Berlin-Charlottenburg: Absurdes Theater um die Ku’damm-Bühnen
Vor dem Landgericht stritten Theater-Chef Woelffer und die Eigentümer des Karrees. Zu einer Einigung kamen sie nicht.
Existiert die Eigentümerfirma des Ku’damm-Karrees mit dem Theater und der Komödie am Kurfürstendamm überhaupt? Und gilt eigentlich noch ein acht Jahre alter Mietvertrag für die beiden Boulevardbühnen? Als das Landgericht Berlin am Dienstag über die Räumungsklage der Karree-Eigentümer gegen Martin Woelffers Bühnen verhandelte, fand Richter Siegfried Sommerfeld nicht immer klare Antworten auf seine Fragen. Er bemühte sich, beide Seiten zum außergerichtlichen Vergleich zu bewegen. Doch das misslang, und so wurde die Entscheidung auf den 19. Juli vertagt.
Umweg über Luxemburg sparte Steuern
Wie ein absurdes Theaterstück mutete vor allem der Streit um die Klagebefugnis der Karree-Eigentümer an. Erst vor Kurzem war bekannt geworden, dass die Münchener Firma Cells Bauwelt nur die Hälfte der Anteile besitzt und der Rest einem russischen Immobilienunternehmer gehören soll. Doch im Grundbuch stehen beide nicht. Formal gehört das Karree seit vielen Jahren einer Firma „Mars Propco1“, angeblich mit Sitz in Luxemburg. Als das Karree mehrmals die Eigentümer wechselte, wurden immer nur Anteile an jener „Mars Propco1“ verkauft. Auf diese Weise mussten die Erwerber keine Grunderwerbssteuer zahlen.
„Es gibt nicht einmal eine Briefkastenfirma“
Rechtsanwalt Reiner Geulen, der Intendant Woelffer vertritt, sieht den Sinn der Luxemburger Firma darin, „hohe Investitionssummen aus dem Nicht-EU-Ausland zu akquirieren“ und dem „Steuerrecht der EU und der Bundesrepublik zu entziehen“. Damit nicht genug: Eine Anwältin aus Geulens Kanzlei reiste nach Luxemburg und besuchte den Firmensitz, der im dortigen Handelsregister steht. An der Tür eines Bürohauses stand aber nirgends der Name Mars Propco1, wie ein Foto zeigt. „Es gibt nicht einmal eine Briefkastenfirma, sondern gar nichts“, folgerte Geulen.
Foto gegen Foto
Dagegen legte der Anwalt der Investorenseite ein zweites Foto derselben Tür vor, auf dem man den Firmennamen sieht. Die Aufnahme der Woelffer-Anwälte sei schlecht fotografiert. Das konterte Geulen mit dem Vorwurf des „versuchten Prozessbetrugs“. Es sei ja wohl klar, dass der Firmenname erst jetzt angebracht worden sei.
Bis zur nächsten Verhandlung sollen die Investoren nun nachweisen, dass es wirklich einen Firmensitz in Luxemburg gibt. „Ein Handelsregisterauszug reicht nicht aus“, sagte Richter Sommerfeld.
Viele Künstler im Publikum
Der Saal im Landgericht war so voll, dass einige der Zuhörer stehen mussten. Zum Publikum gehörten prominente Schauspieler wie Winfried Glatzeder, Marion Kracht, Ursela Monn, Hans-Jürgen Schatz und Katharina Thalbach sowie der Event-Gastronom Hans-Peter Wodarz.
Norman Schaaf, Geschäftsführer von Cells Bauwelt, begründete die Räumungsklage unter anderem damit, dass die Ku’damm-Bühnen 28 Monate lang weder Miete noch Betriebskosten gezahlt hätten: „Sie schulden uns 600 000 Euro.“ Seit 2015 überweisen die Theater aber zumindest wieder 27 000 Euro pro Monat für die Nebenkosten. Mit dem früheren Karree-Eigentümer Ballymore aus Irland soll eine Vereinbarung bestanden haben, wonach bis zum Umbau des gesamten Gebäudekomplexes keine Miete zu zahlen sei.
Am Ende der Verhandlung bedauerte der Richter, er habe sich erfolglos „den Mund fusselig geredet“, um einen Vergleich zu erreichen. Eine Einigung scheiterte vor allem daran, dass Woelffers Anwalt einen Abriss der Komödie am Ku’damm strikt ablehnte, während Investorenvertreter Schaaf deutlich machte: „Wir können nicht hinnehmen, dass die ,Komödie’ unser ganzes Projekt blockiert.“
Die „Komödie“ will Woelffer auf keinen Fall aufgeben
Wie berichtet, wollen die Investoren beide Ku’damm-Bühnen durch einen unterirdischen neuen Theatersaal ersetzen. Reden könne man nur über einen Verzicht auf das bisherige Theater am Kurfürstendamm, sagte Woelffers Anwalt. Dagegen sei man „unter keinen Umständen bereit, das historische Theater der Komödie zu räumen“. Die mehr als 90 Jahre alte Bühne sei das „eigentliche Herzstück“ des Theaterbetriebs. Das Land Berlin werde mit Sicherheit keinen Neubau an dieser Stelle genehmigen.
Bauantrag für erste Teile des Karrees
Cells-Geschäftsführer Schaaf kündigte an, dass der Bauantrag für einen ersten Bauabschnitt im Karree „fertig ist und heute eingereicht wird“. Dabei geht es zunächst um den Bereich an der Uhlandstraße, wo unter anderem das Parkhaus steht. In einem zweiten Bauabschnitt, zu dem die Theaterstandorte gehören würden, will Schaaf erst Mitte 2017 bis Anfang 2018 mit Bauarbeiten beginnen.