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Ach, Amerika. Hier am Bahnhof Zoo kehrt neues Leben ein. Ins alte Amerika Haus zieht die C/O-Galerie ein.
© Cay Dobberke

C/O Berlin, Bikini-Haus und mehr: Frischer Wind für die City West

Ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall ist Berlins Bild in der Welt natürlich vom Brandenburger Tor, dem Reichstag, den Symbolen des politischen Zentrums bestimmt. Doch auch im alten Westen tut sich was, rund um den Bahnhof Zoo weht ein frischer Wind. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dr. Peter von Becker

Träume fliegen hoch. Weit hinaus über Traufhöhen und andere Messlatten, die eine architektonische Weltstadtentwicklung Berlins oft gebremst haben: mal aus klug bewahrender Vorsicht, mal aus platter Engstirnigkeit. Immer mehr ist nun in Deutschlands Metropole von einer eigenen Skyline die Rede. Hochhäuser, die noch nicht unbedingt an den Wolken kratzen, aber das Gesicht der Stadt doch künftig mitprägen sollen. Und das nicht nur in Mitte, rund um den Alexanderplatz, sondern mehr noch und eher schneller und höher in der sogenannten City West.

Ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall ist Berlins Bild in der Welt natürlich vom Brandenburger Tor, dem Reichstag, den Symbolen des politischen Zentrums bestimmt. Plus einer Mischung aus Kultur und Lebensgefühl, deren Pulse eher auf einer Achse von Mitte bis Neukölln als weiter im Westen schlagen. Vormals war die Gegend zwischen Bahnhof Zoo, Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und Kurfürstendamm das Schaufenster des freieren, reicheren, moderneren Westens gewesen und erhob Anspruch, für Berlin in der Welt zu stehen. Nach der Wende ist dieses Fenster dann eher beschlagen, die Aussicht grauer geworden, arm und sexy (und manchmal neureich) wurde der Osten.

Hotellerie hat wieder im Westen angedockt

Plötzlich aber tut sich was im alten Westen. Als wär’s ein Symbol, feiert heute das 1957 erbaute Amerika-Haus beim Bahnhof Zoo nach grundlegender Renovierung seine Wiedereröffnung – bespielt vom international renommierten Fotoforum C/O Berlin. Es werden in einer langen Nacht bis zu 5000 Gäste erwartet, und Klaus Wowereit hat wohl seinen letzten großen Auftritt als Regierender Kultursenator. C/O Berlin musste 2013 sein spektakuläres Ausstellungshaus im alten Postfuhramt in Mitte verlassen; ein architektonisch attraktiver und für die Kulturmetropole sinnvoller Neubau nahe der Museumsinsel scheiterte dann am Kleingeist der Bezirkspolitik. Als endlich die Räume des Amerika-Hauses winkten, gaben die Ausstellungsmacher auf Postern und Taschen die ironische Losung aus: „Bye-bye Mitte ...“

Das gilt gewiss nur punktuell. Ist aber auch ein Signal. Mit dem Waldorf Astoria Hotel bei der Gedächtniskirche ist dort das erste neue Hochhaus entstanden und eines der Flaggschiffe der internationalen Hotellerie hat wieder im Westen angedockt. Der Zoo-Palast schräg gegenüber, früher Mittelpunkt der Berlinale, erstrahlt in neuem Glanz, ebenso nebenan das Bikini-Haus, eine Ikone der späten 50er Jahre – als postmoderne Shopping-Galerie freilich mehr noch von Schaulust als von Kauflust heimgesucht.

Vieles ist Spekulation, anderes Vision

Nahe der Gedächtniskirche wächst bereits das nächste Hochhaus als gläserner Turm empor, und aus einem weiteren Hochprojekt hinterm Bahnhof Zoo sollen künftig gar Bäume sprießen. Sie suchen den Himmel, die Versuche, den leichten Schimmel über West-Berlin verfliegen zu lassen. Aber die Erdung steht noch aus.

Vieles ist Spekulation, anderes Vision, immerhin. Die Welt ist eine der Bilder, und ob ein in Mitte fürs junge internationale Publikum zum Magnet gewordenes Fotoforum jetzt auch in Charlottenburg für einen kulturellen Jungbrunnen sorgt, ist die spannende Frage. Einst war der Westen, in London, Paris oder Berlin, als „Westend“ der Anfang der Moderne. Der häufige Westwind wehte den Staub aus den Kohleöfen und den Ruß der frühen Industrialisierung fort nach Osten, das gehörte mit zur berühmten Berliner Luft. Jetzt wäre etwas frischer Wind auch im Westen ein Gewinn. Für die ganze Stadt.

- Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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