Werbekampagne für Kitas und Schulen: Berlin geht wieder mit Pfannkuchen auf Lehrersuche
Gerade hat das neue Schuljahr mit einem Rekordanteil von Quereinsteigern unter Berlins Lehrern begonnen - schon droht die nächste Einstellungsrunde. Wie der Senat versucht, die Not zu lindern.
Mancher wird ein ziemliches Déjà-vu haben, wenn er sich in diesen Tagen in einschlägigen deutschen Bahnhöfen oder Universitätsstädten aufhält: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) wärmt ihre Plakat- und Pfannkuchenkampagne vom Frühjahr auf, um Lehrer und Erzieher nach Berlin zu locken.
"Du hast unseren Kindern gerade noch gefehlt! Herzlich willkommen in Berlin", heißt es auf Werbeflächen und auch auf Postkarten, die verteilt werden sollen. An den Universitäten von Düsseldorf, Dortmund und Frankfurt am Main bekommt der Aufruf noch eine lukullische Untermalung, indem Pfannkuchen unter die Lehramtsabsolventen gebracht werden. Denn während Berlin seine Lehramtsstudienplätze künstlich verknappte, bilden andere Bundesländer mehr Lehrer aus als sie benötigen - weshalb es Berlin auch immer wieder gelingt, andernorts Lehrer anzuwerben.
Berlin bezahlt Grundschullehrer am besten
Die Not - und mit ihr die Zahl der Quereinsteiger - wird allerdings immer größer, weshalb Berlin noch eine Schippe draufgelegt hat: Die Stadt kann mit den deutschlandweit besten Grundschulgehältern werben. Mit den jetzt angebotenen 5200 Euro im Monat stehen Berliner Pädagogen zumindest in den ersten Arbeitsjahren finanziell besser da als die verbeamteten Kollegen in anderen Bundesländern. Und mit 26 oder 30 Jahren steht für viele ein interessanter Lebensort höher im Kurs als die Tatsache, dass Beamte eine höhere Alterssicherung erwarten können.
Dafür spricht zumindest die Tatsache, dass es immer noch einige hundert voll ausgebildete Lehrer gibt, die lieber in Berlin angestellt arbeiten als sich - etwa in Mecklenburg-Vorpommern - verbeamten zu lassen.
Allerdings reichen einige hundert Lehrer auch auf längere Sicht nicht aus, weshalb Berlin mehr machen muss als 5200 Euro zu zahlen und Plakate zu kleben.
Scheeres will Pensionäre länger im Schuldienst halten
Das hat sich inzwischen auch im Senat herumgesprochen: Aktuell verhandeln die Bildungs- und Finanzverwaltung darüber, wie man Lehrkräfte über die Pensionsgrenze hinaus im Schuldienst halten könnte. Dies bestätigte die Bildungsverwaltung auf Nachfrage. Allerdings war dies auch schon im Spätsommer Stand der Dinge.
Bislang sind die Bedingungen für Pensionäre so unattraktiv, dass arbeitsfreudige Lehrer über 65 etwa an freie Schulen wechseln müssen, um einen finanziellen Mehrwert zu erzielen. Zudem ist das Verfahren kompliziert, wenn eine Lehrkraft im Dienst bleiben möchte. Länder wie Bayern nutzen diese große Personalressource inzwischen, obwohl bei ihnen der Lehrermangel wesentlich kleiner ist als in Berlin.
Eine Reisegutschein als Lockmittel
Betroffene wundern sich denn auch über ein eklatantes Missverhältnis zwischen der Berliner Notlage einerseits und der Phantasie und Flexibilität der Bildungsbehörde andererseits. So berichteten immer wieder ausgebildete Lehrer, die bereit für einen Wechsel nach Berlin waren, dass die Behörde ihnen nicht bei der Terminauswahl für ein Bewerbungsgespräch entgegengekommen sei - während ihnen andere Bundesländer goldene Brücken bauten. Andere wundern sich darüber, dass in Berlin unter den Tausenden Teilzeitkräften nicht viel mehr um eine - zumindest geringe Stundenaufstockung - geworben wird, wie es Bayern in die Diskussion brachte. Die Berliner Bildungsbehörde begründet diesen Verzicht damit, dass der Lehrerberuf ja gerade wegen seiner familienfreundlichen Teilzeitlösungen beliebt sei. Allerdings wäre er für manche auch dann noch familienfreundlich, wenn man statt 12 beispielsweise 16 Stunden unterrichten würde.
Am 14. Oktober präsentieren sich Kitas und Schulen
Anstatt für veränderte Teilzeitlösungen zu werben, versucht die Bildungsverwaltung die Personalnot damit zu lindern, dass sie die Reisekosten für die Teilnahme am Berlintag am 14. Oktober ersetzt, falls in der Folge ein Arbeitsvertrag zustande kommt. "Rührend , aber läppisch" lautet noch eine der harmloseren Reaktionen auf dieses "Lockmittel" der Behörde.
Der Berlintag selbst gilt allerdings als erfolgreiche Werbemaßnahme: Seit der Lehrermangel 2014 massiv zu spüren war, ist er Anlaufpunkt für Interessenten aus dem In- und Ausland. In diesem Jahr wirbt die Bildungsverwaltung damit, dass man "60 Schulen direkt kennenlernen kann". Zudem werden sich 60 Kita-Träger, die insgesamt mehr als 770 Kitas betreiben, präsentieren.
Eltern finden keine Kita-Plätze
Denn nicht nur Lehrer werden händeringend gesucht. Auch Erzieher sind extrem knapp, wobei Berlin hier nicht den Konkurrenznachteil in Sachen "Nicht-Verbeamtung" hat. Bei den Erziehern liegt die Sache anders: Berlin bezahlt einen schlechteren Tarif - und hat selbst zur Verknappung beigetragen, indem der Kitabesuch für immer mehr Altersgruppen kostenfrei ist: Das lockt auch Familien an, die sonst vielleicht auf die Fremdbetreuung verzichtet hätten. Schon vor Monaten fehlten rund 2000 Erzieher. Inzwischen dürften es noch mehr sein. Darauf deuten jedenfalls Signale verzweifelter Eltern, die - etwa in Spandau - keinen Platz für ihre Kinder finden, obwohl das Angebot im Herbst normaler viel größer ist, weil der älteste Kita-Jahrgang gerade in die Schulen abgewandert ist.