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Handbetrieb: Eine digitale Anzeigetafel gibt es beim VfB/Einheit zu Pankow bis heute nicht.
© Julian Graeber

Ein ganz besonderer Fußballverein: Einheit für Pankow

Vor 25 Jahren vereinigten sich die beiden deutschen Fußballverbände. Der VfB/Einheit zu Pankow, einst durch die deutsche Teilung gespalten, ist bis heute der einzige Verein, der aus einer Ost-West-Fusion hervorging.

Ein großer Rasenplatz, ein paar Steinstufen auf beiden Seiten und ein in blau-weißes Funktionsgebäude – auf den ersten Blick wirkt der Paul-Zobel-Sportplatz in Pankow wie viele andere Anlagen in der Stadt. Doch nur wenige Vereine haben eine so interessante Geschichte wie der VfB/Einheit zu Pankow. Es ist eine Geschichte von Trennung, Annäherung und Wiedervereinigung. Gegründet wurde der Verein 1893 als VfB Pankow, doch die deutsche Teilung spaltete den Pankower Fußballverein. Der VfB zu Pankow lebte als Abspaltung in Reinickendorf fort, in Pankow selbst liefen die Amateurfußballer fortan als Einheit Pankow auf. Ein halbes Jahr nach der Vereinigung der nationalen Fußballverbände von Ost und West am 21. November 1990 fanden die 40 Jahre lang durch die deutsch-deutsche Grenze getrennten Vereine dann wieder zusammen. „Wir sind der erste und einzige Verein im deutschen Fußball, der aus einer Ost-West-Fusion entstanden ist“, betont der 1. Vorsitzende des VfB/Einheit, Peter Deutschmann.

Doch schon in der Anfangszeit der deutschen Fußballbewegung spielten die Pankower eine besondere Rolle. Am 28. Januar 1900 gehörte der VfB zu den 86 Gründungsmitgliedern des Deutschen Fußball-Bundes. Nur einen Monat später rief in München Franz John, ein ehemaliges Pankower Mitglied, den FC Bayern ins Leben.

Seine erfolgreichste Zeit erlebte der VfB in den Zwanziger- und Dreißigerjahren. Der Zweite Weltkrieg stellte wie für alle Sportvereine dann aber eine Zäsur dar. Viele Mitglieder wurden von der Wehrmacht eingezogen, ein regelmäßiger Spielbetrieb wurde immer schwieriger. Nach Kriegsende beschlossen die Besatzungsmächte zahlreiche Einschränkungen, so mussten alle Vereine ihre ursprünglichen Namen ablegen.

Als der Verband Berliner Ballspielvereine 1950 das Vertragsspieler-System einführte, zog die DDR-Sportführung die drei Ostberliner Vereine aus der Stadtliga zurück und gliederte sie in die eigene Oberliga ein. 1951 musste sich der Verein auf staatlichen Druck in BSG Einheit umbenennen. Ein Teil der Mitglieder um den Bäckermeister Knobelsdorf spaltete sich kurz darauf ab und gründete im nur wenige hundert Meter entfernten Reinickendorf den VfB zu Pankow. Dirk Weißbach, 2. Vorsitzender des VfB/Einheit, hat sich intensiv mit der Geschichte des Vereins auseinandergesetzt, ihm geht die Ursachenforschung für die Abspaltung aber nicht weit genug. „Die Umbenennung war nicht der einzige Grund“, sagt Weißbach, „im Westen gab es einfach viel bessere Bedingungen und nicht zuletzt Geld.“

Der Staatspräsident sicherte den Klassenerhalt

Trotz des großen Aderlasses blieben die „Ostpankower“ sportlich deutlich erfolgreicher. Während der VfB im Westberliner Amateurfußball keine große Rolle spielte, hielt sich Einheit meist in der drittklassigen Bezirksliga auf. Direkt nach dem Rückzug aus der Westberliner Stadtliga gehörten die Pankower zunächst sogar zwei Jahre lang der höchsten Spielklasse an, der DDR-Oberliga – allerdings mit überschaubarem Erfolg. 1951 hätte Einheit mit der schlechtesten Bilanz der gesamten Ligageschichte bereits absteigen müssen. Da sich in Pankow der Amtssitz des Staatspräsidenten befand, durfte der Klub aber aus sportpolitischen Gründen die Klasse halten.

Während der knapp 40-jährigen Trennung brach der Kontakt zwischen den Mitgliedern niemals komplett ab. „Zu Weihnachten und Ostern haben wir Pakete geschnürt. Da war dann Kaffee oder Kakao drin. Sachen, die man im Osten nicht so leicht bekommen hat oder die sehr teuer waren“, erinnert sich Herbert Eckardt, der letzte „Westpankower“, der heute noch im Verein dabei ist. Nach dem Fall der Mauer, den zahlreiche Mitglieder aus Ost und West in einer benachbarten Pankower Kneipe feierten, nahmen Funktionäre des VfB Kontakt zur Einheit-Führung auf und machten die ersten Schritte zur Wiedervereinigung. „Wir als jüngere Mitglieder hatten bis dahin überhaupt nicht gewusst, dass der VfB zu Pankow existiert“, erinnert sich Weißbach an die Schwierigkeiten. Zudem sei die Skepsis groß gewesen. In der Wirtschaft hätten windige Geschäftsleute aus dem Westen zahlreiche Ostbetriebe in den Ruin getrieben. „Es gab da schon viel Widerstand von Leuten, die gesagt haben: Wir lassen uns nicht auch noch im Sportverein von den Wessis über den Tisch ziehen“, so Weißbach. Doch der größte Streitpunkt war der Vereinsname. Keine der beiden Seiten wollte ihren Namen aufgeben. Nach einigen Verhandlungsrunden wurde schließlich ein Kompromiss gefunden. Als „VfB/Einheit zu Pankow“ blieben beide Namen erhalten. Am 14. Mai 1991 wurde bei „Joe am Wedding“ der erste Zusammenschluss zweier Vereine aus Ost und West beschlossen.

Und auch, wenn die „Westpankower“ über die Jahre immer weniger wurden, ist die Fusion für Peter Deutschmann auch fast 25 Jahre später noch eine Erfolgsgeschichte: „Das war für beide Vereine ein großer Gewinn.“

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