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So soll es ab dem 15. April 2016 nicht mehr sein. Das generelle Hundeverbot am Schlachtensee und an der Krummen Lanke geht in die zweite Runde.
© Cay Dobberke

Hundeverbot am Schlachtensee: "Es muss hundefreie Zonen geben dürfen"

Von heute an bis Mitte Oktober gilt das saisonale Hundeverbot an der Krummen Lanke und am Schlachtensee. Dem Tagesspiegel-Zehlendorf hat eine Anwohnerin erklärt, warum das Hundeverbot aus Familiensicht richtig ist.

Ab Freitag, 15. April 2016, geht das Hundeverbot am Schlachtensee und an der Krummen Lanke in die zweite Runde. Das Bezirksamt hat, nachdem das erste Verbot vor dem Verwaltungsgericht gescheitert war, einen neuen Versuch unternommen. Mit neuen Regeln: Vom 15. April bis 15. Oktober ist der Uferweg den Menschen ohne Hund vorbehalten. In einer Pressemitteilung von Senat und Bezirk heißt es: "Vor allem Familien mit Kindern, ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen, Joggerinnen und Jogger, Badende, aber auch die wildlebende Tierwelt am Ufer profitieren von der neuen Regelung. Grundlage sind Paragraph 6 (4) des Grünanlagengesetzes und Paragraph 18 des Landeswaldgesetzes. Vom 15. April bis 15. Oktober ist das Mitführen von Hunden auf dem Uferweg und am Uferbereich des Schlachtensees und der Krummen Lanke nicht mehr erlaubt."

Im Folgenden zum Hundeverbot ein Interview mit Nicole Heizmann. Die Rechtsanwältin lebt mit ihrer Familie in der Nähe der Seen und ist eine Befürworterin des generellen Verbots. Sie gehört zu den wenigen Bürgern, die sich an dieser Stelle trauen, sich für das Verbot einzusetzen. Viele andere wollten aus Sorge vor der Reaktion, wie es oft hieß, der "Hundelobby" öffentlich nicht mit Klarnamen sprechen.

Frau Heizmann, was haben Sie gedacht, als das generelle Hundeverbot für die Seen im Dezember vom Verwaltungsgericht gekippt wurde?

Ich fand, dass es eine verpasste Chance war, den Schwächeren oder Leiseren eine Zone für sich zuzugestehen, den Familien vor allem und denjenigen, die ihre Partikularinteressen nicht bis zum Letzten ausweiten. Ich finde es auch wichtig, dass eine Gesellschaft, alle Mitglieder eines Gemeinwesens, solche Fragen diskutieren. Darf jeder in allen Bereichen alles oder eben nicht?

Die Kritik am schwarz-grünen Bezirksamt in Steglitz-Zehlendorf war ja gerade, dass es solche Diskussionen nicht zugelassen hat oder gesagt hat, wir diskutieren mit Euch, aber wir ändern unsere Haltung nicht.

Die verschiedenen Interessen der einzelnen Gruppen waren doch vorher schon völlig klar, in diesem Fall jedenfalls. Deshalb fand ich das Verbot auch richtig, entweder ich erlasse diese Verbotsverordnung oder eben nicht, denn an Halblösungen hält sich in dieser Stadt kaum jemand. Außerdem halte ich es für schwierig, Kompromisse zu machen, wie sie beispielsweise die Hundebesitzer vorgeschlagen haben, aber diese Kompromisse werden dann genau so wenig wie das Verbot durchgesetzt, das heißt, es ist niemand da, der für den Vollzug sorgt. Wenn man sagt, man stellt keine Ordnungshüter an die Seen, um das Verbot durchzusetzen, dann ist das Verbot allerdings ein zahnloser Tiger.

Sie sind Rechtsanwältin. Hatten Sie erwartet, dass das Bezirksamt mit der Argumentation durchkommt, es handele sich dort um eine allgemeine Badestelle?

Ich habe mich hier mit den juristischen Details nicht beschäftigt, aber als Juristin weiß ich, dass es immer auch Angriffsflächen für die gegnerische Partei gibt. Offenbar waren diese hier besonders groß.

Sie sind eine der wenigen Personen, die sich bereit erklärt haben, öffentlich zu vertreten, warum Sie das Verbot befürworten. Erzählen Sie mal warum?

Ich mag Hunde sehr gerne, und ich kämpfe ganz bestimmt nicht gegen Hunde. Aber es muss nach meiner Meinung hundefreie Zonen geben dürfen, gerade dort, wo viele Kinder sind oder andere Gruppen...

Was haben Sie selbst erlebt?

Ich war häufiger an beiden Seen baden mit meiner Tochter, als es das Verbot noch nicht gab. Jedes Mal musste ich zusehen, dass die Hunde alles durften. Die sind über die Handtücher, haben Kinder oder Erwachsene angebellt oder sind sie angesprungen. Auch Fäkalien sind im Wasser gelandet. Die Besitzer hat das in der Regel nicht gekümmert. Ich sage nicht, dass es nur solche Besitzer gibt, ganz bestimmt nicht, aber an den Seen habe ich viele von denen erlebt, die sich nicht einmal entschuldigt haben.

Was macht das mit einem?

Es macht wütend und ohnmächtig, man kann sich ja dann nicht wehren. Meine Tochter hat Angst vor Hunden, weil sie früher einmal von einem angesprungen wurde, oft war es am See ein Spießrutenlaufen, wenn man mit Kindern dort sein wollte. Wenn man was gesagt hat, dann wird man als unverschämt angesehen. In Berlin siegt immer der, der am dreistesten oder am stärksten ist, die anderen sind eben die Dummen. Wir hatten Besuch von Bekannten aus Paris, für die war das auch als Hundebesitzer völlig in Ordnung, dass Hunde nicht in Parks oder Grünanlagen dürfen, dass es also hundefreie Zonen gibt. Die haben sich gewundert über unsere Diskussion in Berlin.

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Viele Bürger befürchten, dass das Ordnungsamt auch das neue Verbot an den Seen nicht kontrollieren oder sanktionieren wird. Dann aber sei das Verbot ein "zahnloser Tiger".
Viele Bürger befürchten, dass das Ordnungsamt auch das neue Verbot an den Seen nicht kontrollieren oder sanktionieren wird. Dann aber sei das Verbot ein "zahnloser Tiger".
© Imago

Was sagt der Streit ums Hundeverbot aus über die Stadt?

Berlin hat ein Gemeinwesen, in dem wenig vorgelebt und wenig eingefordert wird. Das ist ein Grundproblem. Es gibt viele Verordnungen, Rechte, Gesetze, aber offensichtlich will niemand sie auch durchsetzen. Diejenigen, die sie einfordern, sind uncool, sind die Spießer. Ich finde, dass diese Haltung sehr stark zugenommen hat vor allem im öffentlichen Nahverkehr. Da wird gegessen, getrunken, werden Flaschen liegengelassen, die auslaufen. Rücksichtsnahme ist den Leuten egal.

Was soll man tun gegen ein solches Lebensgefühl?

Es ist schade, dass es in Berlin nicht den Versuch gibt, für ein besseres Miteinander zu werben, andere Städte appellieren viel offensiver an die gemeinsame Identität, an gemeinsame Interessen für die ganze Stadt. Mehr bürgerliches Engagement kann es aber nur geben, wenn einige anfangen, es vorzuleben. Meine Erfahrung ist, vor allem in der Zeit, als ich noch in Mitte wohnte, dass man ausgelacht wird, wenn man das versucht.

Hund am Ufer des Schlachtensees.
Hund am Ufer des Schlachtensees.
© Thilo Rückeis

Aber gehört es zu einer Großstadt nicht auch, dass man die gegenseitigen Interessen aushalten muss, weil es nun mal viel zu viele gibt und man nicht für alle Zonen einrichten kann?

Es wird doch den Leuten nicht verboten, Hunde zu besitzen. Aber ja, ich finde, in diesem Fall muss es begrenzte Orte geben dürfen. Das heißt doch nicht, dass man alles und jeden reglementiert. Im Übrigen könnte man die Hunde dort an den Seen auch besser ertragen, wenn es denn Hundebesitzer geben würde, die andere Hundebesitzer auf ihr Fehlverhalten aufmerksam machten. Aber das gibt es nur in den seltensten Fällen. Ich habe es noch nie erlebt.

Hat es Sie überrascht, dass dieses Thema so kompromisslos von allen Seiten geführt wird?

Ich fand es irritierend, dass ein kleiner Teil von Bürgern mit viel Geld seine Partikularinteressen vertritt und dass es einfach nicht möglich war, dass diese Gruppe Begrenzung akzeptiert. Die Mehrheit der Bürger dieser Stadt sind Nichthundehalter. Juristisch ist es letztlich eine Abwägungssache, welches Interesse in einem Gemeinwesen mehr zählt.

Warum sind die Leute nicht mehr in der Lage, von Ihren eigenen Interessen zum Wohle einer Gemeinschaft abzugehen?

Ich glaube, weil in Berlin die Anzahl derer überwiegt, die das Gemeinwohl nicht kümmert.

Der Text erscheint auf dem Tagesspiegel-Zehlendorf, dem digitalen Stadtteil- und Debattenportal aus dem Südwesten. Folgen Sie der Redaktion Zehlendorf oder dem Autor gerne auch auf Twitter.

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