Zu wenig Bürgerbeteiligung: Berlins SPD-Fraktionschef warnt vor Aktionismus bei Pop-up-Radwegen
Raed Saleh fehlt die Bürgerbeteiligung beim Bau temporärer Radwege. Zugleich verspricht er: „Wir werden eine Neuverteilung des öffentlichen Raums hinbekommen.“
Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh warnt vor Aktionismus und Alleingängen bei der Schaffung sogenannter Pop-up-Radwege. Etliche Projekte funktionierten gut und machten durchaus Sinn, weil sie für mehr Sicherheit sorgten, sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur.
An anderen Stellen, etwa in der Kantstraße in Charlottenburg, würden sie von Anwohnern, Rad-, Bus- und Autofahrern abgelehnt, weil sie sogar gefährlich seien. Eine Beteiligung der Bürger habe es bei vielen Projekten nicht gegeben.
„Wir haben uns im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag aber mehr Bürgerbeteiligung auf die Fahne geschrieben“, so Saleh. „Ich erwarte also bei allen Projekten eine Einbindung der Anwohnerinnen und Anwohner und natürlich auch der Verkehrsbetriebe BVG.“ Zudem müsse die Sinnhaftigkeit neuer Pop-up-Radwege geprüft werden. Motto der Bezirke und der Verkehrsverwaltung dürfe nicht sein: „Wir ziehen Dinge durch, nur weil wir es können.“
Im Zuge der Coronakrise haben etliche Bezirke mit Unterstützung der Verkehrsverwaltung sehr schnell provisorische Radwege geschaffen, damit Radfahrer mehr Raum und Abstand haben.
Erklärtes Ziel auch von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) ist es, viele dieser Provisorien auszubauen und so zu Dauerlösungen zu machen. Inzwischen gibt es 22 dieser Radwege mit einer Länge von 24 Kilometern. Weitere sind schon fest geplant.
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Saleh: Was nicht funktioniert, muss rückgängig gemacht werden
Nach Angaben der Verkehrsverwaltung reicht das Budget in diesem Jahr für 50 bis 60 Kilometer dieser Radwege. Nur drei Bezirke haben bisher keinen Pop-up-Radweg beantragt: Spandau, Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf - in allen dreien verantwortet die CDU das Verkehrsressort.
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„Ich bin kein Gegner von Pop-up-Radwegen, ganz im Gegenteil“, sagte Saleh, der selbst aus Spandau stammt. „Das kann ein guter Weg sein. Wo es funktioniert und wo es Sinn macht, soll es gemeinsam mit den Bürgern umgesetzt werden.“ Aber es mache eben nicht überall Sinn. „Wenn man merkt nach Gesprächen mit Anwohnern, Bus- oder Radfahrern, es funktioniert nicht, dann muss man das auch rückgängig machen“, so Saleh.
„Wir werden eine Neuverteilung des öffentlichen Raums hinbekommen. Moderne Städte gehen diesen Weg“, unterstrich er. „Aber wir sollten dabei nicht mit dem Kopf durch die Wand gehen. Man muss Bürgerbeteiligung auch ernst nehmen.“ (Tsp, dpa)