Verkauf des Dragonerareals in Kreuzberg: Berlin wagt ein Veto
Berlins Finanzsenator Kollatz-Ahnen will den Verkauf des Dragonerareals am Donnerstag im Bundesrat stoppen. Ob andere Länder mitziehen, ist noch unklar. Investoren beschweren sich.
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) will im Bundesrat gegen den Verkauf des Dragonerareals in Kreuzberg stimmen. Das bestätigte seine Sprecherin Eva Henkel. Sein Votum sei allerdings nicht durch einen Senatsbeschluss gedeckt. „Es gibt eine hohe Ressortautonomie“, sagte Henkel. Über den Verkauf stimmt am Donnerstag der Finanzausschuss des Bundesrats ab – wie üblich bei Bundesimmobilien im Wert von über 15 Millionen Euro. Das knapp fünf Hektar große Gebiet wurde für 36 Millionen Euro verkauft.
Ob sich der Finanzausschuss der Berliner Linie anschließt, ist offen. Neben Kollatz-Ahnen werden wohl die grünen Ressortchefs aus Bremen und Schleswig-Holstein gegen den Verkauf stimmen. Bei den SPD-Finanzministern aus acht weiteren Ländern ist das Abstimmungsverhalten schwer zu kalkulieren. Anfragen des Tagesspiegels in Hannover, Magdeburg und Stuttgart wurden ausweichend beantwortet. Kollatz-Ahnen erklärte zu seiner Entscheidung: "Wenn Bundesimmobilien nach dem Verfahren des Meistbietenden veräußert werden, erschwert das die künftige Nutzung für preiswerten Wohnraum oder macht diese sogar unmöglich. Dagegen orientiert sich die Liegenschaftspolitik Berlins am Verkehrswert, um die Nutzung mit Kultur, Gewerbe und sozialem Wohnungsbau sinnvoll mischen zu können.“
Gegen den Bund zu votieren, ist ein Risiko
Die Regierungskoalition im Bund hatte das Signal an die Fraktionen gegeben, für den von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ausgehandelten Verkauf zu stimmen, obwohl er die Beschlusslage der SPD zur Wohnungspolitik konterkariert. Die Abgeordneten im Haushaltsausschuss des Bundestags hatten sich an die Fraktionsdisziplin gehalten. Im Bundesrat gibt es keine Fraktionen, aber gegen den Bund zu votieren, könnte die Verhandlungsposition bei anderen aktuellen Themen schwächen, etwa bei der Flüchtlingspolitik.
Die Grünen erhöhten kurz vor der Sitzung nochmal den Druck. Die Bundestagsabgeordnete Lisa Paus schrieb zusammen mit dem Kreuzberger Stadtrat Hans Panhoff einen Brief an alle Finanzminister der Länder. Darin erklärte sie, das Bundesfinanzministerium habe den Haushaltsausschuss „sehr unvollständig“ über das Projekt informiert. Die Wiener Investoren beschwerten sich hingegen bei Kollatz-Ahnen, wie der Tagesspiegel erfuhr. In einem Brief monierte der Geschäftsführer der Dragonerhöfe GmbH, Werner Ebm, dass die maßgeblichen Politiker in Bundestag und Bundesrat bislang geschwiegen hätten.
Ein "authentischer Kreuzberger Kiez" soll entstehen
Der Berliner Unternehmer Arne Piepgras hielt zunächst zehn Prozent der „Dragonerhöfe GmbH“, ist inzwischen aber laut aktueller Mitteilung der Investorengruppe aus Wien komplett ausgestiegen. Die Wiener Immobilienentwickler wollen aus dem knapp fünf Hektar großen Areal am Mehringdamm einen „neuen, authentischen Kreuzberger Kiez“ machen. Dazu gehörten auch „Wohnungen zu sozialverträglichen Mieten“, Geschäfte, Cafés und Restaurants, „ebenso wie Möglichkeiten für Kunst und Kultur“. Ein „fertiges Konzept“ liege allerdings noch nicht vor.
Man habe die sozialverträglichen Mieten bereits in die „Vorkalkulation“ einbezogen, heißt es weiter. Es sollen „ausschließlich Mietwohnungen“ entstehen, die von den Dragonerhöfen GmbH selbst verwaltet werden. Konkrete Zahlen zu Wohnungen und Miethöhen nennen die Wiener Investoren nicht. Die Initiative „Stadt von Unten“ spricht von „blumigen Absichtserklärungen“. Berliner Wohnungsbaugesellschaften hatten selbst am Bieterverfahren teilgenommen, wollten aber nur 18 bis maximal 20 Millionen Euro für das Gebiet ausgeben.