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Die beiden großen Immobilienkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen stehen kurz vor einem Zusammenschluss.
© Christoph Soeder/dpa
Update

Vonovia zahlt keinen Cent Grunderwerbsteuer: Berlin geht bei Deal der Immobilien-Riesen leer aus

Rund 110.000 Wohnungen gehören der Deutsche Wohnen in Berlin. Durch einen Trick kann sie diese an die Vonovia verkaufen, ohne dass Grunderwerbsteuern fließen.

Kritiker der Übernahme des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen durch die Aktiengesellschaft Vonovia hatten es befürchtet, nun ist es Gewissheit: Anders als Privatpersonen zahlt die Vonovia für den Erwerb von rund 90.000 Wohnungen nicht einen Cent Grunderwerbsteuer an das Land Berlin.

Schätzungen zufolge wäre bei Veranlagung des in Berlin geltenden Steuersatzes von sechs Prozent eine Summe von rund einer Milliarde Euro fällig geworden. Geld, das der klamme Berliner Landeshaushalt gut hätte gebrauchen können. Zumal für den Kauf von 20.000 Wohnungen, die das Land selbst von der Deutsche Wohnen übernehmen wird, Ausgaben in Milliardenhöhe fällig werden.

Publik geworden war der Fall durch die pflichtgemäß veröffentlichte gemeinsame Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat der Deutsche Wohnen sowie des Übernahmeangebots der Vonovia. In beiden Papieren wird erklärt, dass die Beteiligungshöhe von 90 Prozent an der Deutsche Wohnen nicht überschritten werden wird.

„Ferner sollte der Vollzug des Angebots keine Grunderwerbssteuer [...]auslösen“, heißt es im Papier der Deutsche Wohnen. Die Vonovia schreibt: „Zu einer Vereinigung von 90 Prozent oder mehr der Anteile kann es allerdings nicht kommen.“ Möglich wird das durch eine sogenannte „Drittbankvereinbarung“. In dieser verpflichtet sich die französische Bank „Société Générale“ zur Übernahme von „Überschussaktien“. Als Konsequenz entfällt die Grundsteuerpflicht.

Linke sieht "große Ungerechtigkeit"

Auf eine entsprechende Neuregelung des Grunderwerbsteuergesetzes hatten sich CDU und SPD im Bund im Mai geeinigt. Sie ist seit dem vergangenen Donnerstag gültig. Zuvor lag die Höchstgrenze bei einer Beteiligung von 95 Prozent.

Bei Linken und Grünen sorgte die Ankündigung für Kritik. „Das Geld hätten wir natürlich gern gehabt“, sagte Steffen Zillich, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Er sprach von einer „großen Ungerechtigkeit“ gegenüber denjenigen, die als Privatpersonen Wohnungen oder Häuser erwerben und mit der für sie verpflichtenden Zahlung der Grunderwerbsteuer „das Allgemeinwesen unterstützen“.

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Zillich kritisierte die Bundesregierung dafür, dass sie sich nicht zu einem entschiedeneren Vorgehen hatte durchringen können. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Paus, die das Vorgehen von Vonovia und Deutsche Wohnen überhaupt erst öffentlich gemacht hatte, sagte dem Tagesspiegel: „Das Signal an die Investoren ist eindeutig: Macht euch keine Sorgen, wir haben vorgesorgt und uns gegen mögliche Steuerzahlungen abgesichert.“

Handelseinig: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD, links) und Deutsche Wohnen Vorstand Michael Zahn.
Handelseinig: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD, links) und Deutsche Wohnen Vorstand Michael Zahn.
© Christoph Soeder/dpa

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe, zuletzt in den Verhandlungen über eine Reform des Grunderwerbsteuergesetzes am Widerstand der Union gescheitert, erklärte: „Vonovia reiht sich unter die Steuervermeider. Sie nutzt die 90 Prozent-Schwelle aus, wofür die Union mit aller Härte gekämpft hat. Mal wieder zeigt sich der Lobbyerfolg der Immobilienbranche, die sich auf ihre guten Kontakte zur CSU und CDU verlassen können.“

Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ spricht von „legaler Steuerhinterziehung“ 

Die deutlichste Kritik am Vorgehen der beiden Immobilienriesen – die Vonovia hält nach erfolgter Fusion deutschlandweit mehr als 500.000 Wohnungen – kommt von der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“. Sprecher Rouzbeh Taheri sagte dem Tagesspiegel: „Vonovia und die Deutsche Wohnen werden ihre Vereinigung auf Kosten der Steuerzahler vornehmen.“ Mit Blick auf die geltende Gesetzeslage, die das geplante Vorgehen ausdrücklich erlaubt, sprach Taheri von „legaler Steuerhinterziehung“ und warf der CDU im Bund vor, eine deutlich schärfere Regelung und damit die Verhinderung sogenannter „Share Deals“ blockiert zu haben.

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Darüber hinaus zeigte sich Taheri verwundert über die „politische Naivität“, mit der Senatskanzlei und Finanzverwaltung seiner Ansicht nach in die Verhandlungen mit den Immobilienkonzernen gegangen waren. In der Tat kommen durch die geplante Übernahme von 20.000 Wohnungen der Deutsche Wohnen durch städtische Wohnungsbaugesellschaften erhebliche Kosten auf das Land zu.

Bei einem Quadratmeterpreis von 2500 Euro, den die Wohnungen der Deutsche Wohnen laut einer Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Schnitt wert sind, würden rund drei Milliarden Euro fällig. 20 Millionen Euro Grunderwerbssteuer kämen noch oben drauf, würden allerdings direkt zurück in die Landeskasse fließen.

Ein Minusgeschäft ist der Deal für das Land in jedem Fall: Im Jahr 2013, als die Deutsche Wohnen rund 56.000 vormals kommunale Wohnungen vom Land Berlin übernommen hatte, zahlte das Wohnungsunternehmen im Schnitt 1000 Euro pro Quadratmeter. Für den Rückkauf der Wohnungen investiert Berlin nun voraussichtlich das zweieinhalbfache des damaligen Verkaufspreises.

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