Berlin-Charlottenburg: Neue Unterkunft für Flüchtlinge in Westend
Voraussichtlich im Februar öffnet ein Wohnheim in einer früheren Klinik. Der Bezirk fordert aber auch mehr Hilfe vom Bund.
An der Eschenallee in Westend soll bald ein Flüchtlingswohnheim öffnen – wegen der steigenden Flüchtlingszahlen genügt das Bezirkspolitikern aber nicht. „Es gibt leer stehende Bundesimmobilien, die geeignet wären“, sagte der Charlottenburg-Wilmersdorfer Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) im BVV-Integrationsausschuss. Vertreter aller Fraktionen unterstützten seinen Appell an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) und die Bundesregierung.
Die Unterkunft an der Eschenallee 3 war die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité, die im Januar nach Steglitz umgezogen ist. Der Berliner Liegenschaftsfonds hat das Gebäude an das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) vermietet.
Zunächst ist die Ex-Klinik als Erstaufnahmeeinrichtung für 300 Flüchtlinge gedacht, später soll sie zur Dauerunterkunft für bis zu 500 Menschen werden. Unzufrieden ist Bürgermeister Naumann mit den Informationen aus dem Lageso und der Senatssozialverwaltung. Noch stehe weder der Betreiber noch der genaue Termin der Eröffnung fest, die ursprünglich für den 1. Februar angekündigt war.
Diskussion mit Bürgern vertagt
Wegen dieser „Hängepartie“ habe man einen in der vorigen Woche geplanten Informationsabend für Bürger verschieben müssen. Naumann nimmt an, dass die Einrichtung später im Laufe des Februars in Betrieb geht. Eine Lageso-Sprecherin sagte, das Vergabeverfahren für einen Betreiber sei „in der finalen Abstimmung“.
Beworben hat sich unter anderem der Arbeiter-Samariter-Bund. Der ASB betreut im Bezirk schon 200 Flüchtlinge in der TU-Sporthalle an der Waldschulallee in Eichkamp. Standortleiter Uwe Radzkowski wunderte sich über die Ausschreibung für die Eschenallee: Das Landesamt habe erst eine Bewerbungsfrist bis Anfang Januar gesetzt und diese dann überraschend verlängert.
Naumann hat von einer Änderung gehört: Anfangs sei von Betreibern verlangt worden, nötige Umbauten zu finanzieren, was „nur wenige können“. Nun verzichte das Landesamt darauf, die Umgestaltung übernehme das landeseigene Berliner Immobilien Management (BIM).
Zwei Sporthallen dienen mindestens bis Ostern als Notunterkünfte
Zurzeit gibt es im Bezirk sechs Flüchtlingsunterkünfte für rund 1100 Menschen. „Gemeinschaftsunterkünfte“ existieren an der Brandenburgischen Straße, der Rognitzstraße und der Soorstraße. Im Januar 2014 eröffnete die Arbeiterwohlfahrt (AWO) eine Erstaufnahmestelle am Kaiserdamm. Zuletzt kamen als Notunterkünfte die Sporthalle Waldschulallee und die Gretel-Bergmann-Sporthalle in Schmargendorf hinzu.
Wegen der Probleme für Hochschul- und Vereinssportler, aber auch wegen der für Flüchtlinge „unzumutbaren Zustände“ könne das „nur die allerletzte Lösung“ sein, sagte Sozialstadtrat Carsten Engelmann (CDU) am Donnerstag in der BVV. Das Landesamt hat dem Bezirk signalisiert, die Hallen bis Ostern zu benötigen.
Anwohner sind hilfsbereit, stoßen aber an Grenzen
Ehrenamtlich unterstützen Anwohner – darunter der Verein „Willkommen im Westend“ – und Kirchengemeinden die Flüchtlinge. Außerdem bietet der Berliner Verein Multitude Deutschkurse an. ASB-Mann Radzkowski lobte die „unwahrscheinlich hohe Spendenbereitschaft“. An der Waldschulallee türmten sich Zuwendungen. „Wir konnten schon nach einer Woche nichts mehr annehmen.“
Zwei Vertreterinnen von „Willkommen im Westend“ schilderten aber auch Probleme. Der Umgang mit traumatisierten und kranken Menschen sei für die freiwilligen Helfer kaum noch zu bewältigen. Würden Flüchtlinge in Eichkamp nur wie geplant drei bis fünf Tage lang untergebracht, „wäre alles gut“. Daraus seien aber oft fünf bis sechs Wochen geworden. Von amtlicher Seite gebe es keine Asylberatung oder Sozialarbeit; es sei nahezu unmöglich, das überlastete Lageso zu kontaktieren.
Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.