Berliner Flughafen BER: BERliner Sorgenkind
Parlamente in Berlin und Potsdam sind empört wegen der Verspätung. Und die Bundesregierung ist besorgt. Angeblich reicht das Geld.
Selbst die Bundesregierung ist sauer. "Dass dieses keine für Berlin oder Deutschland besonders schöne Situation ist, mit der wir große Werbung für uns machen, ist, glaube ich, jedem klar", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Er meinte damit die neuen Probleme am Flughafen BER, die zu einer weiteren Verschiebung des Eröffnungstermins führen. Die Lage ist ernst. Und deshalb drängt die Opposition im Abgeordnetenhaus darauf, dass sich das Berliner Parlament am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde mit dem Airport befasst.
Der ehemalige Koalitionspartner CDU nimmt den neuen Ärger um BER zum Anlass, dem Regierenden Bürgermeister und Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) "Führungs- und Kommunikationsversagen" vorzuwerfen. Er agiere "mutlos, kraftlos und völlig planlos", kritisierte der CDU-Generalsekretär Stefan Evers. Und im Gegensatz zu Müller habe der brandenburgische Staatssekretär Rainer Bretschneider am Montag betont, dass er sich vom BER-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld gut informiert fühle.
Die Verzögerung der Eröffnung soll im Budget eingeplant sein
Dagegen hatte sich Müller über die aktuellen Probleme um Türen und Sprinkleranlage am Wochenende überrascht gezeigt. Flughafenchef Mühlenfeld hielt am Montag im BER-Sonderausschuss des brandenburgischen Landtags gegen: Der Aufsichtsrat sei über das Türenproblem 2016 regelmäßig und über das Risiko für den Terminplan am 2. Dezember 2016 informiert worden. "Ich fühle mich nicht hinters Licht geführt", sagte der Brandenburger Staatssekretär Bretschneider, der BER-Vizeaufsichtsratschef ist, und bestätigte damit den Eindruck der Berliner CDU. Müller müsse erklären, seit wann er von den neuen Problemen gewusst habe, forderte Evers. Die AfD im Abgeordnetenhaus sprach von "Lügen und Verschleierungsversuchen" und auch die FDP verlangt von Müller, dass er im Parlament Rede und Antwort steht.
Die Regierungsfraktionen SPD, Linke und Grüne ließen am Montag offen, ob sie eine Aktuelle Stunde zum Thema BER zulassen. In jedem Fall soll sich der Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses in seiner nächsten Sitzung mit den Bauproblemen am Flughafen befassen. Dort soll Müller einvernommen werden. Nach Brandenburg reisen wollte der Regierende am Montag aber nicht. Er lehnte die Einladung zum Sonderausschusses des Landtags dankend ab. Es erscheine "wenig sachdienlich, Regierungsvertreter eines anderen Bundeslandes um Berichterstattung in einem Ausschuss des Landes Brandenburg zu bitten", heißt es in dem Absagebrief aus der Feder von Flughafenstaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup. Es sei eine "sehr gute Arbeitsteilung" zwischen den Vertretern Berlins, Brandenburgs und des Bundes, "in ihren jeweiligen parlamentarischen Gremien für Fragen zur Verfügung zu stehen". Er bitte um Verständnis für "diese grundsätzliche Haltung".
Ein solches Verständnis gab es in Brandenburg nicht, dafür Kritik an Müller. So sahen CDU und Grüne im Landtag das jüngste Desaster als Beleg, dass er als Aufsichtsratschef überfordert ist. "Man muss fragen, ob er fähig und in der Lage ist, die Position zu bekleiden", sagte etwa der CDU-Abgeordnete Rainer Genilke. "Das Problem liegt nicht beim Geschäftsführer, sondern beim Aufsichtsratsvorsitzenden", erklärte Grünen-Fraktionschef Vogel. Niemand im Saal widersprach. Vogel erinnerte daran, dass Brandenburgs Regierungschef und die Landesminister auf Empfehlung des Rechnungshofs nicht mehr im BER-Aufsichtsrat vertreten sind. "Man sollte die Zeit haben, die man für die Begleitung eines solchen Projektes benötigt", sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke dazu. "Ich rede für die Brandenburger Seite. Das muss jeder Gesellschafter selbst entscheiden." Er lässt sich wöchentlich intern über BER informieren.
In Berlin bleibt die Lage unübersichtlich. Zwar wird der Senat am Dienstag die Ausnahmegenehmigung für Müller für dessen Nebentätigkeit als BER-Aufsichtsratschef erneuern, aber Linke und Grüne haben sich immer noch nicht festgelegt, ob sie dort mit Senatsmitgliedern vertreten sein wollen. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop hält wenig von dieser Lösung, die Linken halten sich bedeckt. Bis zur Aufsichtsratssitzung Anfang Februar muss die Personalfrage gelöst werden.
Der nächste Eröffnungstermin muss sicher sein
Jeder Tag, den der BER nicht eröffnet, kostet rund eine Million Euro. Im Potsdamer Sonderausschuss legten sich die Verantwortlichen darauf fest, dass trotzdem keine neuen Finanzspritzen für den Flughafen nötig werden. Die Flughafengesellschaft kalkuliert zwar eine einjährige Verzögerung mit rund 400 Millionen Euro. Trotz des Rückschlages sei "der finanzielle Rahmen ausreichend", sagte Woidke. Bretschneider betonte: "Wir sind der Auffassung, dass die Mehrkosten im Puffer drin sind." Bislang war davon die Rede, dass nur eine sechsmonatige Verzögerung als Risikopuffer eingerechnet war. Selbst auf einen BER-Starttermin wird man warten müssen. Der nächste müsse absolut sicher sein, sagte Woidke.