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Neue Chefin - mit durchwachsenem Start: Katina Schubert beim Landesparteitag.
© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Landesparteitag: Berliner Linke wählt Katina Schubert an ihre Spitze

Auf dem Parteitag bekam die neue Vorsitzende nur ein mäßiges Ergebnis. Dass man nun mitregiert? Irgendwie noch surreal, sogar für Klaus Lederer.

Surreal war für den neuen Kultursenator und Bürgermeister Klaus Lederer nach seinen Worten die Übernahme der Amtsgeschäfte am Freitag. Real ist für den Linkspolitiker, der am Sonnabend nach elf Jahren als Parteichef der Berliner Linken sein Amt an Katina Schubert übertrug, die aktuelle Situation zwei Tage nach Unterzeichnung des rot-rot-grünen Koalitionsvertrags. „Der Wind ist hart, der uns ins Gesicht weht. Man wird uns keine Schonfrist geben“, sagte Lederer vor 162 Delegierten auf dem Parteitag der Linken im Wista-Veranstaltungszentrum Adlershof. Von ihren Genossen bekam die Parteispitze aber keinen Gegenwind: Die Linke steht geschlossen zu Rot-Rot-Grün und verabschiedete ohne Gegenstimmen einen entsprechenden Leitantrag.

Lederer war nach elf Jahren an der Parteispitze der am längsten amtierende Landeschef der deutschen Linken. Ein bisschen Personenkult konnte sich die Partei auch nicht verkneifen: Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau präsentierte eine launige Hommage in Text und Bildern, der die Genossen Standing Ovations zollten. Seine Nachfolgerin, die bisherige Landesgeschäftsführerin Katina Schubert, wurde mit einem mäßigen Ergebnis von 75,3 Prozent der Stimmen zur neuen Landesvorsitzenden gewählt.

Die 23 Nein-Stimmen und 17 Enthaltungen von 162 abgegebenen Stimmen sind wohl als stiller Protest der Genossen vor allem aus den westlichen Bezirksverbänden zu werten. Diese haben generell einen deutlicheren linksfundamentalistischen Kurs. Und Schubert machte sich in ihrer Funktion als Landesgeschäftsführerin auch nicht bei allen Genossen beliebt. Ihre drei Stellvertreter sind Franziska Brychcy, Sandra Brunner und Tobias Schulze. Sebastian Koch wurde Landesgeschäftsführer.

Zentrales Thema neben all den guten Vorsätzen für die Regierungsarbeit war die anstehende Bundestagswahl. Die Bundesvorsitzende Katja Kipping betonte, Berlin habe gezeigt, dass es möglich sei, „eine klare Haltung gegen Rechtspopulismus zu zeigen und Wahlen zu gewinnen“. Ein wirklicher Politikwechsel und bundesweiter Kampf um neue linke Mehrheiten seien „mehr als R2G-Rechenspiele“. Die Rechten würden nicht gegen „die da oben“ kämpfen, sondern würden für einen „knallharten Kulturkampf“ stehen. Sie würden den sozialistischen Gleichheitsgrundsatz verurteilen. Die Demokratie ließe sich heute „nur im Vorwärtsgang“ verteidigen.

Kipping betonte, die Linke stehe für eine rot-rot-grüne Option auf Bundesebene zur Verfügung. Allerdings gebe es „linke Haltelinien“: keine Bundeswehreinsätze, keine Obergrenze für Flüchtlinge und kein „Schleifen“ des Grundrechts auf Asyl. Die linke Bundesspitze wird genau darauf schauen, wie Rot-Rot-Grün in Berlin funktioniert.

"Gewisser Druck" der Bundesebene

Da hat der Bundestagsabgeordnete und frühere Berliner Parteichef Stefan Liebich schon recht: Die 630 Bundestagsabgeordneten erleben das Funktionieren oder Nichtfunktionieren dieses Dreierbündnisses durch ihr Leben in Berlin. „Und nicht alle Grünen und Sozialdemokraten werden Rot-Rot-Grün ausschließen“, frotzelte Liebich. Deshalb bestehe auch ein „gewisser Druck“ der linken Bundesebene auf die Berliner Linke. „Es nutzt ja nichts“, sagte er, „wir können nicht verzagt in den Wahlkampf gehen.“ Die Wahlstrategie heiße „Hoffnung statt Angst“.

Sandra Brunner, die 2002 mit 27 Jahren als jüngste Direktkandidatin der PDS in Pankow für den Bundestag gegen Wolfgang Thierse (SPD), Günter Nooke (CDU) und Werner Schulz (Grüne) antrat, ist seit Sonnabend stellvertretende Landesvorsitzende. Damals verlor sie gegen Thierse. Heute ist Brunner Sozialrichterin. „Wir müssen Konflikte und Lösungswege aufzeigen“, sagte Brunner. Die Menschen müssten erleben, dass sich „spürbar etwas ändert“.

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