Spende des Außenministers: Bahnhofsmission am Zoo soll größer werden
Außenminister Frank-Walter Steinmeier spendet 50.000 Euro Preisgeld, damit mehr Obdachlose betreut werden können.
In der Bahnhofsmission am Zoo gibt es ein Foto zu sehen, das Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier beim Stullenschmieren zeigt. Denn vor drei Jahren hatte der SPD-Politiker in der Anlaufstelle für Obdachlose und andere Bedürftige mit angepackt. Er fuhr auch mal eine Nacht lang im Kältebus der evangelischen Berliner Stadtmission mit, der Wohnungslosen im Winter hilft. Und erst Ende Juli kam Steinmeier wieder vorbei und versprach dem Leiter Dieter Puhl, Geldgeber zu suchen, damit das Ende 2015 eröffnete „Hygienecenter“ mit Toiletten, Duschen, Waschmaschinen und Frisiersalon länger öffnen kann. Der Minister ist an der Charlottenburger Jebensstraße also ein alter Bekannter.
Dennoch erlebte die Stadtmission als Träger der Einrichtung jetzt eine „absolute Überraschung“, wie Sprecherin Ortrud Wohlwend sagt: Steinmeier spendet 50 000 Euro aus einem Preisgeld an die Bahnhofsmission. Mit dieser Summe ist der „Europapreis für politische Kultur“ dotiert, den ihm die Hans Ringier Stiftung am Samstagabend in der Schweiz verliehen hat. Unter den früheren Preisträgern waren der europäische Zentralbankpräsident Mario Draghi, der Historiker Heinrich August Winkler, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der inzwischen verstorbene Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP).
Doktorarbeit über Rechte der Obdachlosen
Schon als junger Jurist hatte Steinmeier ehrenamtlich Obdachloseneinrichtungen beraten. Seine Doktorarbeit hieß: „Bürger ohne Obdach – Zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum“. In seinem Wahlkreis fördert er das Obdachlosenhaus der Stadt Brandenburg und war Schirmherr einer Spendenkampagne.
Berlins Stadtmission will seine Spende als Beitrag zu ganz neuen Plänen verwenden: Die Fläche der Bahnhofsmission soll von 250 auf 750 Quadratmeter verdreifacht werden. Unter anderem will man Beratungszimmer und Lagerflächen schaffen. Es gibt noch mehr Nutzungsideen, über die Puhl und Wohlwend derzeit aber nicht reden. Man wolle keine potenziellen Unterstützer verärgern, die noch nicht informiert seien, heißt es.
Obwohl die Bahnhofsmission am Zoo schon jetzt die größte in Europa ist, stößt sie an Grenzen: Längst arbeiteten die zwölf Angestellten sowie rund 300 ehrenamtliche Helfer und Praktikanten „an der Oberkante“, sagt Puhl. Zuvor hatte er Steinmeier berichtet, die Zahl der Wohnungslosen in Berlin sei in sieben Jahren von 1000 auf schätzungsweise 6000 gestiegen. Früher habe man täglich 400 Menschen mit Speisen und Kleidung versorgt, nun seien es etwa 650. Von den Hilfesuchenden stammten 60 bis 70 Prozent aus Osteuropa, besonders aus Polen. Die übrigen Menschen seien Deutsche aus allen Bundesländern.
Die europäische Dimension
Das Problem reicht damit weit über die Stadt hinaus. Dies nennt das Auswärtige Amt als einen Grund für Steinmeiers Engagement: „Dem Minister ist vor allem das Thema der aus Osteuropa in Berlin Gestrandeten ein Herzensanliegen“, heißt es. „Das ist die Verbindung von Europa zur Mission.“ Außerdem gehe es generell um die Nächstenliebe.
„Wir können nur ein Europa sein, wenn wir uns alle auf Augenhöhe begegnen“, sagt auch Ortrud Wohlwend von der Stadtmission. Sie hatte Steinmeier am Mittwoch der vorvergangenen Woche mit empfangen: „Er war menschlich berührt.“ Es gab auch eine kurze Andacht. Dabei trug der Leitende Diakonische Mitarbeiter Jörg Friedl einen Bibelvers aus dem zweiten Paulus-Brief an Timotheus vor: „Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern Kraft, Liebe und Besonnenheit.“ Steinmeier staunte: „Das ist der Taufspruch meiner Tochter!“