"Winterwelt" am Potsdamer Platz: Besinnlichkeit zwischen Betonpollern
In Berlin werden besondere Sicherheitsmaßnahmen zum Start der Winter-und Weihnachtsmärkte aufgefahren. Vor Lkw-Anschlägen schützen die nur bedingt.
Anfang November, Nieselregen bei zehn Grad Celsius und zwischen kühlen Häuserfronten. Ab diesem Freitag wandelt sich der Potsdamer Platz wie jedes Jahr zu einer pseudo-alpenländischen Enklave. Die „Winterwelt“ wird um 16.30 Uhr eröffnet: mit Rodelstrecke, Eislaufbahn, Après-Ski – und tonnenschweren Pollern. 40 bis 50 der Betonbarrieren sperren den Platz von den umgebenden Straßen ab, teilweise stehen sie sogar in zwei Reihen hintereinander. Auftakt der Winter- und Weihnachtsmarktsaison im Jahr nach dem Terroranschlag mit einem Lkw auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz.
"Einen letzten Schutz gibt es nicht"
Arnold Bergmann, Veranstalter der „Winterwelt“, ließ die Barrieren zur Sicherung des Wintermarkts aufstellen, eine Auflage der Berliner Polizei, wie er sagt. Auch das Sicherheitspersonal am Markt habe er aufgestockt, seine Mitarbeiter an den Ständen informierte er über mögliche Gefahren. Für Bergman ist der Schutz der Veranstaltung ausreichend, auch angesichts des jüngsten Anschlags in Manhattan, bei dem acht Menschen mit einem Kleintransporter getötet wurden: „Ich fühle mich so sicher, wie man sich nur fühlen kann. Einen letzten Schutz gibt es nicht“, sagt Bergmann.
Der stellvertretende Polizeisprecher Thomas Neuendorf betont, Barrieren aus Beton seien nur ein Schutz gegen eine mögliche Form eines Anschlags. Das Sicherheitskonzept der Berliner Polizei soll die Märkte – die ersten offiziellen Weihnachtsmärkte nach der Winterwelt starten am 24. und 27. November – daher umfassend vor ganz unterschiedlichen Gefahren schützen. Wie genau dieses Konzept jedoch aussieht, konnte die Polizei bisher nicht erläutern. Sicherlich würden auch mobile Betonpoller als Schutz eingesetzt, ob und wo müsse jedoch im Einzelfall entschieden werden.
Die Wirksamkeit von mobilen Betonbarrieren sei allerdings eingeschränkt, so der Polizeisprecher.
Betonklötze können LKW schwerlich aufhalten
Ein Test der Polizei in Zusammenarbeit mit der Dekra und dem MDR im April dieses Jahres zeigte, dass sich bis zweieinhalb Tonnen schwere Betonklötze, wie sie oft zum Schutz von öffentlichen Plätzen zum Einsatz kommen, kaum dazu eignen, einen Lkw zum Stehen zu bringen.
Marcus Gärtner von der Dekra nannte die Ergebnisse „ernüchternd“. Der zehn Tonnen schwere Lkw konnte bei einer Geschwindigkeit von rund 50 km/h die Betonsteine einfach zur Seite schieben. Einzig im Boden verankerte Barrieren wären standhaft genug, um ein schweres Fahrzeug abzuhalten.
Dennoch die „richtige Maßnahme“
Der innenpolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, Frank Zimmermann, hält Betonbarrieren an öffentlichen Plätzen dennoch für die „richtige Maßnahme“. Die optische Sicherung der Märkte diene dazu, eine Tat so zu erschweren, dass letztlich von ihr abgesehen werde. Damit füge sich diese Schutzmaßnahme in das Gesamtkonzept der rot-rot-grünen Koalition zur Sicherheit in Berlin ein. Hakan Tas, sicherheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion, fügte hinzu, dass Barrieren immer nur Teil eines Sicherheitskonzepts sein können.
Auch Burkard Dregger, innenpolitischer Experte der CDU-Fraktion hält Betonbarrieren an ausgewählten Stellen für sinnvoll. „Allerdings sind die am Breitscheidplatz aufgestellten Barrieren erkennbar zu schwach, um schwer beladene Lkws aufzuhalten“, sagt Dregger und fordert stattdessen fest verankerte Hindernisse. „Barrieren allein zur Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls ohne Erhöhung des objektiven Schutzes halte ich für schädlich, weil sie den Bürgern ein objektiv nicht gerechtfertigtes Sicherheitsgefühl vermitteln.“
Auch Polizeipräsident Klaus Kandt hält fest verankerte Poller für einen wichtigen Bestandteil der Terrorprävention in Berlin, wie er Mitte Oktober bei einer Gesprächsrunde mit Botschaftern aus Berlin sagte. Dort sprach er sich für bauliche Maßnahmen an allen vielbesuchten öffentlich Plätzen in Berlin aus.