Hundeverbot am Berliner Schlachtensee: Gericht stellt Urteil noch für 2015 in Aussicht
Das Berliner Verwaltungsgericht hat im Streit um das Hundeverbot am Schlachtensee die Konfliktparteien angehört. Kurios: Beide Seiten fühlten sich danach im Recht. Die Hundehalter werden nun Klage für ein Hauptsacheverfahren einreichen. Das Urteil soll noch 2015 fallen.
Im Streit um das generelle Hundeverbot am Schlachtensee und der Krummen Lanke wird es nun ein Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht geben. Der Gründer der Initiative „Hunde am Schlachtensee“, Frank Kuehn, teilte nach einer nichtöffentlichen Sitzung im Berliner Verwaltungsgericht am Mittwoch auf Anfrage mit, dass er Klage einreichen werde. Er gehe zudem davon aus, dass das Gericht noch in diesem Jahr ein Urteil sprechen werde. Das habe das Gericht schriftlich im Protokoll der Anhörung festgehalten. Schon zuvor hatte das Gericht in einem Schriftwechsel, der dem Tagesspiegel vorliegt, einen Deal vorgeschlagen. Sollte der aktuelle Eilantrag zurückgezogen werden, heißt es, dann sei die Kammer „im Gegenzug bereit, eine Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren noch in diesem Jahr in Aussicht zu stellen“.
Bisher war nur ein Eilverfahren am Gericht anhängig, das wiederum klären sollte, ob das Hundeverbot bis zu einem Hauptsacheverfahren ausgesetzt werden könnte. Normalerweise werden Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht eher schriftlich erörtert, eine mündliche Anhörung ist ungewöhnlich, sagt aber etwas aus über die Gewichtigkeit des juristischen Problems. Erstaunlich war nach der rund neunzigminütigen Anhörung: Beide Seiten kamen mit dem Gefühl heraus, dass das Gericht die jeweils eigene Position gestärkt habe.
Auch deshalb wollen Kuehn und sein Anwalt Klage einreichen und gleichzeitig den Eilantrag zurückziehen. Der hätte aus Sicht der Kammer ohnehin keine Chance gehabt, wie aus dem Schriftwechsel hervorgeht – allerdings argumentiert das Gericht hier nicht in der Sache, sondern sagt: „Es erscheint dem Antragsteller zumutbar, bei den Spaziergängen mit seinem Hund den vom Antragsgegner gekennzeichneten Bereich vorläufig zu meiden.“
Christa Markl-Vieto, die Grünen-Stadträtin für Umwelt im Bezirk, die das Verbot auf den Weg gebracht hatte, sagte dem Tagesspiegel: „ Ich stehe einer möglichen Klage gelassen gegenüber. Die Gegenseite hat keine Chance.“ Markl-Vieto findet, dass sich das Gericht eher in ihrem Sinne geäußert habe. Sie sagte: „Ich begrüße es aber, wenn das Gericht in der Sache eine Entscheidung fällen wird.“
Frank Kuehn und seine Mitstreiter haben die Anhörung völlig anders interpretiert. Man will eher Skepsis der Richter gegenüber dem generellen Hundeverbot herausgehört haben. Das Gericht äußerte sich am Mittwoch weder zum Eil- noch zum möglichen Hauptsacheverfahren.
Die Grünen-Stadträtin gab sich immer betont kompromisslos
Damit geht ein Streit in die nächste Runde, der heftige Emotionen und Reaktionen nicht nur im Bezirk ausgelöst hat. Bereits im Januar hatte das Bezirksamt angekündigt, dass vom 15. Mai 2015 an ein generelles Verbot von Hunden an den Seen gelten solle. Das bedeutet: auch angeleint nicht. Da Christa Markl-Vieto von Beginn an klargemacht hat, dass sie zwar gesprächsbereit, aber nicht kompromissbereit sei, wurde sie von den Hundehaltern scharf attackiert. Auch die SPD im Bezirk, die auf Senatsseite das Verbot unterstützt, warf ihr vor, sie würde die Bürger völlig unnötig gegeneinander aufhetzen. Mehrere Initiativen von Hundebesitzern haben sich gegründet, Demonstrationen organisiert, Anwälte beauftragt. In einer Umfragen des Bezirksamts, aber auch in einer von der CDU durchgeführten Befragung, sollen sich jeweils Zweidrittel der Leute für und Eindrittel gegen das Hundeverbot ausgesprochen haben.
Die Umweltverwaltung des Bezirks argumentiert selbst so: "Hunde an Badestellen werden zu Recht von der Bevölkerung nicht gewünscht. Sie gefährden spielende Kinder, belästigen Badende, untergraben Wege und Bänke und Hundekot hat nicht nur einen hohen Ekelfaktor, sondern stellt auch eine Gefährdung der Gesundheit und der Wasserqualität dar. Das Berliner Gesetz zum Halten und Führen von Hunden sieht daher vor, dass Hunde an gekennzeichneten Badestellen nicht mitgeführt werden dürfen. Zwar sind Schlachtensee und Krumme Lanke seit Jahren als Badegewässer/Badestelle ausgewiesen; Bislang blieb jedoch unklar wo genau das Mitführverbot gilt."
Saisonale Lösungen frühestens nach einem Jahr der Probe
Christa Markl-Vieto hat gegenüber dem Tagesspiegel-Zehlendorf immer wieder deutlich gemacht, dass es ihr auch darum geht, am Ende eine klare juristische Grundlage zu erhalten. Auch die Stadträtin wusste, dass die Argumentation der Bezirksamtsjuristen möglicherweise vor Gericht keinen Bestand haben könnte. Vor dem Gerichtstermin hatte der Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Martin Pallgen, betont: „Unsere Verwaltung sieht einer Prüfung durch das Verwaltungsgericht gelassen entgegen." Er sagte auch, dass Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) an der Pilotphase von eineinhalb Jahren festhalten wolle, „damit vielen Erholungssuchenden die Seen zur Verfügung stehen“. Erst danach könne darüber nachgedacht werden, ob nicht saisonale Lösungen tragbar wären.
Eine solche Lösung hatte auch der Fraktionschef der CDU im Bezirk, Torsten Hippe, eingebracht, konnte sich damit aber bisher nicht durchsetzen. Er sagte: "Alle Beteiligten sollten über eine saisonale Lösung nachdenken. Ich könnte mir vorstellen, dass von April bis Ende Oktober das generelle Hundeverbot gilt, aber im Winter Hunde angeleint erlaubt sind." Zuvor hatte das Bezirksamt auch alle anderen Kompromissvorschläge der Hundehalter abgelehnt.
Noch mehr als die Hunde regt der Müll die Leute auf
Zwischenzeitlich hatte die Polizei auf Antrag eines Anwohners auch eine Demonstration mit Hunden gestattet, obwohl diese ja am See verboten sind. Nach einer Woche hat die Polizeibehörde diese Genehmigung dann widerrufen. Der Tagesspiegel-Zehlendorf bekommt immer wieder auch Post von Anwohnern, die betonen, wie ruhig und friedlich es nun am See sei. Sie bedanken sich ausdrücklich bei der Stadträtin für die Durchsetzung des Verbots.
Andere Leser wiederum sehen das Verbot weiterhin skeptisch, es sei, bis auf die Ausnahme im Hochsommer oder an besonders vollen Wochenenden, nie wirklich ein großes Problem gewesen, dass neben Radfahrern, Joggern und anderen Erholungssuchenden auch Hunde waren. Was alle Beteiligten offenbar noch viel mehr ärgert ist: der Müll.
Auch deshalb hat das Bezirksamt nun unter anderem 55 Einhundert-Liter-Mülleimer auf der Seite der S-Bahn und unterirdische Müllschlucker installieren lassen. Zudem sei eine weitere Toilettenanlage an der Krummen Lanke und am Ende des Schlachtensees geplant. Das Bezirksamt schreibt: "Es muss gelingen, die Menschen von den Spielregeln des gemeinsamen Zusammenlebens zu überzeugen."
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Armin Lehmann