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Umwidmung. Im Verlauf der Flüchtlingskrise wurden mehrere Berliner Hotels zu Notunterkünften umfunktioniert.
© imago/Sabeth Stickforth

Tourismus in der Hauptstadt: Berlins Touri-Zahlen durch Flüchtlinge verzerrt?

Ein Verband befürchtet, dass Flüchtlinge die Statistik über den Berliner Tourismus verzerren – weil sie mangels Unterkünften auch in Hotels untergebracht werden.

Seit Jahren eilt Berlin von einem Tourismusrekord zum nächsten. So gab es mehr als 31 Millionen Übernachtungen 2017, was nochmals eine leichte Steigerung im Vergleich zum Rekordvorjahr 2016 bedeutet. „Die Anziehungskraft von Berlin als internationale Metropole ist ungebrochen“, sagte damals der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und freute sich, „dass so viele Menschen zu uns kommen wollen“.

Doch sind wirklich alle Berlin-Besucher freiwillig und als Touristen hier? Das bezweifelt jedenfalls Hendrik Frobel, Vorsitzender des Interessenverbands der touristischen Attraktionen Berlins (Intoura): „Wir haben den Verdacht, dass da die Flüchtlinge mit reingerechnet sind, die infolge des Mangels an Unterkünften auch in Hotels untergebracht wurden.“

Beim Amt für Statistik weiß man nicht, wie viele Betten mit Flüchtlingen belegt sind

Denkbar ist das: So bestätigte dem Tagesspiegel ein Hotelier, der anonym bleiben möchte, dass sein Haus bei der monatlichen Meldung der Übernachtungen nicht zwischen normalen Gästen und Flüchtlingen unterschieden habe. Und da man beim Amt für Statistik Berlin-Brandenburg vom Senat keine Zahlen über die für Flüchtlinge gebuchten Betten bekommt, besteht die Gefahr, dass die Übernachtungszahl geschönt ist. Auch der Hauptgeschäftsführer des Berliner Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Thomas Lengfelder, kann sich vorstellen, dass falsche Zahlen kursieren: „Es kann gut sein, dass Hoteliers die Flüchtlinge nicht rausrechnen.“

"Unplausible Daten würden auffallen"

„Von dem Verdacht hören wir zum ersten Mal“, sagt Tobias Hannemann von der Statistikbehörde. Doch die Gefahr, dass die Zahlen deutlich verfälscht sind, hält er für eher theoretisch. Denn die Statistiker hätten die Hotels schriftlich und telefonisch informiert, dass geflüchtete Menschen nicht mitgezählt werden dürfen. Außerdem, da ist sich Hannemann sicher, würden unplausible Daten auffallen. „Die Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen wäre so hoch, dass wir das bemerken müssten.“

Folglich wiegelt auch der Senat ab. In einem Schreiben an Intoura-Vorstand Frobel heißt es, dass das Amt für Statistik auf Nachfrage mitgeteilt habe, „dass Übernachtungen von Flüchtlingen in Hotels oder anderen Beherbergungsbetrieben 2015, 2016 und 2017 keine Berücksichtigung in der statistischen Erfassung fanden“.

Jan-Philipp Hein

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