Trotz Kritik und Datenschutz-Bedenken: Berliner Senat will Luca-App flächendeckend fördern
Die Beschaffung der Kontaktnachverfolgungs-App Luca stieß in Berlin auf Kritik, Datenschützer äußerten Bedenken. Der Senat verteidigt die Anwendung.
Die Gesundheitsverwaltung hat ihr Vorgehen beim Erwerb von Lizenzen der zur elektronischen Kontaktnachverfolgung entwickelten Luca-App verteidigt. „Die Kooperation mit culture4life zur Anbindung der Berliner Gesundheitsämter an das Luca-System hatte und hat nicht das Ziel, andere, vergleichbare digitale Angebote zur Kontaktnachverfolgung in Berlin auszuschließen“, erklärte Gesundheits-Staatssekretär Martin Matz auf eine schriftliche Anfrage des FDP-Digitalexperten Bernd Schlömer, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.
Matz zufolge hatte die Ministerpräsidentenkonferenz ein System zur Kontaktnachverfolgung in elektronischer Form „dringlich vergeben“. Im Vorfeld habe es eine Markterkundung sowie ein „Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb“ gegeben, erklärte Matz und verwies auf Leitlinien der Europäischen Kommission zur Vergabe öffentlicher Aufträge in der pandemiebedingten Notsituation.
„Auch wenn das Luca-System derzeit als die effektivste aller Alternativen angesehen wird, soll zukünftig allen Marktteilnehmern eine Perspektive und Bürgerinnen und Bürgern eine Wahl gegeben werden“, schrieb Matz. Die jährlichen Kosten für Lizenz- und Wartungskosten bezifferte er auf 888.000 Euro.
Zunächst hatte der Senat den am 22. März unterzeichneten Kooperationsvertrag mit der unter anderem von Rap-Musiker Michael Bernd Schmidt – besser bekannt als Smudo – gegründeten Entwicklungsfirma auf ein Jahr befristet. Anschaffung, Inbetriebnahme und Wartung der Software kosten das Land Berlin im ersten Jahr 1,17 Millionen Euro.
Kritik am Vertragsabschluss hatte es aus zwei Gründen gegeben: Erstens wirkte er wie ein Schnellschuss, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte ihn mit den Worten kommentiert: „Ich habe die Verträge unterschrieben, ohne dass ich Smudo kennengelernt hätte oder mich mit den technischen Details auskenne.“ Zweitens gibt es Kritik von Datenschützern und Digitalexperten, darunter dem Chaos Computer Club.
Auch aus den Koalitionsfraktionen kam Kritik an der App
Am vergangenen Montag fand im Berliner Abgeordnetenhaus eine Anhörung zur Luca-App statt. Dabei kritisierten auch Mitglieder der Koalitionsfraktionen den ihrer Ansicht nach überstützten Erwerb der Luca-Lizenz.
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Als „ein Problem“ bezeichnete es Sebastian Schlüsselburg (Linke), dass Luca trotz datenschutzrechtlicher Bedenken an die zwölf Gesundheitsämter der Bezirke angeschlossen worden sei. Von den Entwicklern der App als ungerechtfertigt zurückgewiesene Kritik hatte zuvor bereits die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk geübt. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass die bestehenden Probleme bis zum Sommer gelöst sein könnten.
Schlömer kritisierte die „generell fragwürdige Beschaffungspraxis des Senats im Zusammenhang mit dem LucaSystem“ und erklärte, auch nach der Anhörung sei „völlig unklar, was die Gesundheitsverwaltung eigentlich mit der Luca-Kooperation mittelfristig erreichen möchte und wozu sie das System nutzen wird.“
Matz wiederum kündigte in seiner Antwort an, das Land Berlin werde „bei Bedarf weitere Maßnahmen ergreifen, um den flächendeckenden Einsatz des Systems im Land Berlin zu fördern.“