Wohnungsgesellschaft: Berliner Politiker kritisieren Deutsche Wohnen
Gier, Mieterverdrängung und mangelnde Sanierungen: Der Chef des Konzerns Deutsche Wohnen stellte sich am Mittwoch in Berlin den Vorwürfen von Politikern und Mietern.
Die Deutsche Wohnen hat ein Image-Problem. Mindestens. Manche nennen Berlins größten Vermieter mit fast 100.000 Wohnungen schlankweg böse. Weil er Prozesse gegen Mieter führt, weil er den Mietspiegel infrage stellt und weil er mit Sanierungen Mieter brüskiert. Zuletzt marschierten sogar einige Dutzend Demonstranten vor der Firmenzentrale auf und skandierten: „Keine Renditen mit unseren Mieten!“
Das alles dürfte bis zu den Aktionären durchgedrungen sein. Jedenfalls fiel auf, dass die Deutsche Wohnen jüngst Medienvertreter zu Gesprächen einlud und sich sogar Chef Michael Zahn stellte, am Mittwoch sogar dem Souverän: im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses.
Vorwürfe aus der Linksfraktion
Schonung durfte Zahn nicht erwarten. Gabriele Gottwald von der Linken warf der Firma eine „gezielte Strategie zur Verdrängung von Altmietern“ vor, indem sie Kosten für Modernisierungsmaßnahmen auf diese umwälze und Einzelmieter in gerichtliche Verfahren „zwingt“, damit diese Mieten oberhalb des Mietspiegels hinnehmen.
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) warf Zahn auch die Anfechtung des Mietspiegels vor. Dabei sei die Behauptung nicht belegt, dieser sei „nicht qualifiziert“. Dem Berliner Mietspiegel lägen mehr Daten zugrunde als jedem anderen Mietspiegel in Deutschland. Trotz der Attacken habe kein Gericht bisher dessen Rechtmäßigkeit infrage gestellt. Außerdem habe der größte der drei Wohnungsverbände den neuen Mietspiegel 2017 auch anerkannt.
Zahn gab sich kämpferisch, reichte aber auch die Hand oder jedenfalls ein paar Finger: „Wir handeln nicht aus Renditegier“, die Firma müsse aber die vernachlässigten Miethäuser etwa von der gekauften, einst landeseigenen GSW sanieren. Und dabei, das räumte Zahn ein, seien Fehler geschehen. Dass Mieter etwa ohne Heizung dastanden, erklärte er auch damit, dass die Anlagen gar nicht der Deutschen Wohnen gehörten – sondern einem Dienstleister.
Dass die Deutsche Wohnen bei Ausfällen zunächst Versicherungsfragen klären wollte, nennt Zahn einen Fehler. Der werde sich nicht wiederholen. Vertreiben wolle die Firma keinen Mieter. Die Deutsche Wohnen lege „deutlich weniger“ als die zulässigen elf Prozent der Sanierungskosten auf Mieter um. Zu den Sanierungsplänen der ersten Blöcke der Otto-Suhr-Siedlung gebe es eine Zustimmung von 92 Prozent. Außerdem halte man sich an die Bundesgesetze auch bei Mieterhöhungen, die soziale Härtefälle betreffen.
145 Prozesse gegen Mieter in den letzten zwei Jahren
Katrin Schmidberger (Grüne) legte nach, auch im Namen der Deutsche-Wohnen-Mieter, die der Anhörung beiwohnten. 88 Prozesse gegen Mieter 2015 und 57 im vergangenen Jahr stellte sie als Zermürbungsstrategie dar, mit Signalcharakter für andere Mieter: dass diese lieber Mieterhöhungen anerkennen sollten. Und Iris Spranger (SPD) lägen „aktenweise“ Fälle von Mietern über Sanierungsrückstände vor, darunter Wohnungen mit Schwarzschimmel an den Wänden.
Versäumnisse bei der Mängelbeseitigung räumte Zahn ein. Seit geraumer Zeit werde aber jeder einzelne Fall bis zum Vorstand diskutiert. Allerdings sagte Zahn auch: 400 Auseinandersetzungen um den Mietspiegel 2015 stünden 100 000 friedlichen Vertragsverhältnissen mit Mietern gegenüber. „Wir wollen einen Mietspiegel“, so Zahn, aber eben einen rechtssicheren. Dazu bot er dem Senat Gespräche an.
Und was die Anfechtungen angeht: Möglicherweise kommt hier durch den neuen Mietspiegel Ruhe herein. Zahn: „Wir werden 2017 keinen Oberwert überschreiten können, weil wir keine Sondermerkmale mehr haben.“ Hintergrund: Im neuen Mietspiegel sind mieterhöhende Sondermerkmale – zum Beispiel eine moderne Einbauküche oder ein zweites WC – ersatzlos gestrichen. Im Kampf um den Preis des Wohnens könnte der Senat nach vielen Rückschlägen einen Etappensieg errungen haben.
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