Zigarettenfabrik: Reemtsma schließt das Berliner Werk
Das Reemtsma-Werk in Wilmersdorf beendet seine Produktion. 420 Beschäftigte verlieren bis 2011 ihren Job. Die Produktion findet in Zukunft in Hannover und im polnischen Tarnowo statt.
Die Zigarettenindustrie verabschiedet sich aus Berlin. Nachdem in den vergangenen Jahren schon fünf Unternehmen ihre Werke geschlossen hatten, folgt nun Reemtsma. Das Werk in Wilmersdorf mit zuletzt noch 420 Arbeitsplätzen beendet die Produktion spätestens 2011. Nach Betriebsratsangaben sind zusätzlich 40 bis 50 Zeitarbeitsplätze betroffen. Die Fertigung der Marken West, R1, JPS und Peter Stuyvesant übernehmen dann die Werke im niedersächsischen Langenhagen sowie in Polen.
Die Imperial Tobacco Group, die Mutter von Reemtsma, begründete am Donnerstag die Schließung mit einer Neuorganisation in Europa, nachdem Imperial die französische Altadis übernommen und dadurch seine Position als weltweit viertgrößter Zigarettenhersteller gefestigt hatte. Imperial beschäftigt weltweit rund 40.000 Mitarbeiter. Im Rahmen der Restrukturierung werden sechs von 58 Werken geschlossen, 2440 Beschäftigte verlieren nach Angaben des Unternehmens ihren Arbeitsplatz. In Deutschland sollen 250 Stellen gestrichen werden.
Durch diese Schritte will Imperial bis zu 400 Millionen Euro im Jahr sparen. Zuvor jedoch kostet der Stellenabbau rund 600 Millionen Euro. Konzernchef Gareth Davis beteuerte in einer Mitteilung, die Stellenstreichungen seien „schmerzhaft und wir konzentrieren uns nun zuerst auf die Unterstützung unserer Mitarbeiter“. Aufgrund der Verlagerung werden in Langenhagen 80 und am Reemtsma-Sitz in Hamburg 90 neue Stellen geschaffen. Inwieweit Berliner Beschäftigte umziehen, ist offen. Man werde nach internen Beschäftigungsmöglichkeiten suchen, sagte ein Unternehmenssprecher. Als problematisch gilt der hohe Altersdurchschnitt von gut 46 Jahren in der Wilmersdorfer Fabrik.
Das Reemtsma-Werk produziert derzeit 17 Milliarden Zigaretten im Jahr; 2009 wird die Fabrik 50 Jahre alt. Reemtsma ist als Teil der Imperial Tobacco Group für das Deutschlandgeschäft des britischen Konzern zuständig. In Deutschland beschäftigt der Konzern rund 2000 Mitarbeiter.
Die erste Schicht des Wilmersdorfer Werks war am Donnerstagmorgen gegen elf Uhr über die geplante Schließung informiert worden. „Es kam nicht überraschend“, berichtet ein Elektrofachmann, der seit 17 Jahren hier arbeitet. Schließlich sei 2005 schon einmal die Hälfte der Stellen gestrichen worden. Die Mitarbeiter seien wahnsinnig enttäuscht. „Die Leute waren so geknickt. Ich weiß gar nicht, ob sie sich noch mal aufraffen können.“
Am Nachmittag erscheinen rund 100 Mitarbeiter zu einer Betriebsversammlung am Werkstor. „Du bist hier nichts wert“, schimpft einer im Blaumann und tritt seine Zigarette aus. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) verteilt ein paar rot-weiße Fähnchen. Ansonsten ist von Wut und Protest nicht viel zu spüren. Es herrscht Resignation. „Das ist ein Schlag ins Gesicht“, ruft Birgit Weiland den Beschäftigten durch ein Megafon zu. Die Gewerkschaftssekretärin hofft auf eine Trotzreaktion. „Abartig“ sei es, „dass das Werk zum 50-Jährigen Bestehen zu Grabe getragen wird“.
An Rettung glaubt indes kaum noch jemand. „Wenn die Entscheidung auf Schließung gefallen ist, dann wird sie auch durchgezogen“, sagt Betriebsratschef Jürgen Heidtmann. Das zeige die Erfahrung. „Allein mit den Kosten ist die Schließung nicht zu begründen“, schimpft Heidtmann. Das Berliner Werk sei eines der produktivsten im Konzern. Auch deshalb seien in den vergangenen Jahren gut 100 Leute wieder eingestellt worden. „Wir waren auf Augenhöhe mit den anderen Werken“, sagt Heidtmann.
Ein Arbeiter sagt, er hoffe, doch noch irgendwie weitermachen zu können. Ein anderer Job kommt für ihn kaum mehr in Frage. „Ich bin jetzt 53“, sagt er. „Ich arbeite bis zum letzten Tag durch.“
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