Berlin-Charlottenburg: Hotel Bogota ist in Mode bei Müller und Joop
Wolfgang Joops Firma „Wunderkind“ ist in die Nachbarschaft des Ku’damms gezogen – auch „Bread & Butter“-Gründer Karl-Heinz Müller eröffnet wieder ein Geschäft.
Gut zwei Jahre nach der Schließung kehrt neues Leben ins Haus des ehemaligen Hotels Bogota an der Charlottenburger Schlüterstraße ein – und unter den Mietern sind bekannte Namen aus der Modeszene. Designer Wolfgang Joop hat seine bisher in Potsdam ansässige Firma Wunderkind in dem sanierten Baudenkmal angesiedelt, während der als Gründer der Modemesse Bread & Butter bekannte Karl-Heinz Müller unten einen Laden plant. Das wurde am Montag bei einem Rundgang durch das Gebäude bekannt.
45 Wunderkind-Mitarbeiter sind aus der Villa Rumpf am Heiligen See auf 1200 Quadratmeter im Ex-Hotel umgezogen – nur einen Straßenblock entfernt von Joops Flagshipstore am Kurfürstendamm / Ecke Bleibtreustraße. Es gibt ein Atelier, einen Showroom und eine kleine Nähwerkstatt. Die eigentliche Produktion findet jedoch andernorts statt.
Einst fotografierte hier Yva
Historisch gesehen erscheint der Standort passend. Denn einst waren die Räume das Atelier und die Wohnung der berühmten Fotografin Yva, die dort viele Modeaufnahmen machte – bis das NS-Regime sie 1942 wegen ihrer jüdischen Herkunft in ein Vernichtungslager deportierte und ermorden ließ. Yva hatte im Atelier auch den damals 16-jährigen Helmut Newton ausgebildet, der später zum Starfotografen aufstieg.
„14 oz.“ kehrt in die City West zurück
Im Erdgeschoss eröffnet Karl-Heinz Müller voraussichtlich Mitte März einen „14 oz.“-Shop an der Stelle des ehemaligen Frühstückssaals und der Rezeption. Sein Vorgängerladen hatte 2012 um die Ecke im alten Haus Cumberland am Ku’damm eröffnet, musste sich aber nach der Pleite der Bread & Butter im vorigen Sommer verkleinern und schloss kurz darauf.
Im Haus Cumberland verkaufen nun stattdessen die Modemarken Versace und Brunello Cucinelli. Die Bread & Butter übernahm der Online-Versand Zalando. In Mitte betreibt Müller noch sein „14 oz.“-Stammgeschäft.
Die neue Filiale wird 360 Quadratmeter messen, am Ku’damm waren es 600. Wie gewohnt sollen vor allem Designerjeans sowie hochwertige Schuhe und Accessoires angeboten werden. Zum Konzept gehört auch ein kleines Café.
Der Motor der Entwicklung ist der Immobilienunternehmer Thomas Bscher, der das damalige Hotel schon 2005 erworben hatte. Ihm gehören auch denkmalgeschützte Gebäude am Ku’damm, nämlich zwei Geschäftshäuser an den Ecken Schlüterstraße und Leibnizstraße sowie der vordere Teil von Haus Cumberland mit den Markenläden und dem Restaurant „Grosz“. Als Müller in wirtschaftliche Nöte geriet, gab Bscher ihm durch den Umzug eine zweite Chance.
Vom Wohnhaus zum Hotel
Das Haus an der Schlüterstraße 45 war in den Jahren 1911 bis 1912 als Wohngebäude für einen Bankier entstanden. In der NS-Zeit zogen Zensoren der „Reichskulturkammer“ ein. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs tagte an gleicher Stelle eine Entnazifizierungskommission der Briten, der bekannte deutsche Künstler Rede und Antwort stehen mussten. In den 1960er Jahren eröffnete das Hotel Bogota. Dessen Gründer Heinz Rewald, ein jüdischer Rückkehrer, benannte es nach der kolumbianischen Hauptstadt, in der er Zuflucht gefunden hatte.
1976 übernahm die Hoteliersfamilie Rissmann den Betrieb. Regelmäßig fanden Ausstellungen und Lesungen statt. Schließlich aber konnte Direktor Joachim Rissmann die Miete nicht mehr zahlen, Bscher kündigte ihm. Ende 2013 war Schluss – trotz zahlreicher Proteste von Künstlern und Prominenten.
Zurück zum Original
Den größten Teil des siebenstöckigen Gebäudes nehmen jetzt Büroflächen ein. Insgesamt ist das Haus bisher zu rund 60 Prozent vermietet, bis März sollen die letzten Bauarbeiten beendet sein. Bscher hat etwa zwölf Millionen Euro in die Sanierung und Rekonstruktion investiert. Bei der Führung sagte er, Kritiker hätten ihn anlässlich der Hotelschließung „ungerecht behandelt“ und behauptet, er zerstöre ein Baudenkmal. Richtig sei das Gegenteil: Er habe er das Haus so weit wie möglich wieder in den Originalzustand versetzt.
Baulich hatte sich durch den Hotelbetrieb einiges verändert. Beispielsweise war ein Lichthof am Eingang mit einer Zwischendecke geschlossen worden. In manchen Zimmern wurden Wandteile mit Holz verkleidet oder auch zusätzliche Gipswände eingezogen, um Raum für Bäder und Toiletten zu gewinnen. Statt Parkett gab es Teppichboden, und oben im alten Atelier wurden Teile der Fenster zugebaut.
All dies hat Bscher rückgängig machen lassen. Dabei musste vieles nachgebildet werden – darunter fast das gesamte Parkett, Marmorsteine und ein Teil der Stuckelemente. „Es war meine größte und teuerste Restaurierung“, sagte Bscher, der schon eine Reihe von Altbauten in Schuss gebracht hat. Jeder Quadratmeter habe ihn fast 3000 Euro gekostet, dabei sei der Kaufpreis noch gar nicht eingerechnet. „Das Hotel konnte zwar nicht erhalten werden, aber nun bietet das Haus Raum für mehr als 200 Arbeitsplätze.“ Denkmalschutzbehörden waren einverstanden, der Charlottenburg-Wilmersdorfer Stadtplanungsamtsleiter Rainer Latour zeigte sich „hochzufrieden“.
Der markante rote Baldachin vor dem Eingang mit dem „Hotel Bogota“-Schriftzug war allerdings nie ein Teil des Baudenkmals. Er ist längst weg und kehrt nicht zurück.
Ex-Hotelchef präsentiert Fotoausstellung – an anderer Stelle
Erinnerungen an das Hotel weckt unterdessen der ehemalige Direktor Joachim Rissmann. Mit einer Fotoausstellung in der Nähe nimmt er seine frühere Ausstellungsreihe „Photoplatz“ wieder auf. Unter dem Titel „Hotel Bogota Blues“ sind Bilder des Fotografen Fred Hüning zu sehen, die dieser im Jahr der Schließung gemacht hatte. Die Ausstellung läuft bis zum 28. Februar im Geschäft „Mendelssohns Tochter & Gäste“ an der Schlüterstraße 68 (Eingang Pestalozzistr.; Do. bis Sa. 14–19 Uhr, Eintritt frei).
Wolfgang Joop bleibt in Potsdam
Wolfgang Joop wohnt privat übrigens weiterhin in der Potsdamer Villa Wunderkind, etwa 100 Meter von der Villa Rumpf entfernt.
Seine kreative Arbeit will der Designer weiterhin im Zeichenatelier der Villa Wunderkind machen und dort auch Bücher schreiben.
Dafür brauche er Ruhe, die er in Berlin nicht finden würde, sagte der 71-Jährige dem Tagesspiegel. Künftig will Joop öfter mal zwischen Potsdam und Berlin pendeln, aber auch „Wunderkind“-Mitarbeiter zu Arbeitsrunden bei sich einladen. Seiner Firma war die Villa Rumpf zu klein geworden. Diese ist inzwischen an einen Privatmann verkauft, der darin wohnen will.
Einen ausführlichen Bericht über Wolfgang Joops Firmenumzug finden Sie unter diesem Link bei den Potsdamer Neuesten Nachrichten.