Koalitionspartner skeptisch: Berliner Linksfraktion will Gesetz zu Vergesellschaftung vorlegen
Das Gesetz käme zum Einsatz, sollte „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ mit ihrem Volksbegehren Erfolg haben. Ob es umgesetzt wird, ist allerdings zu bezweifeln.
Die Berliner Fraktion der Linken im Abgeordnetenhaus will einen Entwurf für ein Vergesellschaftungsgesetz vorlegen. Eine erste Fassung wurde am Sonnabend auf der zweitägigen Online-Fraktionsklausur vorgestellt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken Steffen Zillich erklärte den Abgeordneten, der Vorschlag orientiere sich an den Forderungen der Initiatoren von „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“. Für das Volksbegehren werden derzeit Unterschriften gesammelt.
In das Gemeineigentum überführt werden sollen demnach von profitorientierten Eigentümern privatwirtschaftlich organisierte Wohnungsbestände, die mehr als 3000 Wohnungen groß sind. Die Wohnungen würden dann in die Verwaltung einer Anstalt des öffentlichen Rechts übergeben.
Zillich sagte, dass es dafür seiner Auffassung nach eine Entschädigung geben müsse. Allerdings liege die unter dem Marktwert der vergesellschafteten Objekte und müsse insbesondere keine Spekulationsgewinne enthalten. „Wir sehen vor, dass die Entschädigung sich orientiert an dem, was bei einer vernünftigen sozialorientierten Bewirtschaftung dieser Wohnungen an Ertrag zu erzielen ist“, sagte Zillich.
„Vergesellschaftung“ heißt, dass sich der Gesetzentwurf auf Artikel 15 des Grundgesetzes bezieht. Das bedeute, dass nicht die Wohnungsbestände selbst, sondern der Grund und Boden, auf dem sie stehen, vergesellschaftet würden, und zwar durch Gesetz, sagte Zillich. „Das würde unserer Ansicht nach dazu führen, dass in einem solchen Gesetz die Flurstücke, die vergesellschaftet werden sollen, genau zu benennen sind.“
Sebastian Schneider, ein Vertreter der Organisatoren des Volksbegehrens, kritisierte unter anderem diesen Punkt stark. „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ plant, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Generell wurde aus der anschließenden Debatte der Fraktionsmitglieder wurde deutlich, dass für die Linke bis zu einem fertigen Gesetzentwurf noch zahlreiche juristische Fragen zu klären sind.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Es ist allerdings zu bezweifeln, dass ein wie auch immer formulierter Gesetzentwurf der Linksfraktion die Chance hätte, umgesetzt zu werden. Die Linke müsste dafür den Koalitionspartner SPD überzeugen, und die Sozialdemokraten haben sich bereits klar gegen das Ansinnen von „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ positioniert.
Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin und Spitzenkandidatin der Berliner SPD für die kommende Abgeordnetenhauswahl, hatte vergangene Woche gesagt, sie halte Enteignung nicht für das richtige Mittel, um den Wohnungsbestand in öffentlicher Hand zu erhöhen. „Diejenigen, die enteignet werden, müssen auch entschädigt werden. Und es entsteht keine einzige neue Wohnung dadurch“, sagte Giffey.
Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, er sehe das Volksbegehren kritisch. Die städtischen Gesellschaften könnten Berlins Ziel, pro Jahr 15 000 bis 20 000 neue Wohnungen zu bauen, alleine nicht stemmen. „Die Wohnungsbauziele können nur mit privaten Partnern erreicht werden“, sagte Müller.
Margarethe Gallersdörfer