Bordell an der A 100: Nach Razzia im Artemis: Offenbar Bezug zu Hells Angels
Hunderte Beamte hatten am Abend das Bordell an der A 100 durchsucht. Die Betreiber arbeiteten laut Staatsanwaltschaft direkt mit den Hells Angels zusammen. Dem Bordell droht die Schließung.
Nach der Razzia in Berlins größtem Bordell "Artemis" in Halensee spricht die Staatsanwaltschaft von Vorwürfen zu organisierter Kriminalität, Ausbeutung und Gewaltanwendung. Oberstaatsanwalt Andreas Behm zog am Donnerstag einen Vergleich mit dem Chicagoer Gangster Al Capone. Es gehe nicht um Bagatelldelikte, sondern um Taten, die das „System des illegalen Umfeldes“ bestätigen würden. Die Frauen seien „in Abhängigkeit gehalten und ausgebeutet“ worden. Es gebe auch direkte Bezüge zu der kriminellen Rockerbande Hells Angels.
Die Durchsuchungen hätten laut Polizei und Staatsanwaltschaft in mehreren Bundesländern, darunter Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, stattgefunden. In Berlin hätten die Beamten Bargeld und Sachwerte in Höhe von ca. 6.400.000 € sichergestellt. Sie seien auf 232 Personen getroffen, 118 davon waren Prostituierte. Laut Staatsanwaltschaft hatte die Rockergruppierung Hells Angels "Sonderkonditionen" in dem Bordell und ließ Frauen dort arbeiten. Unter anderem habe es festgelegte Preise gegeben für sexuelle Leistungen, Schichtpläne, eine Verpflichtung vier Tage am Stück zu arbeiten und eine Kleiderordnung gegeben.
An der Aktion in dem Gebäude an der Autobahn A 100 waren am Mittwochabend laut Polizei insgesamt rund 900 Beamte beteiligt, darunter etwa 680 Polizisten. Dazu kamen Kräfte der Zollinspektion und Steuerfahnder.
Vollstreckt wurden den Angaben zufolge Haftbefehle gegen zwei Betreiber des Bordells und vier dort arbeitende Frauen. Ermittelt wird unter anderem wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit und des Verdachts auf Menschenhandel. Außerdem wurden sechs Wohnungen in Berlin und im restlichen Bundesgebiet durchsucht.
Der Schaden soll 17,5 Millionen Euro betragen
Die Ermittler hegen insbesondere den Verdacht der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen. Denn die in dem Etablissement arbeitenden Frauen waren nach ihren Erkenntnissen nicht wie vorgegeben selbstständig tätig, sondern angestellt. Der Schaden wegen Scheinselbstständigkeit betrage allein 17,5 Millionen Euro. Dazu kämen noch etwa sechs Millionen Euro hinterzogene Steuern.
Bezirksamt will Großbordell bald schließen
Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf habe keine sofortige Schließung des Bordells angeordnet, aber "bereits ein Widerrufs- und Untersagungsverfahren eingeleitet", sagte Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD), der unter anderem auch für "Ordnungsaufgaben und Gewerbeangelegenheiten" ist. Man müsse den Betreibern "Zeit zur Stellungnahme geben". Dies werde aber nicht wochenlang dauern und sei "eher eine Sache von Tagen". Bei der Entscheidung des Bezirksamts würden dann natürlich auch die weiteren Ermittlungsergebnisse beteiligter Behörden wie der Staatsanwaltschaft, des Zolls und der Steuerfahndung berücksichtigt.
Unterdessen läuft der Betrieb vor dem Bordell weiter wie zuvor. Es fahren Taxis und Autos vor. Von außen wirkt alles unverändert.
(mit dpa)