Scheeres lädt zur Klimakonferenz: Berliner Schüler im Einsatz für das Klima
Workshops, Vorträge und Vogelspinnen: Bildungssenatorin Scheeres lädt Berliner Schülerinnen und Schüler zu einer Klimakonferenz ins Planetarium.
Über Sandra Scheeres schwebt der Planet Erde. Die SPD-Senatorin für Bildung, Jugend und Familie sitzt im Zeiss-Planetarium im Prenzlauer Berg, wo normalerweise die Sterne betrachtet werden können. Am heutigen Mittwoch sitzen hunderte von Berliner Schülern und Schülerinnen im Saal und hören der Bildungssenatorin zu. Sie sind zu einer Klimakonferenz gekommen, zu der die Senatsverwaltung geladen hat. Hier halten Wissenschaftler Vorträge, es gibt Workshops und Diskussionen rund um das Thema Klima in der Schule.
„Wir dürfen nicht nachlassen beim Klimaschutz“, sagt Scheeres ihrem jungen Publikum. Sie freue sich, dass das Thema gerade in aller Munde sei – dank der Kinder und Jugendlichen. „Ich bin sehr stolz auf die junge Generation, die die Erwachsenen wachrüttelt.“ Was aber, wenn dieses Wachrütteln wie bei Fridays for Future in die Schulzeit fällt? Viele Politiker pochen auf die Einhaltung der Schulpflicht, in den Schulen selbst werden kreative Lösungen gefunden, um das verpasste Material nachzuholen.
Sie finde es gut, dass Kinder und Jugendliche sich politisch einbringen, betont Scheeres. Gleichzeitig sei sie als Bildungssenatorin an den rechtlichen Rahmen der Schulpflicht gebunden. Sie trage die Verantwortung dafür, dass Schulschwänzen nicht gestattet ist. Den Ausweg aus diesem Dilemma sieht Scheeres in der Autonomie der Schulen. Sie sollen selbst entscheiden, wie sie mit Fridays for Future umgehen. Bisher täten sie dies sehr verantwortungsvoll.
Noch viel Luft nach oben
Die Senatorin gesteht den Schülern zu, dass Demonstrationen am Sonntag wohl kaum so viel Aufmerksamkeit erregt hätten. „Es geht darum, gegen den Strom zu schwimmen“, sagt sie. Dass Schüler auch bereit seien, mit möglichen Konsequenzen zu leben zeige, wie wichtig ihnen das Thema ist. „Ich finde, ihr übernehmt für euch Verantwortung.“
Auch bei der Frage, wie sie zum Klimapaket der Bundesregierung steht, bleibt Scheeres vage. „Ich hätte mir natürlich mehr gewünscht“ sagt sie. „Aber es ist ein richtiger Schritt.“ Lieber spricht sie darüber, wie Klimaschutz an Schulen umgesetzt werden kann. Umweltbildung sei wichtig, auch schon in der frühkindlichen Bildung. Schüler sollten sich aber auch dafür einsetzen, dass die Schulen selbst klimafreundlicher werden, was etwa den Energieverbrauch betrifft. „Da ist noch viel Luft nach oben.“
Wie eine klimafreundliche Schule aussehen kann, zeigen verschiedene Vereine und Institutionen im Foyer des Planetariums. Die Hagenbeck-Schule in Weißensee hat eine lebendige Vogelspinne mitgebracht. Die Umweltschule setzt sich für biologische Vielfalt ein, sie hat einen eigenen Bauerngarten und ein Vivarium mit verschiedenen Tieren.
Fahrradfahren für den Toaster
Die Senatsverwaltung für Umwelt zeigt mit einem Fahrrad, wie viel Energie man aufbringen muss, um Strom zu erzeugen. Wie lange muss man strampeln, um etwa einen Toaster anzuschmeißen? In der Ernährungsecke lernen die Kinder, wo ihr Schulessen herkommt.
Es gibt Materialien, um Plakate für die nächste Demo zu basteln und einen Stand, an dem Verkehrszeichen per Kreise zu Klimazeichen werden. „Nichts ist so schön wie Fahrradfahren“, steht auf einem Schild. Während einige Kinder im Foyer basteln, hören anderen den Vorträgen von Wissenschaftlern im großen Saal zu.
Herzstück der Konferenz sind aber die Workshops, in denen Schüler und Schülerinnen konkrete Vorschläge erarbeiten, wie die Schule klimafreundlicher werden kann. Dazu gehören Kleidertauschparty, vegane Picknicks oder der Einsatz für klimafreundliche Klassenfahrten.
Lernen durch Engagement
„Viele haben das Gefühl, dass die Erwachsenen sowieso nichts tun“, sagt Sophie Vahldieck, die die 12. Klasse des Droste-Hülshoff-Gymnasiums in Zehlendorf besucht. Deswegen brauchen wir es, dass Schülerinnen und Schüler sich vernetzen und gemeinsame Projekte auf die Beine stellen.“ Vahldieck gehört zu dem Schüler-Team an, das die Konferenz in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung organisiert hat. Sie ist Mitglied in der Klima-AG ihrer Schule und aktiv bei Fridays for Future.
Im Veranstaltungsteam mit dabei war auch die Neuntklässlerin Samira Ghandour, die die Hagenbeck-Schule besucht. „Jeder einzelne Schüler, der hier ist, bewegt eine große Sache“, sagt Ghandour. Beide Schülerinnen rufen dazu auf, sich zu engagieren, in- und außerhalb der Schule. „Man lernt dadurch viel mehr für das Leben als im Schulalltag“, sagt Vahldieck.
Auf die Schulschwänzer-Diskussionen um Fridays for Future haben sie eine klare Antwort. „Wir schwänzen nicht, wir streiken“, betont Ghandour. „Warum soll ich mich in der Schule bilden für etwas, das ich vielleicht niemals erreichen werde?“ Stattdessen müsse jetzt etwas getan werden, damit es überhaupt eine Zukunft geben kann.
„Wir versuchen, die ältere Generation darauf aufmerksam zu machen, dass wir so nicht weiterleben wollen“, pflichtet Vahldieck ihr bei. Fridays for Future sei da ein riesiger Schritt nach vorne. Aber auch im Unterricht sollte Nachhaltigkeit noch mehr zum Thema werden.
Der nächste globale Klimastreik ist am 29. November
Für das Klimapaket der Bundesregierung können die beiden keine Begeisterung aufbringen. „Das ist viel zu schwach für die wenige Zeit, die wir noch haben“, sagt Vahldieck. Es sei nur das Billigste und Einfachste beschlossen worden. Auch Ghandour ist verständnislos. „Wenn wir die Möglichkeit haben, den Großteil des Plastiks abzuschaffen, warum machen wir das nicht jetzt?“ fragt sie. „Warum warten wir?“
Bei der Endkundgebung ruft ein Fridays for Future-Aktivist zum globalen Klimastreik am 29. November auf. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es bereits nach der Konferenz, als die Kinder sich spontan zu einer Mini-Demo vor dem Planetarium versammeln, die gerade gebastelten Plakate in der Hand.
Viele von ihnen wünschen sich, dass es nicht die letzte Veranstaltung dieser Art war. Die Unterstützung von Sandra Scheeres haben sie schonmal. Die Bildungssenatorin will sich dafür einsetzen, dass die Klimakonferenz künftig jedes Jahr stattfindet.