Deutschpflicht für Vorschüler: Berliner Bezirke sollen Sprachförderkurse „zuweisen“
Deutschförderung ist seit 13 Jahre vorgeschrieben, wird aber nicht durchgesetzt. Die Koalition will das gesetzlich ändern.
Die rot-rot-grüne Koalition hat sich auf eine Schulgesetzänderung geeinigt. Die Neuerungen betreffen Kinder, die keine Kitas besuchen sowie die stärkere Würdigung der Herkunftssprachen. Alle Schulen müssen zudem Kinderschutzkonzepte entwickeln.
Bei der abschließenden Diskussion am Donnerstag im Schulausschuss bedauerte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), dass der von ihr geforderte Wegfall der Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss an Gymnasien aus dem Entwurf entfernt wurde.
Bei der Schulgesetzänderung handelt es sich auch sonst um eine stark verkleinerte Version. Auf die Reform der Privatschulfinanzierung, des Übergangs in die weiterführenden Schulen und auf die Gebührenfreiheit beim Hort konnte sich die Koalition wie berichtet nicht mehr einigen.
Stattdessen unternimmt sie einen neuen Versuch, ein altes Problem zu lösen und zwar die Sprachförderung künftiger Erstklässler, die keine Kita besuchen: Seit 2008 sind sie verpflichtet, vor der Einschulung an einer mindestens einjährigen täglichen Sprachförderung teilzunehmen, was aber nicht klappt: Die meisten der rund 3000 „Nichtkitakinder“ kommen nicht einmal zum vorgeschalteten Test.
Aber auch jene, die am Test teilnehmen und bei denen Sprachförderbedarf festgestellt wird, melden sich etwa zur Hälfe weder in einer Kita an noch nehmen sie an einem anderen Sprachförderangebot teil. Die CDU hatte in diesem Zusammenhang bereits 2018 von "Staatsversagen" gesprochen. Dennoch änderte sich nichts.
Der Mangel an Kita-Plätzen verschärfte die Probleme
Zur Begründung hatte Neuköllns Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) auf den Kitaplatzmangel verwiesen: Wenn Eltern dreimal nachgewiesen hätten, das sie sich vergebens um einen Kitaplatz beworben hätten, würde der Bezirk vom ihnen kein Bußgeld erheben wegen der Nichterfüllung de Sprachförderpflicht.
Der Bildungsstadtrat von Tempelhof-Schöneberg, Oliver Schworck (SPD) hatte es bei einer Anhörung im März grundsätzlich abgelehnt, Bußgelder zu erheben.
Diesen Zustand wollte die Koalition nicht länger hinnehmen. Sie hat jetzt festgeschrieben, dass die Schulämter in der Pflicht stehen, den betreffende Familien, die sich nicht kümmern oder keinen Kitaplatz finden, Förderangebote „zuzuweisen“.
Herkunftssprachen sollen an den Schulen mehr Beachtung finden
Eine neue Qualität hat auch die Förderung der Herkunftssprachen: Die Schulen werden verpflichtet, die „gesprochenen Sprachen“ der Schüler:innen zu erfassen. Auf dieser Grundlage müsse der Senat eine Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit aufbauen. Je nach Haushaltslage sollen Angebote zur Entwicklung von Zwei- und Mehrsprachigkeit gemacht werden, sofern dies „gewünscht und schulorganisatorisch möglich“ ist. Auch die Anerkennung der Herkunftssprache als zweite Fremdsprache soll ermöglicht werden.
Die CDU bedauert den Rückzieher beim MSA
„Die CDU-Fraktion kritisierte, dass der 76-seitige Text zur Gesetzesänderung erst am Mittwoch kurzfristig übermittelt worden war. Somit sei es der Opposition unmöglich gewesen, die Gesetzesänderungen angemessen zu beraten.
"Die Rechte der Opposition werden auf eklatante Weise missachtet", kritisierte der Abgeordnete Dirk Stettner. Man habe es mit einer "Torschlusspanik von SPD, Grüne und Linke" zu tun.
Die CDU bedauere zudem "insbesondere", dass die Koalition es bei den MSA-Prüfungen an den Gymnasien belasse. Wie berichtet hatte die Berliner Expertenkommission empfohlen, die Prüfungen wegzulassen, weil sie Wissen in der zehnten Klasse abprüfen, dass die Gymnasien schon in der neunen Klasse hinter sich gelassen haben.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) wollte dem folgen, die Fraktionen nicht.
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