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Anis Amri tötete am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen in Berlin.
© Arne Dedert/dpa

Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz: Berliner Polizei bestätigt eigene V-Leute in Amris Umfeld

Die Polizei führte drei Informanten, die Kontakt zum Weihnachtsmarkt-Attentäter hatten. Das gab der Leiter des Landeskriminalamts im Untersuchungsausschuss zu.

Die Berliner Polizei war näher am späteren Attentäter Anis Amri dran als bisher bekannt. Drei Vertrauenspersonen des Landeskriminalamts (LKA) hatten nach dem Anschlag ausgesagt, dem Tunesier vorher begegnet zu sein. Das räumte der LKA-Leiter Christian Steiof in einer nichtöffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz im Berliner Abgeordnetenhaus ein, wie ZEIT ONLINE von mehreren Seiten bestätigt wurde. Eine dieser Vertrauenspersonen (VP) gehörte demnach zur Staatsschutzabteilung des LKA und hielt sich auch in der Fussilet-Moschee auf, in der Amri oft war.

Am 19. Dezember 2016 hatte Amri in Berlineinen Lastwagenfahrer erschossen und war mit dessen LKW in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gefahren. Dabei tötete er elf weitere Menschen und verletzte mehr als 50. Amri war der Polizei als islamistischer Gefährder bekannt. Kurz vor der Tat schätzten Ermittler ihn aber nicht mehr als besonders gefährlich ein, er galt ihnen nunmehr als gewöhnlicher Drogendealer.

Angesichts der Äußerungen von LKA-Leiter Steiof stellt sich die Frage, ob die Polizei hätte besser einschätzen können, wie gefährlich Amri war. In der vorigen Sitzung des Untersuchungsausschuss hatte Steiof jedenfalls noch ausweichend geantwortet und nur indirekt bestätigt, dass es einen V-Mann der Berliner Polizei in Amris Umfeld gab. Konkretere Informationen gab er damals nicht.

Abrechnungen laufen über LKA-Leiter

Steiof erklärte in der Sitzung vor zwei Wochen außerdem: "Wir haben seit vielen Jahren Vertrauenspersonen im Bereich Islamismusbekämpfung eingesetzt". Er selbst wisse über die Vertrauenspersonen seines LKA Bescheid, weil ihre Abrechnungen über seinen Tisch gingen. VP-Führer, die ihren V-Leuten Geld zahlen wollen, müssen dies bei Steiof beantragen und begründen. In diesen Anträgen sei unter anderen der Einsatzzweck und die -zeit vermerkt, auch Informationen dazu, ob die Quelle hilfreiche Erkenntnisse geliefert hat, nicht aber die Klarnamen.

Zu dem Zeitpunkt hatte die Berliner Morgenpost bereits über eine V-Person des LKA in Amris Umfeld berichtet. Demnach hatte die Berliner Polizei wenige Wochen nach dem Anschlag Erkenntnisse an den Innensenator über ein "Islamseminar" an der extremistischen Fussilet-Moschee geschickt, die von einer beim LKA geführten "Informationsquelle" stammten.

Vertrauenspersonen, oder auch V-Leute, sind Menschen aus der jeweiligen Szene, die von der Polizei angeworben werden. Sie sind selbst keine Polizisten, sondern werden von Polizeibeamten "geführt", denen sie dann Informationen liefern. Das LKA Berlin führt sie in zwei Kommissariaten, eines davon gehört zur Staatsschutzabteilung.

Auch der Verfassungsschutz arbeitet mit V-Leuten. Es ist bereits bekannt, dass das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz eine V-Person in Amris Umfeld hatte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte eine V-Person in der Fussilet-Moschee im Einsatz, die Amri oft besuchte. Auch das Bundeskriminalamt und das LKA Nordrhein-Westfalens hatten V-Leute in Amris Umfeld.

Dieser Text erschien zuerst auf ZEIT ONLINE.

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