserverwaltung begonnen, für den durch Bombardements im November 1943 schwer beschädigten Sommersitz der preußischen Könige Unterstützung bei den Besatzern zu suchen. Ein britischer Kunstschutzoffizier half mit Sicherungsmaßnahmen, ermöglichte sogar erste Ausstellungen.

Für die Rekonstruktion unwiederbringlicher Kriegsverluste hatte schon ein paar Jahre zuvor ein „Führerbefehl“ vorgesorgt, der zwischen 1943 und 1945 veranlasste, dass 1700 Objekte im „Großdeutschen Reich“ mit rund 500 000 Diapositiven dokumentiert wurden, darunter Räume im Schloss Charlottenburg und die ab 1704 eingerichtete, noch im Februar 1945 durch Granateneinschlag in Brand gesetzte königliche Kapelle.

Nach dem Abriss des Stadtschlosses wandelte sich die Stimmung

Doch in der kriegsversehrten Stadt voller Wohnungsruinen stand dann die Direktorin Kühn mit ihrem Einsatz für die „Machwerke des Hohenzollernschen Imperialismus“, wie Bauwerke der Monarchie nach dem Untergang des NS-Regimes angesehen wurden, allein auf weiter Flur. Erst als ab September 1950 im Ost-Teil das noch besser erhaltene Stadtschloss (in dem sich Kühns Büro befunden hatte) auf Ansage Ulbrichts radikal beseitigt worden war, schlug auf der Westseite die Stimmung gegen den Abriss um: Der Wiederaufbauprozess für das Schloss Charlottenburg kam in Gang. „Der Anblick der schwer beschädigten Räume war für mich eigentlich nie ein trostloser,“ hat Margarete Kühn sich später erinnert.

„Wiederherstellen oder vollends vernichten?“ heißt das Buch, in dem die Denkmalpflegerin Katharina Steudtner den Rettungsfall dieses Schlosses und der Königlichen Kapelle im Detail als Exempel untersucht: für „Theoriebildung und denkmalpflegerische Praxis“ (Gebr. Mann Verlag, 512 Seiten, 69 Euro). Das Werk, ihre Dissertation, stellt sie im Weißen Saal vor, jenem Prachtraum, dessen mythologisches Deckengemälde von einst sich unter Verheerungen der Vergangenheit und den Überlegungen der Restaurateure in ein abstraktes Flammenopus des Malers Hann Triers von 1974 verwandelt hat.

Prachtvoll. Die Kapelle im Schloss Charlottenburg.
Prachtvoll. Die Kapelle im Schloss Charlottenburg.
© promo

Hartmut Dorgerloh,Generaldirektor der Stiftung Schlösser und Gärten, sieht den Komplex aufgrund Steudtnerscher Forschung schon im Lexikon der Denkmalpflege: als Exempel für das ganze Menü möglicher Maßnahmen, unter Einbeziehung des Städtebaus und neuer Objekte, die beispielsweise nach 1945 hinzugekommen und ein Teil des Denkmals geworden seien. Landesdenkmalchef Jörg Haspel betont, jede „Wiederaufbaufassung“ bilde eine eigene „Denkmalschicht“. Es gebe eben auch die Möglichkeit, eine „künstlerische Handschrift in Anlehnung nachzubilden“.

Die Autorin gibt einen Überblick auf vier Phasen Schlosskapelle-Rettung: die Ruine zwischen Verfall und Vision (1945 – 1955); konstruktive Wiederherstellung (1955 – 1962); restauratorisch-dekorative Arbeiten (1962 – 1969); Wiedergewinnung eines Gesamtkunstwerks (1969 – 1978). Dem Publikum zeigt sie beim Besichtigungsgang durch „ihre“ Kapelle, wie harmonisch Schichten dieses Ensembles sich zusammenfügen: scheinbar improvisiert, wie Edwin Redslob 1954, vor der Wiederherstellung, schwärmte, indem der Baumeister Eosander „die Bauglieder fast spielerisch über die Wand verteilte und von plastisch modellierten Draperien und fliegenden Putten unterbrechen ließ.“

Zur Startseite