Berlin-Charlottenburg: Ideen für den Ernst-Reuter-Platz gesucht
Studierende denken den Charlottenburger Platz neben der TU neu, der Werkbund Berlin hat dafür einen Wettbewerb gestartet. Aber auch jetzt schon tut sich einiges.
In alten Publikationen über den Charlottenburger Ernst-Reuter-Platz hat der TU-Professor Harald Bodenschatz einige Lobpreisungen gefunden. So wurde als Superlativ gerne hervorgehoben, mit 4,8 Hektar Fläche sei die Anlage größer als der Petersplatz im Vatikan oder der Rote Platz in Moskau. In den 1960er Jahren galten die hohen Neubauten als Vorzeigeobjekte des modernen Berlins. Heute sei der Platz zwar noch immer ein „eindrucksvolles städtebauliches Manifest seiner Zeit“, aber auch „ein heikler und komplizierter Ort“, betonte Bodenschatz am Montagabend zum Auftakt eines Studentenwettbewerbs des Deutschen Werkbunds Berlin.
So gut wie alles steht unter Denkmalschutz
Den „veränderten gesellschaftlichen Herausforderungen“ sei der Platz nicht mehr gewachsen, urteilte der am „Center for Metropolitan Studies“ der TU lehrende Stadtplaner und Architektursoziologe. Wegen der „etwas starren“ Bestandsbebauung und dem Denkmalschutz seien Umgestaltungen aber schwierig. Fast alles am Platz steht unter Schutz, darunter auch der U-Bahnhof und sogar die Beton-Pflanzenkübel neben den Gehwegen. Deshalb glaubt Bodenschatz: „Wohl nur bei einem Studentenwettbewerb kann man über die Hürden hinwegdenken.“
Auf mutige und visionäre Ideen hofft nun auch die Vorsitzende des Werkbunds Berlin, Claudia Kromrei. Sie begrüßte Lehrkräfte und Studenten von drei Universitäten, die der Verein zum Wettbewerb eingeladen hat: die Hafencity Universität Hamburg sowie die Technischen Universitäten in Dresden und München. Jede Hochschule soll fünf Arbeiten einreichen, die Preisverleihung ist für den 27. Juli geplant.
Schirmherr ist der frühere Daimler-Benz-Konzernchef Edzard Reuter, nach dessen Vater und einstigem Berliner Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter der Platz seit 1953 benannt ist. Bei der Präsentation der Ergebnisse wolle Edzard Reuter die Eröffnungsrede halten, kündigt der Werkbund an.
Bereits im Jahr 2011 hatte auch der Architekten- und Ingenieurverein (AIV) zu Berlin seinen „Schinkelwettbewerb“ dem Gebiet des „Campus Charlottenburg“ zwischen der TU und der Universität der Künste (UdK) gewidmet. Damals schlugen Preisträger vor, die Fahrbahn der Straße des 17. Juni vor dem TU-Hauptgebäude mittels Pfeilern anzuheben, was die Fußgängern die Überquerung erleichtern und Raum für Cafés oder Seminarräume schaffen würde. Die Idee blieb allerdings eine Utopie.
Unternehmer plant neues Hochhaus
Doch auch in der Realität geschieht derzeit schon etwas. Beispielsweise darf der Immobilienunternehmer Christian Pepper das leer stehende Telekom-Gebäude am Ernst-Reuter-Platz 6 abreißen. Ein Neubau an gleicher Stelle könne bis zu 80 Meter messen und damit so hoch werden wie das benachbarte alte Telefunken-Hochhaus, hieß es im Sommer vorigen Jahres. Allerdings wurde jetzt bekannt, dass dies Pepper nicht reicht. „Er möchte auch höher als das Telefunken-Hochhaus bauen“, sagte Gottfried Kupsch, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft City, bei der Auftaktveranstaltung des Wettbewerbs.
Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) wies darauf hin, dass in der Gegend an der „Entwicklung der Mobilität“ geforscht werde: Ab Herbst soll die Straße des 17. Juni eine Teststrecke für autonom fahrende Autos werden. Unabhängig davon können Radfahrer den Platz künftig in beiden Richtungen umrunden. Die rot-rot-grüne Landesregierung hat Gelder für einen neuen Radweg bewilligt, die Bauarbeiten sollen in diesem Jahr beginnen.
Die TU baut an ihrem Campus
Noch mehr Pläne hat die Technische Universität. Diese erklärte der Leiter der Gebäudeabteilung, Martin Schwacke. Zurzeit modernisiert die Uni die frühere Fakultät für Bergbau und Hüttenwesen; sie ist das älteste Gebäude am Platz und war Ende der 1950er Jahre nach Plänen von Willy Kreuer errichtet worden. Nun soll daraus ein Schaufenster der TU werden. In den unteren Etagen entstehen ein Café, Ausstellungs- und Tagungsräume und ein Gründerzentrum.
Gleich dahinter planen die Uni und das Bezirksamt eine Umgestaltung der Hertzallee. In deren südöstlichem Teil nahe dem Bahnhof Zoo strebt die TU außerdem Neubauten an – insbesondere auf dem Gelände des gescheiterten Riesenradprojekts.