Vor Parteitag am Wochenende: Berliner Grüne finden Kompromiss beim Thema Enteignungen
Beim strittigen Thema Enteignung haben sich die Grünen auf einen Antragstext verständigt. Eine spannende Abstimmung wird am Abend zum Thema Mobilität erwartet.
Der Landesvorstand der Berliner Grünen und die Grüne Jugend haben einen Kompromiss gefunden beim strittigen Thema Enteignung und Umgang mit dem Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“. Darüber werden die Grünen auf ihrem dreitägigen Parteitag, der heute Abend beginnt, debattieren.
In dem Antragstext steht jetzt: „Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt mit diesem Schritt entschärfen.“ Im Originaltext stand noch „diesen Schritt gehen“, also die Vergesellschaftung als letztes Mittel anwenden.
Die Grüne Jugend wollte ursprünglich folgende Passage streichen: Auch dann müssten „qualitative Kriterien“ berücksichtigt werden. „Die Diskussion um rein quantitative Obergrenzen sehen wir kritisch“, hieß es in dem Entwurf des Vorstandes.
Die Passage bleibt nun in dem Antrag drin, wird aber durch diesen Satz ergänzt: „Da der Artikel 15 im Grundgesetz noch nie praktisch angewandt wurde, ist es umso wichtiger eine verfassungskonforme Ausgestaltung des Gesetzes zeitnah zu erarbeiten.“ Der Grünen Jugend kommt es darauf an, dass der Senat auch wirklich zeitnah ein verfassungskonformes Gesetz erarbeitet.
Die Initiatoren des Volksbegehrens wollen jedes Immobilienunternehmen enteignen, das mehr als 3000 Wohnungen in seinem Bestand hat. Durch einen Volksentscheid soll der Berliner Senat aufgefordert werden ein Gesetz zu erlassen, das die Vergesellschaftung der Wohnungen von privaten Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3000 Berliner Wohnungen regelt. Die Debatte über die Vergesellschaftung wird am Sonnabend auf dem Grünen-Parteitag geführt.
Landesvorstand will Innenstadt bis „spätestens 2030“ zu einer Null-Emissionszone umgestalten
Am Freitagabend um 17 Uhr startet der Parteitag. Spitzenkandidatin Bettina Jarasch wird eingangs eine Rede halten. Sie plädiert für Bündnisse, um den Klimaschutz voranzubringen. Berlin habe lange als Stadt der Möglichkeiten gegolten, in der „jeder alles sein kann“, sagte Jarasch Anfang der Woche. Die Krisen würden aber auch zeigen, dass es „dafür natürlich Grenzen gibt. Und deswegen ist es unser Ziel, Berlin zu einer neuen Stadt der Möglichkeiten zu machen.“
Spannend wird die Debatte am Freitagabend über die Zero-Emission-Zone, die auch ins Wahlprogramm geschrieben wird: Der Landesvorstand will die Innenstadt bis „spätestens 2030“ zu einer Null-Emissionszone umgestalten, in der „weitestgehend“ keine Fahrzeuge mehr fahren dürfen.
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Abgestimmt werden soll dazu über zwei Anträge. Delegierte aus dem Kreisverband Pankow fordern, dass dieses Ziel schon bis „spätestens 2025“ erreicht werden soll. In der Innenstadt sollen dann „keine Fahrzeuge mit fossilem Verbrennungsmotor“ mehr fahren dürfen. Die Grüne Jugend fordert eine „autofreie Berliner Innenstadt bis 2025 und ein autofreies Berlin bis 2030“.
Diese Delegiertem für die Bundestagswahl sollen nominiert werden
Am Sonntag nominieren die Delegierten die Berliner Liste zur Bundestagswahl. Auf Platz eins soll Lisa Paus gewählt werden, auf Platz zwei Stefan Gelbhaar, Platz drei ist für Renate Künast reserviert, auf Platz vier soll Andreas Audretsch durchkommen und Platz fünf ist für die Co-Landesvorsitzende Nina Stahr gesetzt. Auf Platz sechs wünschen sich Realos und Parteilinke die 37-jährige Netzpolitikerin und Feministin Laura Dornheim, Özcan Mutlu hat nur Außenseiterchancen.
Dornheim, die als Direktkandidatin in Lichtenberg antritt, betonte, dass sie kein Interesse an einer Kampfabstimmung habe. Gerüchte, sie würde auf Platz fünf gegen Nina Stahr antreten, seien falsch, sagte sie dem Tagesspiegel.
Auf Platz sieben kandidieren Juliana Wimmer und Annkatrin Esser. Nur der Kampf um diesen Platz wird offen zwischen Wimmer und Esser ausgetragen. Die 31-jährige Volljuristin Juliana Wimmer hat die deutsche und brasilianische Staatsangehörigkeit.
Die einzige Kandidatin mit Migrationshintergrund tritt ausgerechnet gegen die Kandidatin der Grünen Jugend, „Annka“ Esser an. Sie ist mit 22 Jahren die einzige Kandidatin unter 25 Jahren und als Klimaaktivistin fest in der Klimabewegung verankert. Und Klimapolitik ist genau das Kernthema, mit dem die Partei in den Wahlkampf ziehen will.
Annka Esser betonte, sie sei mit Juliane Wimmer „im solidarischen Austausch. Wir machen beide ein Angebot an unsere Partei und sind coole Kandidatinnen. Wir haben keinen Streit“. In der Partei hatte es Kritik daran gegeben, wie „weiß“ die Kandidatinnenliste ist. Platz acht ist für Bernd Schwarz reserviert und Platz neun für Hanna Steinmüller.