Berlin-Spandau: Die Geheimnisse der Siemensstadt
160 Fotos: Lutz Oberländer hat ein neues Buch herausgebracht über einen Ortsteil mit großem Namen. Er erzählt von der Liebe, Nachbarn und versteckten Orten.
96 Ortsteile, 1000 Geschichten. Viele Bezirksgeschichten erzählen wir in unseren Newslettern - wie aus Spandau. Hier stellen wir Lutz Oberländer, 50, vor. Er ist Denkmalschützer - und Buchautor. Sein neues Buch ist erst wenige Tage auf dem Markt, es heißt: „Die Siemensstadt in Berlin – Historische Fotografien“ (Sutton Archiv, 2017, 20 Euro). Dahinter steckt Lutz Oberländer, der 160 teils unveröffentlichte Bilder aus Antiquariaten und aus den Archiven von Nachbarn zeigt („Es haben sich noch mehr alte Siemensstädter gemeldet – genug Stoff für einen zweiten Band“). Ein Ortsteil mit großer Geschichte und großem Namen.
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Sein Bezug zur Siemensstadt: „Ich bin 1999 der Liebe wegen von Neukölln nach Siemensstadt gezogen. Schon immer war es mein Traum, in einem kleinen Haus mit drei Tannen wohnen. 2003 habe ich bei einem Spaziergang so ein Reihenhaus entdeckt – mit drei Tannen im Garten. Siemens hatte gerade seinen Wohnungsbestand verkauft, und so schlug ich zu. Die Liebe hielt nicht, die Tannen sind verschwunden, aber ich habe ein Zuhause gefunden, in dem ich alt werden möchte.“
Sein Bezug zu Siemens: „Als ich einzog, fragten mich die Nachbarn, wo ich bei Siemens arbeite. Als ich antwortete, dass ich gar nicht von Siemens sei, war der Kontakt dahin. Damals waren alle bei Siemens – die meisten schon auf Rente. So fühlte ich mich als Eindringling. Heute ist eine neue Generation mit Kindern hier zu Hause und kaum einer arbeitet noch bei Siemens. Aber die alten Leute begannen bald zu erzählen: von der „guten alten Zeit“, als Siemens alles bestimmte: Kindergarten, Schule Ausbildung, Beruf, Vereine, Wohnungen – alles war Siemens. Ich hörte zu und begann mich für die Geschichte zu interessieren.“
Seine drei geheimnisvollsten Orte: „1.) Der Siemensturm mit der riesigen Uhr ist in Wirklichkeit ein Schornstein für das im Keller befindliche Heizkraftwerk. Von oben hat man einen fantastischen Blick bis in die Jungfernheide. 2.) Unter dem U-Bahnhof Siemensstadt befindet sich ein Luftschutzbunker aus der Zeit des kalten Krieges. Äußerlich verraten nur die Lüftungsschächte seine Existenz. 3.) Zwischen dem Siemens-Verwaltungsgebäude und dem gegenüberliegenden Dynamowerk führen unter der 49 Meter breiten Nonnendammallee zwei Verbindungstunnel, die bis heute in Benutzung sind.“ (Oberländers Linktipps zum U-Bahnhof finden Sie hier und zum Verbindungstunnel hier)
Und sein Lieblingsort: „Im Winter der Trümmerberg am Ende der Rapsstraße. Dort rodelt halb Siemensstadt und die Eltern stehen mit Glühwein dabei. Im Sommer ist es das Strandbad Jungfernheide. Ganz Siemensstadt hat seit den 20er Jahren dort seine ersten Schwimmversuche gestartet. Und alle Generationen haben Geschichten, die sie über das Bad erzählen können.“
Verlosung: Haben auch Sie ältere Spandau-Fotos, die wir anderen Lesern zeigen sollten? Unter allen Einsendern verlosen wir im Spandau-Newsletter drei der neuen Siemensstadt-Bücher von Lutz Oberländer.
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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel (I:): Unpünktliche BVG-Busse: Tops & Flops aus Spandau. Der unpünktlichste Bus kommt aus - Staaken. Aber bei den pünktlichsten ist eine Linie aus Spandau auch ganz vorn: ein Mini-Bus durch den Wald.
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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel (II.): Vorsicht, Unfall! Die gefährlichsten Straßen von Spandau. Vorn dabei: Ziegelhof, Falkenseer Platz, die Kreuzung vor den Arcaden.
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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel (III): Die Geschichte einer herrenlosen Straße in Spandau - Weil die Straße vor ihren Häusern keinen Besitzer hat, droht den Bewohnern einer früheren Werkssiedlung Ungemach.
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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel (IV): Siemens bekommt Flügel. An seinem Gründungsort Berlin will sich der Konzern künstlerisch mit der Welt vernetzen - natürlich in Siemensstadt. So sieht die Skulptur aus.
André Görke