25 Jahre Mauerfall: 25 Stunden am Checkpoint Charlie
Er ist ein Original, nur echt ist hier nichts. Er hat Geschichte geschrieben und bleibt ein Provisorium. Vor 25 Jahren wurde aus Berlins bekanntestem Grenzübergang ein Gedenkort. Ein Besuch am Checkpoint Charlie, 25 Stunden lang.
Das Leben beginnt frischgewaschen, jedoch nicht vor halb neun. Japaner in schwarzen Anzügen, lachend und wie vom Himmel gefallen, stehen plötzlich auf dem Gehweg. Sieben Stück, sie machen Fotos voneinander, Fotos mit Hintergrund, sie gehen auf und ab, und die Luft in ihrem Windschatten duftet einen Moment lang nach Wannenbad- und Duschzusätzen.
Einige Minuten später nähern sich Landsleute von ihnen, Männer, Frauen, 20 an der Zahl und diesmal bunt gekleidet, wieder Fotos machend, wieder eingehüllt in Wolken des Wohlgeruchs. Bis sich um 8 Uhr 40 die Türen eines spanischen Reisebusses öffnen. Und eine Niederländerin um die Ecke kommt, die Haare noch nass. Und eine Schulklasse aus dem Rheinischen. Die halbe Straße riecht jetzt nach Körperpflege. So sehr, dass selbst der Dieseldreck aus dem laufenden Busmotor nicht dagegen ankommt.
So ist es am Checkpoint Charlie, an einem Sommermorgen ab halb neun. Später am Tag wird dieser Ort wieder nach gar nichts riechen. Noch später wird er ein bisschen stinken. Und irgendwann, wenn es längst wieder dunkel ist, wird eine Flasche „Berliner Luft“ auf einer der hiesigen Sehenswürdigkeiten stehen. Sie wird ihren ursprünglichen Inhalt losgeworden, sie wird leergetrunken sein. „Berliner Luft“ ist ein Pfefferminzlikör.
Am Dienstag, den 30. Juni, ist es 25 Jahre her gewesen, dass an den innerdeutschen Grenzen offiziell nicht mehr nach Pässen und Personalausweisen gefragt wurde. Die Mauer war längst gefallen, es herrschte Reisefreiheit. Am folgenden ersten Julitag war das Westgeld in die DDR gekommen. Die Wiedervereinigung war nicht länger bloß ein Wunsch, sondern absehbar. Spätestens an diesem Tag vor 25 Jahren verlor diese Grenze also den letzten Rest ihrer Autorität. Ihr Schrecken war ohnehin schon Geschichte. Die Menschen mussten sie fortan nicht mehr überwinden. Stattdessen begann sie, zum eigentlichen Reiseziel zu werden, ein neues, bis heute andauerndes Zeitalter brach an. Sie sollte nun von sich selbst erzählen, von alten, kalten Zeiten, von ihrer Vergangenheit. Das gilt im Besonderen für Berlins bekanntesten einstigen Grenzübergang, den Checkpoint Charlie.
Schafft sie das, diese Grenze? Schafft das dieser Checkpoint? Hat dessen Gegenwart irgendetwas mit seiner Vergangenheit zu tun?
Konrad übernachtet am Checkpoint
Zweieinhalb Stunden, bevor die gebadeten Japaner kommen, kurz vor sechs, ist genau ein Mensch auf der Straße. Er sagt, dass er Konrad heiße, Konrad mit K, und aus Polen stamme. Das graue Haar ist wirr, er packt seinen Schlafsack ein. Konrad hat hier übernachtet, auf der einstigen Ost-Seite der Mauer, die an dieser Stelle jedoch eine Nord-Seite ist.
Ob er gut geschlafen habe? „Ich versteh’ nicht gut, Polen“, sagt er. Er zuckt mit den Schultern. Dann geht er davon, Richtung Süden, überquert die Zimmerstraße, die den einstigen Grenzverlauf markiert. Vorbei an der Kopie einer alten Kontrollbaracke der Amerikaner, dem eigentlichen Checkpoint, weiter bis zur nächsten Kreuzung. Dorthin, wo Axel Karg seit einer halben Stunde bei der Arbeit ist.
Kargs Arbeitsplatz ist ein Zeitungsladen, geöffnet ab sechs, Friedrichstraße Ecke Kochstraße. Zigaretten gibt es, und wer Lotto spielen oder Eintrittskarten für Veranstaltungen will, ist richtig hier. Karg ist 31 Jahre alt, früher habe er mal studieren wollen, sagt er. „Hat aber nicht funktioniert.“ Er ging dann unter die Schausteller, eineinhalb Jahre lang, und dann fing er im Laden an. Er sagt den Checkpoint-Charlie-Gedächtnis-Satz: „Sollte nur provisorisch sein, und nun bin ich schon zehn Jahre hier.“
Provisorisch ist hier vieles. Die Getränkebuden mit Alkoholausschank und Reggaebeschallung auf der Brache neben der Friedrichstraße. Die „Blackbox Kalter Krieg“ nebenan – eine von einem Verein tapfer betriebene Ausstellungskiste. Die mit Fotos und Geschichtsdaten tapezierte Wand drumherum. Auch die große, schwarze Tonne, in deren Innerem ein Panoramabild „Die Mauer“ und ihre Umgebung in den 80er Jahren zeigt, ist nicht für die Ewigkeit gebaut. Etliche provisorische Verkehrsschilder, eine verwaiste Glasbaracke und eines dieser blassblau gestrichenen, auf Stelzen stehenden Rohrsysteme, durch die das Berliner Grundwasser von einer nahen Baustelle abgepumpt wird – alles zusammen vermittelt den Eindruck eines grandiosen Durcheinanders, einer Art Rummelplatz mit historisch wertvollem Hintergrund, über den auch an diesem Tag etliche Tausend Besucher laufen werden.
Fragt man einige von ihnen nach ihren Eindrücken, hört man gelegentlich Verwunderung darüber, dass die Berliner und ihre wechselnden Stadtregierungen es auch nach zweieinhalb Jahrzehnten nicht hinbekämen, mit ihrem historischen Alleinstellungsmerkmal „Geteilte Stadt“ angemessen umzugehen.
Naja, ein bisschen was teile sich einem schon mit, sagt einer. Er zeigt auf die tapezierte Wand. „Dieser Ort ist ein Schauplatz der Berliner Geschichte“, steht da. Immerhin, eine Info, sagt er. Er lacht.
"From the Coca-Cola- into the Vodka sector"
Es ist kurz vor neun, der erste Pelzmützen- und Gasmaskenverkäufer baut seinen Stand auf. Eine Franzosengruppe stellt sich unter die Kopie eines „You are leaving the american sector“-Schildes. Der erste Stadtrundfahrten-Bus parkt vorm Mauermuseum. Angehörige der „Harley Owners Group“ – ausweislich ihrer Lederjackenaufnäher im „Praha Chapter“ beheimatet - legen am Bordstein an.
Die ersten geführten Besuchergruppen treffen ein, und es fällt dabei einer der schönsten, pädagogisch wertvollsten Sätze des Tages. „These tanks“, sagt eine Stadtführerin und zeigt auf ein Foto vom Oktober 1961, als sich hier sowjetische und amerikanische Panzer gegenüberstanden, „these tanks were facing from the Coca-Cola- into the Vodka sector.“
Checkpoint Charlie ist ein internationaler Ort, Deutsch wird vergleichsweise selten gesprochen. Noch seltener sind die Bewohner der Stadt Berlin. Der Beweis: Sechs Minuten nach elf passiert der erste und gleichzeitig letzte Hund dieses Tages die ehemalige Grenze, eine schwarz-weiße französische Bulldogge.
Neun nach elf. Eine fünfköpfige Familie aus Indien macht Fotos von sich und den drei US-Soldatendarstellern vor der Kontrollbaracken-Kopie, von jedem Familienmitglied eins. Kostenpunkt pro Stück: zwei Euro, wahlweise auch drei Dollar. Ein halbes Dutzend Frauen taucht auf, weite Gewänder, Kopftücher. Sie halten den Fußgängern Klemmbretter und Unterschriftslisten vors Gesicht. Man unterschreibt, so steht es auf den Zetteln, für Taubstumme. Was sie denn bezwecken wollten damit, und wo sie herkämen? Sie können nicht antworten. Sind ja angeblich selber taubstumm.
Achtung! You are leaving!
Wenig später ziehen sechs ganz in Schwarz gekleidete, mit schusssicheren Westen ausgestattete Polizisten durch die Gegend. Im Gänsemarsch passieren sie die Zimmerstraße, ein Trabi-Safari-Konvoi hält extra für sie an. Wonach sie denn suchen würden? „Verdacht auf eine Straftat“, sagt eine Polizistin, „mehr würde ich dazu nicht sagen wollen.“
„Wegen der Hütchenspieler“, sagt Jürgen, „bestimmt.“ Die stünden immer dort drüben an der Tapeten-Wand, an der Stelle, wo die Kuba-Krise erklärt wird. Jürgen, ein drahtiger Mann Anfang 40, gehört zu den regelmäßigen Besuchern dieses Ortes. In der rechten Hand hält er eine große, blaue Mülltüte. Jeden Tag, wenn es geht, vor zwölf, läuft er von Mülleimer zu Mülleimer und kramt Pfandflaschen heraus. „Ich kriege Hartz IV“, sagt er, „und das Flaschengeld brauche ich, weil ich auf ein Handy spare.“ Das wiederum brauche er, um bei einer Zeitarbeitsfirma anfangen zu können. Darf das Jobcenter aber nicht wissen, Flaschensammeln ist ja eine Einnahmequelle, also sagt er auch seinen Nachnamen nicht. 30 bis 40 Euro mache er am Tag auf seiner Tour bis hinauf ins Regierungsviertel.
Unterm „You are leaving“-Schild kommt Jürgen mit Touristen ins Gespräch. Seine Geschichte passt perfekt an diesen Ort, und sie beginnt so: „Wir mussten raus aus der DDR, meine Mutter, meine Brüder und ich. In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 1985. Meine Schulfreunde haben geweint. Ich habe nie mehr solche Freunde gefunden.“ Die Geschichte handelt von einem bewilligten Ausreiseantrag und jenem Teil von Jürgens Leben, den er in einer baden-württembergischen Stadt verbrachte. Davon, dass er angefeindet wurde, seiner sächsischen Herkunft wegen, so nachhaltig, dass etwas Wichtiges in ihm dermaßen kaputt ging, dass er kaum noch einen Fuß auf den Boden brachte. „Ich war fortan chancenlos“, sagt er. Seine Frau ist auch weg.
Seit ein paar Jahren lebt er in Berlin. „Hier in dieser Stadt ist mir zum ersten Mal richtig geholfen worden“, sagt er. „Und hier am Checkpoint hab’ ich im Gespräch mehr Leute kennengelernt als in den Jahrzehnten im Südwesten.“
Die Touristen wenden sich ab, sie bekommen wahrscheinlich nicht mehr mit, als Jürgen den Satz sagt, den er oft sagt: „Ich bin dort unten stärker verfolgt worden als die Juden im Dritten Reich.“
Die Juden. Klarer Fall von Holocaust-Relativierung. Muss man auch erst einmal drauf kommen, nur 300 Meter Luftlinie von den einstigen Gestapo- und SS-Zentralen entfernt. Ist aber gar nichts im Vergleich zu jenem Wortschwall, der am Nachmittag aus einem der Einzelhändler herauskommt. Zigeuner in die EU zu lassen, das sei der größte Fehler in der Geschichte dieses Staatenbundes gewesen. Sie betteln, sie klauen, sie patschen dir die Hand in deine Pommes-Schale, wenn du ihnen kein Geld gibst. Und die Juden, zweitgrößtes Problem, die kämen jetzt auch alle her, kauften alle Häuser in der Umgebung und setzten die Mieten rauf.
Am Checkpoint ist es teuer
Für hiesige Verhältnisse preiswert ist dieser Rummelplatz tatsächlich nicht. Die große Pommes-Schale kostet 4,50 Euro. Der Eintritt in die Mauer-Panorama-Tonne kostet 10, der ins Mauermuseum 12,50 Euro. Wer Fotos mit den US-Sergeant-Kopien – sie nennen sich Ford, Jones und Bradley – machen will und in einer größeren Gruppe kommt, kann einen Rabatt heraushandeln. Ein Foto vom Mützenstand des Albaners kostet auch 2 Euro. Das kleine Flaschenbier im Reggaeland 3,50 Euro. Zwei blonde, junge Männer aus Schweden, der eine frischbestallter Landarzt, der andere noch nichts und beide dort auf Liegestühlen lümmelnd, trinken Kräuterschnaps. Sie lachen über die Preise und über den Ort. Einer von ihnen sagt: „Wenn du nichts erwartest von einem Platz wie dem hier, kannst du auch nicht enttäuscht werden.“
Um die Ecke, in der Zimmerstraße, im Verkaufsladen des „Trabi-Museums“, steht an der Tür ein Schild: „Fotografieren ist nicht gestattet!“, auf Deutsch und in den drei Alliierten-Sprachen. Es ist eine Kopie eines authentischen Ausstellungsstücks, das im Mauermuseum im Schaufenster steht. Ein Witz? Die Verkäuferin sagt: „Nein, kein Witz.“
Ein paar Meter weiter, einer der Mützenhändler. 35 Euro kosten die Webpelzmodelle mit Sowjetstern vorne drauf. Die DDR-Uniform-Schirmmützen kosten 25. „Alles original“, sagt er. Echt?, auch die vom Ministerium für Staatssicherheit, mit dem gleichlautenden Schriftzug vorne drauf? Die hat es so nie gegeben damals. „Alles original.“ Sein Beweis: Im Mützeninneren sind die Buchstaben D, D und R aufgedruckt.
„The last Kremlin flag – Die letzte Kremlfahne“, angepriesen und aufgehängt an der Mauermuseums-Fassade. Leuchtend rot, strahlend gelb der Hammer, die Sichel, der Sowjetstern. Moment mal, war die nicht mal blasser, vor einigen Jahren, und zerrissen? Anruf bei der Museumschefin Alexandra Hildebrandt. Ja, die Fahne sei nicht echt, es wäre ja schade drum. Ein Original habe man im Safe, draußen hänge eine Kopie.
Draußen zeigt sich kurz die Sonne am Himmel, die Foto-Soldaten ziehen ihre Uniformjacken aus. Im Mauermuseum sind sie entsetzt über die dort nicht enden wollende Präsentation tatsächlich authentischer Fluchtautos, Fluchtheißluftballons und all der anderen Utensilien, mit denen Menschen in die Freiheit gelangen wollten.
Nennen Sie mich den „Namenlosen vom Checkpoint Charlie“
Berlin-Besucher auf Mietfahrrädern passieren den Platz. Gruppenweise. Einige haben sich offenbar vorgenommen, hier, in dieser Stadt und an dieser Stelle diese Art der Fortbewegung zu erlernen. Zweimal an diesem Tag misslingt es ihnen, die Räder an einer Hauswand anzulehnen. Ein Regenschauer geht nieder.
So vergeht der Nachmittag an diesem Ort, einschließlich eines weiteren Höhepunktes. Eine Reisegruppe kommt angerollt, ein halbes Dutzend Um-die-50-Jährige auf Segways, diesen einachsigen Elektromotor-Gefährten zum Draufstellen. Die Reiseführerin fährt auf dem Fahrrad vorneweg, stoppt: „Das ist ein nicht sehr lustiger Punkt“, sagt sie. „Das war der Checkpoint Charlie, der Übergangspunkt für die Diplomaten und…“ Ein Auto dröhnt vorbei, sie unterbricht. „Hier ist Halligalli“, sagt sie dann, „die Lautstärke nervt. Wenn man das eine Million Mal am Tag hat…“ Das nächste Auto, ein Porsche-Cayenne-Geländewagen, extralaut, sie unterbricht wieder. Einer aus der Gruppe ruft dem Wagen hinterher: „Schajenn S! Schajenn S!“, anschließend entwickelt sich eine Diskussion über kräftig motorisierte Autos. „Da können wir jetzt ja weiter“, sagt die Reiseführerin, „zum Gendarmenmarkt. Und also, wie gesagt: Für lange Strecken ist ein Auto sinnvoll.“
Und plötzlich ist es Abend. 21 Uhr, und der Checkpoint Charlie ist so menschenleer wie am frühen Morgen. Sechs Taxis warten am Straßenrand vergeblich auf Kundschaft. Das hinterste in der Reihe ist mit einer Reklamefolie versehen. „Uber - Jetzt herunterladen“. Genauso gut könnte ein Buchhändler sich ein Amazon-Plakat ins Schaufenster hängen.
Direkt daneben hat sich ein Mann im Lotussitz auf den Gehweg gesetzt. Vor den Augen ein Buch, vor den Füßen ein leerer Tchibo-Pappbecher, und davor wiederum so eine Art Abflussgitter im Pflaster, in dem üblicherweise Regenwasser und andere Flüssigkeiten verschwinden sollen. Im Abflussgitter verschwindet derzeit aber gar nichts, stattdessen verströmt es einen schmierigen Geruch, sauer, ranzig, der die ganze Straße erfüllt.
Nennen Sie mich den „Namenlosen vom Checkpoint Charlie“, sagt der Mann. Was er hier zu finden hoffe? „Na was wohl“, sagt der Mann, er weist auf den Becher. „Und Gott.“
42 Jahre sei er alt, sagt er, er sei Harzer, und gelegentlich müsse er das hier machen. Das Buch, das er liest, hat Johannes vom Kreuz geschrieben, ein Heiliger. Es heißt „Die dunkle Nacht“. Genau die bricht jetzt an. Es ist kurz vor zehn.
Nachts am ehemaligen Übergang
Die leergetrunkene „Berliner Luft“-Flasche steht plötzlich auf einem der Fensterbretter des Kontrollhäuschens.
Kurz vor Mitternacht, es ist noch angenehm warm. Der Namenlose ist verschwunden, und die wenigen Menschen, die nun hier entlanggehen, tun dies schlendernd.
Gegen ein Uhr ist es still. Ein leichter Wind bringt Geräusche mit, die ihre Quelle weit entfernt haben müssen. Irgendwo bellt ein Hund. Irgendwo lacht jemand.
Eine Stunde später, drei Männer mit Schlafsäcken schlagen ihr Lager an der Panorama-Tonne auf. Sie sind jung und schlecht gelaunt, Konrad mit K ist nicht unter ihnen.
Ein verloren gegangener Engländer, angeschickert, fragt nach dem Weg zur nahen Charlottenstraße. Eine junge Frau, auch auf dem Weg ins Bett, macht ein Handyfoto von der falschen Kremlfahne.
So fast ohne Menschen wirkt der Checkpoint Charlie wie eine Insel. Man spürt, in der weiten Stadt muss sich auch jetzt Leben abspielen. Doch die Häuser am Platz wirken wie Bollwerke, wie Mauern, die es von hier fernhalten sollen. Als eine Taube vor den Füßen der drei Männer in den Schlafsäcken landet, ist es fünf Uhr und längst wieder hell. Axel Karg schließt die Tür des Zeitungsladens auf.
Eine Stunde später kaufen ihm die ersten Büroarbeiter die ersten Zigaretten des Tages ab. Die drei Schlafenden wachen auf und packen.
Und gegen sieben, 25 Stunden später, und 25 Jahre nachdem die Grenze am Checkpoint Charlie aufhörte, eine Grenze zu sein - und deutlich früher als am Morgen zuvor - weht zum ersten Mal an diesem Tag ein feiner, vertrauter Duft über das Pflaster.