Check-In-Funktion und Impfzertifikat: Die Corona-Warn-App wird aufgerüstet
Schnelltest-Ergebnisse, Impfnachweis und Check-In-Funktion: Die Corona-Warn-App wird massiv aufgemöbelt. Ein Überblick.
Vielen galt sie schon als gescheitert, doch trotz vieler Unkenrufe wird die Corona-Warn-App intensiv genutzt. Mehr als 27 Millionen Mal wurde sie heruntergeladen, allein in den vergangenen vier Wochen haben 79.000 Nutzerinnen und Nutzer ihre Kontakte über ein positives Testergebnis gewarnt.
Von der Bundesregierung gibt es nun auch erstmals Zahlen zur tatsächlichen Gesamtnutzung: Denn eine Befragung der Nutzerinnen und Nutzer hat ergeben, dass eine Positivmeldung im Schnitt zur Warnung von sechs Personen führt. 80 Prozent der Menschen, die eine rote Warnmeldung erhalten, ließen sich daraufhin testen, bei sieben Prozent war das Ergebnis positiv. Rechnet man das hoch, wurden durch die App 2,5 Millionen Menschen gewarnt und etwa 140.000 Coronainfektionen erkannt.
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Nun soll sie im Kampf gegen die Pandemie noch einmal kräftig aufgerüstet werden und in den kommenden Wochen zu einer Art Multifunktions-App in der Pandemiebekämpfung ausgebaut werden. So sollen demnächst auch Ergebnisse von Schnelltests an die App übertragen werden und künftig auch ein digitales Impfzertifikat in der App angezeigt werden können, das Auskunft darüber gibt, ob der oder die Nutzer:in einen vollständigen Impfschutz hat.
„Wir wollen die Ergebnisse von Schnelltests zeitnah integrieren“, heißt es von der Regierung. Ergebnisse sollen dann nicht nur wie bisher per Mail, sondern auch in der App angezeigt werden können. Zudem können im Fall eines positiven Ergebnisses potenzielle Kontakte direkt gewarnt werden – mit dem Hinweis, dass sich die Meldung auf ein Schnelltestergebnis bezieht. Mit 80 Anbietern von Tests sind die Entwickler dazu im Gespräch, um deren bestehenden Lösungen anzubinden.
Check-In-Funktion kommt
Schon weiter ist dagegen eine Check-In-Funktion, die ab dem heutigen Mittwoch mit einem Update der App aktiviert wird. Die Version 2.0 der App soll in den kommenden 48 Stunden schrittweise allen Nutzern zur Verfügung stehen. Damit kann dann ein QR-Code gescannt werden, bevor man sich für eine bestimmte Zeit in geschlossenen Räumen wie Geschäften, Restaurants oder Kirchen aufhält. „Dass Problem ist, dass der Algorithmus in Innenräumen nicht richtig funktioniert“, erklären die Entwickler.
Denn die App registriert bisher nur Menschen, die sich für längere Zeit im Abstand von zwei Metern befunden haben, als Risikokontakte. Doch wenn sich Personen länger in geschlossenen Räumen aufhalten, verbreiten sich die Aerosole auch über größere Distanzen.
Solche Clustersituationen sollen künftig erkannt werden. Meldet ein Mensch eine Infektion in der App, erhalten alle die sich zur gleichen Zeit für mehr als 10 Minuten am gleichen Ort eingecheckt haben eine rote Warnung. So können also auch Menschen gewarnt werden, die sich in größerem Abstand im selben Raum befunden haben und daher bislang über die CWA nicht gewarnt worden wären.
Werden damit andere Check-In-Apps wie Luca, die an immer mehr Orten zur Registrierung genutzt werden überflüssig? Nein. Denn Luca & Co. ersetzen die bislang nötigen Papierlisten. Die Gesundheitsämter bekommen damit die tatsächlichen Daten der Besucher, um sie im Bedarfsfall persönlich kontaktieren zu können.
Das ist bei der Corona-Warn-App nicht möglich, da die Kontakte weiter nur anonymisiert aufgezeichnet werden. Alles andere lassen auch die Vorgaben von Apple und Google nicht zu. In Großbritannien haben die Tech-Konzerne daher gerade auch eine neue Version der dortigen Warn-App blockiert, bei der Nutzer ihre besuchten Orte auf einen Server hochladen können sollten. Mit der deutschen Variante soll es diese Probleme nicht geben.
QR-Codes sollen bald doppelt gescannt werden
Die Bundesregierung sieht die Funktion als Ergänzung zu anderen Check-In-Lösungen. Der mögliche Vorteil liegt darin, dass Warnungen Risikokontakte schneller erreichen, als die Anrufe der Gesundheitsämter, die auch bei den digitalisierten Listen mit dem Hinterhertelefonieren oft überlastet sind. Dafür müssen jedoch möglichst viele Nutzerinnen und Nutzer auch mit der Corona-App einchecken und künftig also doppelt QR-Codes scannen.
An Geschäften oder bei Veranstaltungen soll dafür nur ein Code hängen, der in den verschiedenen Apps funktioniert. Gespräche dazu gab es zwischen den Warn-App-Entwicklern und Luca bereits. Allerdings sollen die Codes für die Warn-Apps an bestimmten Orten nach gewissen Zeiträumen wechseln. So sollen Szenarien eingeschränkt werden, wie das bei dem der Satiriker Jan Böhmermann den QR-Code vom Osnabrücker Zoo verbreitete und Menschen zum virtuellen Besuch per Luca-App animierte, die sich ganz woanders befanden.
Wie die regelmäßige Änderung und der Austausch der QR-Codes in der Praxis funktioniert, muss sich noch zeigen. Nutzer der Warn-App können zudem für eigene Veranstaltungen und Treffen auch selbst QR-Codes generieren.
EU-weiter Corona-Impfpass in Planung
Derzeit arbeitet zudem ein Konsortium aus mehreren Unternehmen an der Entwicklung eines digitalen Impfzertifikats, das über eine eigens entwickelte Impfpass-App abrufbar sein soll. Darüber hinaus soll dieses Zertifikat „so schnell wie möglich“ in die Corona-Warn-App implementiert werden, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Wie genau die technische Integration der persönlichen Impfdaten in der auf Anonymität basierenden Corona-Warn-App erfolge, sei noch in Planung. Klar ist jedoch, dass persönliche Daten immer nur auf dem eigenen Smartphone gespeichert werden und nicht auf den Warn-App-Servern.
Grundlage für die Anzeige eines Impfzertifikats in der CWA ist die Entwicklung eines digitalen Impfpasses. Am 21. Januar hatte der Europäische Rat beschlossen, unter dem Stichwort „Grünes Zertifikat“ einen interoperablen Impfnachweis für ganz Europa auf den Weg zu bringen. Vorrangiges Ziel ist es, einen sicheren grenzüberschreitenden Personenverkehr innerhalb der EU zu gewährleisten.
Die Mitgliedsstaaten sind dabei aufgrund der unterschiedlichen Gesundheitsdatensysteme für die jeweilige Ausgestaltung des digitalen Impfpasses zuständig. Er soll jedoch auf einheitlichen Mindestanforderungen aufbauen, die eine EU-weite Nutzung möglich machen.
In Deutschland wurde ein Unternehmenskonsortium aus den Firmen IBM, Ubirch, govdigital und Bechtle mit der Entwicklung des digitalen Impfnachweises beauftragt. Die Kosten dafür belaufen sich laut Auftrag auf 2,7 Millionen Euro. Laut BMG soll dieser digitale Impfpass zwischen Mitte Mai und Ende Juni, und damit vor der Hauptreisezeit, zur Verfügung stehen. Das Projekt ist wie die Corona-Warn-App als Open-Source-Projekt geplant.
Zertifikate werden dezentral gespeichert
Laut Projektentwickler soll der digitale Impfpass wie folgt funktionieren: Impfzentren oder Hausärzt:innen wird ein Impfzertifikationssystem zur Verfügung gestellt. Über dieses können sie, nach einer vollständig durchgeführten Impfung, ein Zertifikat in Form eines QR-Codes generieren, das der Geimpfte mit der Impfpass-App abscannen oder aber als Ausdruck mitnehmen kann. Das Zertifikat sowie Informationen über die Impfungen, etwa Zeit, Ort und Chargennummer des Impfstoffes, würden ausschließlich auf dem Handy des Nutzers gespeichert, bestätigten die Projektentwickler. Vom Tisch ist damit auch die Verwendung einer Blockchain-Technologie, die noch bei der Vergabe als technische Option angedacht war.
Auch weitere Apps könnten Zertifikat anzeigen
Über die Impfpass-App (und später auch über die Corona-Warn-App) kann dann dieses Impfzertifikat abgerufen werden und Dienstleistern, etwa Fluggesellschaften, zur Prüfung vorgelegt werden. Den Dienstleistern steht dabei ebenfalls eine gesonderte von IBM, Ubirch, govdigital und Bechtle entwickelte Prüf-App zur Verfügung. Zur Prüfung wird außerdem ein Ausweisdokument notwendig sein. Da die Anwendung Open Source sei, könne sie auch in weitere Drittapps, über die CWA hinaus, integriert werden.
Die Nutzung des Impfzertifikats ist freiwillig – auch in welcher Form es genutzt wird, mittels App, als Ausdruck oder in einer Drittapp, kann der Geimpfte frei wählen. Unberührt dabei bleibt die Eintragung im analogen (gelben) Impfausweis. Auch den geplanten digitalen Impfpass in der elektronischen Patientenakte ersetze der Corona-Impfpass nicht, bekräftigte das BMG. Man plane aber die Informationen aus dem Corona-Impfpass in den vollumfänglichen digitalen Impfpass übertragen zu können.
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