Ehemaliges Kongresszentrum in Berlin-Westend: Doch kein Shoppingcenter im ICC
Laut einem Gutachten wäre ein Einkaufszentrum im ICC unverträglich für die westliche Innenstadt und angrenzende Bezirke. Stadtentwicklungssenator Geisel und Bezirksbürgermeister Naumann wollen zurück zur Nutzung für Kongresse.
Die Überlegungen, im seit April 2014 geschlossenen Internationalen Congress Centrum (ICC) ein Einkaufszentrum anzusiedeln, sind offenbar vom Tisch. Laut einem Gutachten hätte eine große Zahl von Läden negative Folgen für viele Händler in Berlin. Mit Umsatzeinbußen sei nicht nur in der City West, sondern auch in Steglitz und Moabit zu rechnen.
Daher werde von einer „wesentlichen Nutzung“ des ICC für Einzelhandel „grundsätzlich abgeraten“, heißt es in der „Auswirkungsanalyse“, die dem Tagesspiegel vorliegt. Ein Büro für Stadt- und Regionalentwicklung hat das Papier für die Stadtentwicklungsverwaltung erarbeitet. Eine Zusammenfassung wurde am Montag den Staatssekretären für Stadtentwicklung und für Wirtschaft, Engelbert Lütke Daldrup (SPD) und Henner Bunde (CDU), dem Charlottenburg-Wilmersdorfer Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) sowie Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen vom regionalen Handelsverband vorgestellt.
In der City West sind noch mehr Einkaufszentren geplant
Untersucht wurde ein mögliches Center mit 39 000 Quadratmetern Verkaufsfläche – in etwa die Größe der Potsdamer Platz Arkaden. Die Gutachter bezogen weitere Projekte wie das geplante Center rund um Karstadt am Kurfürstendamm und die angestrebte neue Passage im Ku’damm-Karree in ihre Bewertung ein. Das Problem sehen sie nicht allein im Standort ICC, sondern im „Zusammenwirken“ der Vorhaben.
Zurück zu den Wurzeln?
Bürgermeister Naumann sieht die ablehnende Haltung des Bezirks „voll bestätigt“ – vor allem wegen schädlicher Folgen für die Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße. Das ICC solle nach einer Sanierung wieder als Kongresszentrum genutzt werden. So sieht es, wie berichtet, auch Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Ein Center im ICC fände er „doof“.
Ein Gutachten für die Wirtschaftsverwaltung sah keine Zukunft ohne Shopping
Dagegen hatte Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) zuvor ein anderes Gutachten erstellen lassen, wonach die Wiedereröffnung des ICC nur mit Einkaufszentrum finanzierbar sei.
Sprecherin Claudia Hamboch betonte aber, die Wirtschaftsverwaltung handele nur im Auftrag des Abgeordnetenhauses, das sich nun erneut mit dem ICC beschäftigen müsse.
Ohne großflächigen Einzelhandel seien die Bedingungen, die das Parlament gestellt habe, „nicht mehr zu erfüllen“. Damit „ist für die Einbindung eines privaten Investors keine Lösung in Sicht“.
Piratenfraktion schlägt erneut Abriss vor
Der Haushaltsexperte der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus, Heiko Herberg, sagte: „Nach den Jahren des Lamentierens und Stillstands erwarten wir vom Senat jetzt endlich ein klares Konzept und eine politische Entscheidung.“ Bereits im Vorjahr habe man beantragt, dass „Nichtnutzung oder Abriss kein Tabu in der Debatte sein dürfen“. Koste der Abriss, wie vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) geschätzt, 200 Millionen Euro, wäre dies „die vernünftigste Lösung“. Alles andere „kostet den Steuerzahler nur noch mehr Geld“.
Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.