Berlin-Schmargendorf: Investor plant Wohnungen im alten Reemtsma-Werk
Die ehemalige Schmargendorfer Zigarettenfabrik soll umgebaut werden. Neben neuen Gewerbeflächen sind Lofts und Wohnungen angedacht – das aber stößt im Bezirksamt auf Widerstand.
Je 150 Meter lang sind die drei Hallen der ehemaligen Schmargendorfer Reemtsma-Zigarettenfabrik – das entspricht der Höhe des Funkturms. In geschäftlich guten Zeiten produzierten 420 Mitarbeiter an der Mecklenburgischen Straße jährlich mehr als 20 Milliarden Zigaretten, daran erinnert auf dem Dach noch eine Werbetafel mit einer überdimensionalen Schachtel „West“. Doch im Sommer 2012 schloss das Werk. Jetzt gibt es neue Investoren und Pläne.
In Büros gastiert der „Tatort“
Vor einigen Wochen erwarb „Die Wohnkompanie Berlin“ das Areal für einen „zweistelligen Millionenbetrag“, wie Geschäftsführer Stephan Allner dem Tagesspiegel bei einem Rundgang erläuterte. Vorheriger Eigentümer war der Unternehmer Kurt Krieger, der unter anderem die Möbelhauskette Höffner betreibt. Derzeit ist das ARD-Fernsehen der einzige Mieter, es laufen Dreharbeiten für den Berliner „Tatort“. Büros wurden wie Räume des Landeskriminalamts gestaltet, mit „Fahndungsplakaten“ in den Fluren.
Die „Wohnkompanie“ gehört zu einer Bremer Unternehmensgruppe und baut vor allem Wohnungen – darunter die Hochhäuser „Max und Moritz“ in Friedrichshain und eine Siedlung auf dem Dahlemer Gelände der früheren Klinik Oskar-Helene-Heim.
Von der Werkhalle zum Wohnraum?
Allner hält auch Lofts und Wohnungen in der alten Zigarettenfabrik für möglich. Die jeweils 20 000 Quadratmeter großen, aber fensterlosen Hallen müssten dafür nicht einmal abgerissen werden. Es gebe weltweit Beispiele für vergleichbare Umgestaltungen. Gegen den Lärm von der Stadtautobahn könne ein zusätzliches Riegelgebäude mit Gewerbemietern schützen.
Auf der südwestlichen Seite ist es ohnehin ruhig. Dort grenzt das Grundstück an die Kleingartenkolonie Alt-Rheingau, dahinter steht die Kolonie Oeynhausen, die durch ein anderes Wohnungsbauprojekt bedroht ist. Parzellenpächter haben schon die Frage aufgeworfen, warum nicht stattdessen Wohnungen in der Fabrik entstehen.
Der Baustadtrat ist dagegen
Nur passt dies nicht zu den Zielen des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf. „Das Gebiet ist ausgewiesen für produzierendes Gewerbe“, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD). Den Eigentümern gehe es darum, „ihren Profit zu erhöhen“, aber „Berlin braucht eben auch Industrieflächen“.
Schulte hält auch nichts von Allners Idee, vorübergehend Flüchtlinge auf einem Teil der 100 000 Quadratmeter überbauter Fläche unterzubringen. So solle lediglich „unter dem Vorwand der Humanität Baurecht für Wohnen durch die Hintertür erwirkt werden“.
Zu den möglichen Nutzern zählen Handwerker und Künstler
Wegen dieses Widerstands setzt bei der Investorenfirma ein Umdenken ein. Schon bisher waren große Gewerbeflächen geplant, Allner kann sich diese auch auf dem ganzen Gelände vorstellen. Denkbare Nutzer seien „regionales Gewerbe, Schlosser, Maler und Tischler“ oder Künstler, die Atelierräume suchen. In den kommenden drei Jahren gehe es erst einmal um Zwischennutzungen. Zurzeit sei eine PR-Agentur interessiert daran, Flächen für Events zu nutzen.
Die Gebäude sind bestens erhalten
Erstaunlich findet Allner den „Topzustand“ der alten Fabrik. „Es gibt so gut wie keine Altlasten.“ Auch die Haustechnik funktioniert noch. Zum Beispiel könnte in der Großküche der Kantine sofort wieder gekocht werden. Für „absolut vermietbar“ hält Allner außerdem die Büros im Verwaltungsgebäude neben den Werkhallen.
Zur Fabrik gehören ein eigenes Kraftwerk und ein Trinkwasserbrunnen. Nur die im Keller vermutete Kegelbahn, die es laut der Beschriftung eines Schlüsselbundes geben muss, wurde noch nicht entdeckt.
Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.
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