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Pankow hat ein Sommerbad und soll auch ein neues Hallen- und Freizeitbad bekommen.
© dpa

Neues Schwimmbad für Pankow: Anwohner fürchten Verkehrschaos

Für die meisten ist es eine gute Nachricht, dass Pankow in wenigen Jahren ein neues Freizeitbad bekommen soll. Doch aus Sicht der Anwohner sind noch viele Fragen offen.

Für Hans Misselwitz vom Förderverein "Schwimmhalle Pankow" ist mit dem neuen Berliner Bäderkonzept ein Traum in Erfüllung gegangen. Denn in Pankow soll in wenigen Jahren ein sogenanntes Multifunktionsbad eröffnen - eine Hallenbad mit einem 50-Meter-Becken, zwei 25-Meter-Becken, einem Freizeitbereich und Saunalandschaft. "Wir hätten nie gewagt, so etwas zu fordern", sagte Misselwitz bei einer Informationsveranstaltung zum neuen Bad im ehemaligen jüdischen Waisenhaus in Pankow. Der Förderverein hatte sich jahrelang für eine Sanierung der alten Schwimmhalle in der Wolfshagener Straße gleich neben dem Freibad eingesetzt. Sie war 2001 wegen Baufälligkeit geschlossen worden. Dafür sammelten die Vereinsmitglieder Unterschriften und suchten immer wieder Kontakt zu Verantwortlichen in der Politik. Letztlich hat sich das Engagement wohl ausgezahlt, denn dass eines der beiden im Bäderkonzept des Senats geplanten Freizeitbäder nach Pankow kommen soll, ist sicher auch der Beharrlichkeit der Initiatoren zu verdanken. Allerdings wäre man an Pankow als bevölkerungsreichstem und stark wachsendem Bezirk Berlins wohl auch so nicht vorbeigekommen. Die alte Schwimmhalle, längst zu einer unrettbaren Ruine verfallen, soll abgerissen werden, das neue Bad voraussichtlich weiter hinten auf dem Freibadgelände entstehen.

Die meisten Pankower freuen sich sicher wie Misselwitz auf das Megaschwimmbad mit "Angeboten für alle", wie Bäderchef Ole Bested Hensing bei der von der SPD organisierten Informationsveranstaltung sagte. Sportschwimmer, Familien und Saunafans sollen gleichermaßen auf ihre Kosten kommen. Doch die Anwohner des Schwimmbadgeländes haben Bedenken. "Ich wohne direkt am Freibad und schaue bisher auf eine grüne Wiese", sagte eine Anwohnerin. Sie wollte wissen, wo das neue Bad genau gebaut werden soll. Eine konkrete Auskunft bekam sie dazu noch nicht, denn erst im Herbst soll laut Hensing ein Vorschlag auf dem Tisch liegen. In einer Studie, die der parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Abgeordnetenhaus, Torsten Schneider, dem Tagesspiegel zur Verfügung stellte, ist die Halle des neuen Bades allerdings etwa dort eingezeichnet wo derzeit provisorische Imbissstände auf dem Freibadareal stehen. Platz sei auf dem insgesamt 90.000 Quadratmeter großen Gelände in jedem Fall genug, sagte Hensing. Im Zuge des Baus sollten dann selbstverständlich auch die Mängel des Freibades, vor allem der marode Tribünenbereich, saniert werden.

Doch es gibt weitere Vorbehalte. So fürchten Anwohner ein tägliches Verkehrschaos und eine "Übernahme" des Bades durch Störenfriede aus anderen Bezirken. An heißen Sommertagen herrsche am und im Freibad schon jetzt Ausnahmezustand, beklagten mehrere Pankower und berichteten von verstopften Straßen rund um das Bad und aggressiven Jugendgruppen drinnen. "Als Pankower trauen wir und doch schon gar nicht mehr dahin", sagte jemand. Hensing beschwichtige und versprach ein Sicherheits- und Verkehrskonzept. Beides liegt aber offenbar noch nicht vor. Ein Parkhaus ist aber vorgesehen. Die engen Straßen rund um das Badgelände lassen sich ohnehin nicht wegdiskutieren. Aus Sicht Hensings wird sich die Lage durch das Freizeitbad aber nicht weiter verschärfen. Die Bäderbetriebe rechnen mit rund 1200 Besuchern täglich. "Das ist verkehrstechnisch kein Problem."

Anbaden in vier bis fünf Jahren

Auf ein Eröffnungsdatum wollten sich weder der Bäderchef noch SPD-Politiker Schneider festlegen. Vier, maximal fünf Jahre werde es bis zum Anbaden dauern, sagten sie. Schneider, der auch haushalts- und finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, geht aber davon aus, dass die Bauphase durch schnelle Genehmigungen und Planungen beschleunigt werden kann. "Dafür stehen fünf Millionen Euro zur Verfügung", sagte er. Die Kosten für das Bad selbst werden derzeit auf 30 Millionen Euro geschätzt und sollen aus dem "Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt" (Siwa) kommen. Am 22. April, so Schneider, werde das Abgeordnetenhaus die Mittel freigegeben. Es blieb nicht aus, dass unter den Zuhörern nun auch mal spöttisch das Stichwort "BER" geraunt wurde. Schneider ließ sich aber nicht beirren und sagte auf eine Nachfrage zu den genauen Baukosten den vieldeutigen Satz: "Man muss sich als Politiker auch mal etwas trauen."

Als Vorbild für das Pankower Bad gilt das Westfalenbad in Hagen. Es wurde 2010 nach nur drei Jahren Bauzeit eröffnet. Und dort schafft man es übrigens auch, das Bad wirtschaftlich zu betreiben. Die Besucherzahlen der Hagener Bäderbetriebe verdoppelten sich fast dank des neuen Angebots, das bisherige Finanzdefizit ging deutlich zurück. Mehr als eine halbe Million Besucher zieht das Westfalenbad jährlich an, 1500 pro Tag. Hensing rechnet für Pankow mit 450.000 beziehungsweise 1200. Die Baukosten in Hagen lagen bei 30 Millionen Euro, genauso viel kalkuliert auch Berlin. Die Eintrittspreise in Pankow sollen für das reine Sportschwimmen bei fünf Euro, also unter dem aktuellen Bäder-Tarif liegen, sagte Hensing noch. Und auch bei der Sauna könnte es günstiger werden als an anderen Standorten der Bäderbetriebe. Für den Freizeitbereich legte der Bäderchef keine Zahlen vor. In Hagen kosten hier drei Stunden 9,40 Euro, Familien zahlen 20 Euro.

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