Berlin-Wilmersdorf: Gedenktafel für Deserteur in der Uhlandstraße
Zur Erinnerung an einen 17-jährigen Deserteur, den die SS kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs ermordet hatte, gibt es nun eine Gedenktafel in der Uhlandstraße.
Ende April 1945 war der junge Mann, der sich dem Endkampf um Berlin verweigert hatte, von SS-Mitgliedern in einem Kellerversteck entdeckt und dann mit einer Wäscheleine an einer Laterne vor der Uhlandstraße 103 erhängt worden. Tagelang sahen Anwohner dort die Leiche, der als Abschreckung ein Schild mit dem Text „Ich war zu feige, für Deutschland zu kämpfen“ um den Hals gebunden worden war.
Wie berichtet, setzte sich der Historiker Michael Roeder seit 2013 für eine Gedenktafel ein; erst nach langem Zögern stimmte die Charlottenburg-Wilmersdorfer Gedenktafelkommission zu.
Am Freitag wurde die Tafel an der Kreuzung Uhland- und Berliner Straße enthüllt. Standort ist die Mittelinsel vor dem Haus Uhlandstraße 103.
Laut der Inschrift erinnert die Tafel an alle, „die sich der Teilnahme am Krieg verweigerten und deshalb ermordet wurden“.
Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) sprach von einer „überfälligen politischen Entscheidung“ und erinnerte daran, dass die Rehabilitierung von Deserteuren lange schwierig gewesen sei. Noch 1998 seien sie, wie auch Homosexuelle, meistens davon ausgenommen worden. 2002 habe sich die Rechtslage endlich geändert. Er würdigte Roeders unermüdliches Engagement, dessen „Geduld strapaziert“ worden sei.
Vor rund 200 Teilnehmern sprachen außerdem Laura von Wimmersperg von der Friedensinitiative Wilmersdorf, die Schülerin Jade Karoui vom Goethe-Gymnasium, Eugen Tröndlin (Arbeitsgruppe Frieden in der GEW Berlin), der Sohn des einstigen Deserteurs Günter Gumpel sowie Günter Knebel (Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz) und der Historiker Wolfgang Benz.
Dazu gab es Musik von Elia Cohen-Weissert.
Bereits vor 20 Jahren gab es eine erfolglose Initiative
Laura von Wimmersperg sagte, die Friedensinitiative habe sich schon 1995 vergeblich für eine Gedenktafel eingesetzt. Bekannt wurde auch, dass Anwohner in der Nachkriegszeit jeweils im April Blumen am Tatort niedergelegt hatten, zumindest bis in die 50er Jahre; später geriet der Mord weitgehend in Vergessenheit.
Initiator Roeder fand das bestehende „Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz“ am Murellenberg hinter der Waldbühne zu entlegen. In der Gedenktafelkommission hatte es aber Bedenken gegeben, weil der nicht mehr namentlich bekannte junge Mann eine Uniform der Waffen-SS getragen haben soll.
Aber auch der soeben verstorbene Literaturpreisträger Günter Grass habe sich im selben Alter dazu hinreißen lassen, der Waffen-SS beizutreten, sagte Roeder dazu.
Der Wortlaut der Reden lässt sich unter diesem Link nachlesen.