Jahreswechsel: Berlin hatte bundesweit die schlechteste Silvester-Luft
Bei den Feiern zum Jahreswechsel haben vor allem die Berliner viel Feinstaub in der Luft verkraften müssen. Das ergab jetzt eine Auswertung der Messergebnisse.
Eine Stunde nach Mitternacht an Neujahr wurden an einer Station in Berlin-Friedrichshain 853 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen, wie Ute Dauert vom Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau am Mittwoch sagte. Höhere Werte gab es nirgends in Deutschland.
Eine hohe Feinstaubbelastung wurde auch im baden-württembergischen Reutlingen (805 Mikrogramm pro Kubikmeter) und im sächsischen Leipzig (781 Mikrogramm pro Kubikmeter) gemessen. Insgesamt war die Luft bundesweit den Angaben zufolge aber weniger belastet als in den vergangenen beiden Jahren. So habe unter anderem vielerorts kräftiger Wind die Feinstaubkonzentration schnell gesenkt. Sie ist am ersten Tag jedes neuen Jahres laut Bundesamt oft so hoch wie sonst im ganzen Jahr nicht.
4500 Tonnen Feinstaub
Wegen der Folgen des Feinstaubs für kleine Kinder, Senioren und chronisch Kranke hatte die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) vor dem Jahreswechsel dazu aufgerufen, weniger Feuerwerk einzusetzen oder ganz darauf zu verzichten. Diese Gruppen litten zu Beginn des neuen Jahres besonders häufig unter Husten und Atembeschwerden, es komme vermehrt zu Krankenhauseinlieferungen.
Das Umweltbundesamt (UBA) hatte zu Silvester die Freisetzung von rund 4500 Tonnen Feinstaub erwartet - kleinste, für das menschliche Auge meist unsichtbare Teilchen. Das sei in etwa die Größenordnung der Vorjahre, sagte UBA-Meteorologin Ute Dauert der Deutschen Presse-Agentur. „Wie groß die tatsächliche Feinstaubbelastung in der Silvesternacht wird und wie schnell sie wieder abklingt, hängt dann aber auch von den Wetterverhältnissen ab.“
In der ersten Stunde des neuen Jahres können die Feinstaubwerte, die normalerweise um die 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen, mitunter auf 2000 oder bis hin zu 4000 in die Höhe schießen, wie Dauert erläuterte. Herrsche eine kalte Hochdruckwetterlage mit sehr eingeschränktem Luftaustausch, gehe die Feinstaubbelastung nur sehr langsam zurück. Das heißt, dass sich die winzigen Stückchen, die beim Abbrennen von Feuerwerk entstehen, durchaus mehrere Tage in der Luft halten - für Städte kann das der Expertin zufolge im Einzelfall extrem hohe Tagesmittelwerte von mehr als 500 Mikrogramm pro Kubikmeter bedeuten.
Zumindest aus gesundheitlicher Sicht wäre auf Regen und Sturm in der Silvesternacht zu hoffen: Dann sinken die Feinstaubwerte in der Regel innerhalb von Stunden wieder auf Normalniveau ab. Das war etwa an Silvester 2017/2018 der Fall. Erfahrungsgemäß trifft eine hohe Feinstaubbelastung zu Silvester besonders Städte wie Berlin, München und Hamburg. Ballungsräume, in denen viele Menschen auf engem Raum Feuerwerk abschießen, zum Beispiel auf Feiermeilen. Generell wird laut UBA in vielen Städten am ersten Januar der höchste Feinstaubwert des ganzen Jahres erreicht.
Extrem hohe Feinstaubwerte können kleinen Kindern, Senioren, aber auch Asthmatikern und chronisch Lungenkranken akute Probleme wie Husten und Atembeschwerden bereiten. Schützen könnten sich diese Menschen kaum, da selbst Atemschutzmasken die Mini-Teilchen nicht komplett filterten, so die DGP. Auch Gesunde dürften das Halskratzen und das Brennen in den Augen nach dem Feuerwerk kennen.
Für die Gesundheit der Menschen sind laut UBA zwar dauerhaft erhöhte Werte bedeutender als einzelne Ereignisse wie Silvester. Expertin Dauert betonte aber auch, dass es für Feinstaub keine Schwelle gibt, unterhalb derer keine schädigende Wirkung für die Bevölkerung zu erwarten ist.
Der Anteil von Feuerwerk an den Gesamt-Feinstaubemissionen in Deutschland betrage gut zwei Prozent, sagte Dauert. Zieht man nur die Straßenverkehrsemissionen als Vergleich heran, so macht Feuerwerk rund 15 Prozent der jährlich freigesetzten Menge aus.
Feinstaub entsteht im Verkehr durch Verbrennungsmotoren, aber auch durch Reifenabrieb. Weitere Quellen sind zum Beispiel die Industrie, Kraftwerke und Holzöfen. Hinzu kommen natürliche Feinstaubquellen, so dass eine gewisse Grundbelastung unvermeidlich ist.
Feinstaub kann je nach Teilchengröße nicht nur tief in Lunge und Bronchien, sondern auch ins Blut gelangen und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems hervorrufen. Insgesamt verliere die Bevölkerung in Deutschland durch Luftverschmutzung mit Feinstaub jährlich 600 000 Lebensjahre, teilte die DGP mit. Inzwischen wird Feinstaub auch als Risikofaktor für Demenz diskutiert.
Die EU-Grenzwerte für Feinstaub wurden in Deutschland in den vergangenen Jahren weitgehend eingehalten - das liegt aber auch daran, dass die zulässigen Werte teils deutlich höher liegen als die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Richtwerte. (dpa)
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