Fridays for Future in Berlin: Studierende bitten um Nachsicht für Schüler
Strafe muss nicht sein: Berlins Bildungssenatorin soll den Ermessensspielraum der Schulen betonen, wenn Schüler fürs Klima schwänzen. Das fordern Studierende.
Mit einem offenen Brief haben Studierende der Alice Salomon Hochschule an Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) appelliert, Schülern die Teilnahme an Fridays for Future-Demonstrationen zu erleichtern. Damit sie nicht wegen des Verstoßes gegen die Schulpflicht belangt würden, solle die Senatorin die Schulleiter über ihren Ermessensspielraum „aufklären“ und diesen Spielraum auch stärker betonen. Es solle „keine Disziplinarverfahren“ geben, wenn Schüler oder Lehrer wegen der Demos der Schule fernblieben. Auch zusätzliche Fortbildungen zum Thema nachhaltige Entwicklung gehören zu den Forderungen der Masterstudenten, die etliche Organisationen wie Greenpeace als Unterstützer auflisten.
Die nächste große Aktion von Fridays for Future in Berlin ist für den 15. März geplant. Auch in weiteren 170 deutschen Städten in Deutschland sowie in 80 Ländern wollen Schüler dann wieder auf die Straße gehen.
Die Senatorin habe „Sympathie“ für das Anliegen der Schüler, sagte Scheeres’ Sprecherin Beate Stoffers dem Tagesspiegel am Dienstag auf Anfrage. Es sei ausdrücklich das Ziel der politischen Bildung an Berliner Schulen, Schüler zu befähigen, gesellschaftliche und politische Sachverhalte nicht nur zu analysieren, „sondern sie auch zu bewerten, daraus Schlüsse für ihr praktisches Handeln zu ziehen und diese auch in die Tat umzusetzen“.
Eine Demonstrationsteilnahme entbinde nicht von der Schulpflicht, es sei aber „wichtig, sich mit den Themen pädagogisch auseinanderzusetzen“, heißt es weiter. In ähnlicher Weise hatte Scheeres sich schon zu Beginn der Demonstrationen geäußert. Wie berichtet, reagieren Schulen sehr unterschiedlich auf die Unterrichtsversäumnisse.
Stoffers wies darauf hin, dass das Thema seit 2012 "konsequent gestärkt" worden sei. Im 2017/18 in Kraft getretenen neuen Rahmenlehrplan sei erstmals „Bildung für nachhaltige Entwicklung/Lernen in globalen Zusammenhängen“ ein verpflichtendes fachübergreifendes Thema, das als schulische Querschnittsaufgabe nicht nur in den einzelnen Fächern behandelt werden, sondern auch eine wichtige Rolle bei Fragen der Schulentwicklung als Ganzes spielen sollte. Schulleitungen, Lehrkräfte und Eltern seien gefragt, sich in die Entwicklung ihrer Schule einzubringen, "aber auch und vor allem die Schülerinnen und Schüler".
Es gibt Lehrmaterial zum Thema nachhaltige Entwicklung
Außerdem seien Handreichungen für Lehrkräfte erschienen, die verschiedene praktische Unterrichtsmodelle anböten. So könne das Thema Nachhaltige Entwicklung schülernah und praxisbezogen behandelt werden.
Bei den Initiatoren des offenen Briefes handelt es sich um Studierende des Masterstudienganges "Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung (BNE) und Netzwerkmanagement" an der Alice Salomon Hochschule Berlin. Sie betonen, dass sie "das Handeln und die Forderungen der demonstrierenden Schüler für wichtig und richtig" halten, weshalb sie mit ihren Unterstützern in den vergangenen Wochen an einem offenen Brief an die Bildungssenatorin gearbeitet hätten, der dann am 6. März verschickt worden sei. Die erste große Schülerdemonstration in Berlin fand im Januar statt. Damals hatte Scheeres ausdrücklich auf den "Ermessensspielraum" von Schulen verwiesen.
Inzwischen haben sich auch Wissenschaftler an die Seite der demonstrierenden Schüler gestellt: Eine Liste mit rund 12.000 Unterschriften für die Initiative "Scientists for Future" wurde am Dienstag in Berlin übergeben. Angesprochen auf das Thema "Schwänzen" sagte der Moderator und Mediziner Eckart von Hirschhausen: „Also ganz ehrlich, Piloten oder Lokführer streiken doch auch nicht in ihrer Freizeit".
Den offenen Brief der Studierenden an die Senatorin finden Sie hier.
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