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Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop.
© Britta Pedersen/dpa

„Nützliche Idioten der Linkspartei“: Berliner Wirtschaft ist sauer auf die Wirtschaftssenatorin

Weil sich ihre Partei dem Volksbegehren für Enteignung angeschlossen hat, steht Berlins Wirtschaftssenatorin in der Kritik. Rücktrittsforderungen werden laut.

Das Verhältnis zwischen der Berliner Wirtschaft und Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop ist zerrüttet. Pops Partei hatte auf einem Parteitag am Mittwochabend einstimmig beschlossen, das Volksbegehren zur Enteignung von Immobilienkonzern zu unterstützen.

Udo Marin, Geschäftsführer des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) zeigte sich am Donnerstag „entsetzt“ über den Beschluss der Partei, denn bei der Enteignungskampagne handele es sich um einen „Anschlag auf die Freiheit“, sagte er dem Tagesspiegel. „Die Grünen machen sich damit zum nützlichen Idioten der Linkspartei“, sagt er im Hinblick darauf, dass die Sozialisten seit Monaten eine Enteignung von privaten Immobilienkonzernen fordern.

Pikant: Der Antrag war nicht nur vom Landesvorstand und den Fraktionschefs der Partei eingebracht worden, sondern auch von Wirtschaftssenatorin Pop selbst.

In Pop sieht Verbandschef Marin daher eine Fehlbesetzung für ihr Amt: „Die Wirtschaftssenatorin hat sich damit vollkommen disqualifiziert. Sie wird es künftig sehr schwer haben, einen vertrauensvollen Umgang mit den Unternehmern der Stadt zu unterhalten.“ Denn: „Wie will sie ihrer Aufgabe als Senatorin gerecht werden und Investoren und Unternehmer von der Stadt überzeugen, wenn sie sich für Enteignung stark macht?“

"Ein fatales Signal"

Kritik kam auch von den anderen beiden Spitzenverbänden der Berliner Wirtschaft. Der Beschluss der Grünen sei ein "fatales Signal" für die wirtschaftliche Zukunft der Stadt, warnte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) dem Tagesspiegel. "Wir befürchten einen massiven Vertrauensschaden." Private Initiative und privates Unternehmertum seien die Grundlagen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung, Wohlstand und neue Arbeitsplätze. "Dazu braucht es ein positives Investitionsklima. Es gehört zu den Kernaufgaben der Wirtschaftssenatorin, Investoren vom Standort Berlin zu überzeugen."

Der Senat müsse daher nun prüfen, ob die Ziele des Volksbegehrens überhaupt verfassungsgemäß sind, sagte Amsinck. "Auf diese Weise wird diese unselige Debatte hoffentlich so schnell wie möglich beendet."

Auch Beatrice Kramm, Präsidentin der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), warnte vor den Konsequenzen der Entscheidung: "Die soziale Markwirtschaft ist Fundament und Grundpfeiler für wirtschaftlichen Erfolg - auch in Berlin. Das sollte bedenken, wer durch Unterstützungsadressen für Enteigner diese Grundlage in Frage stellt."

Wirtschaftssenatorin verteidigt sich

Und Ramona Pop? Die verteidigte den Vorstoß ihrer Partei: „Unsere soziale Marktwirtschaft beruht auf dem Schutz des Eigentums - aber eben auch auf der Sozialpflichtigkeit des Eigentums", sagte sie dem Tagesspiegel am Donnerstag. "Wer fordert, dass Eigentum auch der Allgemeinheit dienen muss, unterwandert nicht die soziale Marktwirtschaft, sondern steht mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes. Wenn jedoch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums derartig eklatant verletzt wird, ist die öffentliche Hand aufgefordert zu handeln."

Es sei an der Zeit mit der Initiative und den Wohnungsunternehmen in den Dialog zu treten, um schnelle Lösungen für die Mieterinnen und Mieter im Sinne eines Wohngemeinnützigkeitsgesetzes in Berlin zu finden. "Damit müssen die Ziele des Mieterschutzes erreicht werden, wie auch Spekulationen eingedämmt werden.“

Die Opposition forderte derweil den Rücktritt der Senatorin. "Eine Wirtschaftssenatorin, die den wichtigsten Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft den Rücken kehrt, ist in ihrem Amt nicht länger tragbar", sagte Burkard Dregger, Fraktionschef der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus. Er bezeichnete die beiden Grünen als "rückwärtsgewandte Ewiggestrige" und forderte Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller dazu auf, diese "unverzüglich zu entlassen".

Christian Gräff, der wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, erklärte, die Unterstützung des Volksbegehrens zur Enteignung großer Immobilienkonzerne wie der Deutsche Wohnen sorge "für erhebliche Irritationen in der Wirtschaft und bei den meisten Berlinern". Pop stelle damit die soziale Marktwirtschaft in Frage und nannte sie eine "Fehlbesetzung."

- In einer früheren Version des Artikels hieß es, Ramona Pop gehöre dem Landesvorstand der Grünen an. Das ist nicht der Fall.

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