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Saubere Zeiten? Mit einem neuen Chef soll der gewerberechtliche Druck nachlassen, unter dem das Artemis steht.
© dpa

Nach Polizeieinsatz im „Artemis“: Großbordell bleibt trotz Razzia wohl geöffnet

Nach dem Polizeieinsatz prüfte das Bezirksamt, ob das Bordell in Berlin-Halensee zu schließen sei. Nun schafft ein Wechsel in der Geschäftsführung neue Tatsachen.

Berlins größtes Bordell „Artemis“ in Halensee wird nach einer Großrazzia Mitte April wohl nicht geschlossen. Das Bezirksamt hatte nach der Durchsuchung mit 900 Beamten von Zoll, Polizei und Steuerfahndung eine gewerberechtliche Prüfung angeordnet. Nach Tagesspiegel-Informationen gab es im Mai jedoch einen Wechsel in der Geschäftsführung, sodass Gründe, die eine Schließung nach Gewerberecht gerechtfertigt hätten, offenbar weitgehend obsolet geworden sind.

Die bisherigen Geschäftsführer, die Brüder S., sitzen weiterhin in Untersuchungshaft. Ihnen werden unter anderem Verdacht des Menschenhandels, die Vorhaltung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt 23 Millionen Euro vorgeworfen.

Die Artemis-Betreiber traten als Saubermänner des Sexgewerbes auf. Sie warben auf BVG-Bussen und beschäftigten bis zu 40 Angestellte. Bis zu 100 professionelle Prostituierte arbeiten in dem 2006 eröffneten Bordell. Die Brüder S. stehen im Verdacht, die Prostituierten offiziell als Selbstständige beschäftigt zu haben. Faktisch aber sollen die Frauen wie Angestellte in ein per Dienstplan geregeltes Schichtsystem eingebunden gewesen sein. Es hat nach Tagesspiegel-Informationen eine Arbeitspflicht und eine Kleiderordnung bestanden. Die Frauen sollen keine eigenen Zimmer gehabt haben und mussten auch einen von Artemis beauftragten Arzt regelmäßig aufsuchen. Außerdem sollen die Brüder S. Kontakte zu einschlägig bekannten Hells Angels gehabt haben. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen.

„Es wird geprüft“, sagt die Staatsanwaltschaft

Bei einer gewerberechtlichen Prüfung wird die persönliche Zuverlässigkeit zum Führen eines Gewerbes geprüft. Dazu zählen polizeiliches Führungszeugnis, Auskunft aus dem Gewerbezentralregister oder Bescheinigungen in Steuersachen. Häufig kommt es bei laufenden Ermittlungen zu Inhaberwechseln – wie auch im Fall der Artemis GmbH.

Laut Handelsregisterauszug sind die Brüder S. keine Geschäftsführer der Artemis GmbH mehr. An ihrer Stelle wurde Florian G. eingetragen. Die gewerberechtliche Prüfung beginnt also wieder von vorn. „Bei einem neuen Geschäftsführer geben wir eine Prognoseentscheidung ab“, sagte Ordnungsstadtrat Marc Schulte (SPD) dem Tagesspiegel.

Grundsätzlich gilt in Deutschland Gewerbefreiheit. Hürden für die Untersagung eines Gewerbes sind entsprechend hoch. Nach Einschätzung von Wirtschaftsprüfern ist davon auszugehen, dass eine Schließung durch einen Wechsel wie bei Artemis erschwert wird – vorausgesetzt, es liegt kein Grund vor, die persönliche Zuverlässigkeit des neuen Geschäftsführers infrage zu stellen.

Rechtsanwalt Ben M. Irle geht, wie berichtet, im Auftrag der Brüder S. gegen Äußerungen vonseiten der Staatsanwaltschaft vor, die, so Irle, „als glatt vorverurteilend bewertet“ werden könnten. Die Frist für eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ist bereits abgelaufen. Irle kündigte weitere juristische Schritte an. Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft, sagte dazu: „Es wird geprüft.“

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