Kauf nur mit kleinem Waffenschein: Berlin fordert stärkere Regulierung von Schreckschusswaffen
Gerade zu Silvester werden vermehrt Schreckschusspistolen abgefeuert. Senator Geisel will das verhindern – und den Erwerb an den kleinen Waffenschein knüpfen.
Das Land Berlin will den Handel und den Gebrauch von Schreckschusswaffen stärker einschränken. Innensenator Andreas Geisel (SPD) kündigte am Montag an, auf der Innenministerkonferenz in dieser Woche einen entsprechenden Prüfauftrag an das Bundesinnenministerium einzubringen, inwiefern das Waffenrecht geändert und Schreckschusswaffen stärker reglementiert werden können.
Ziel Berlins sei es, die legale und illegale Verbreitung und Nutzung vor allem von Schreckschusswaffen, aber auch von Reizgas- und Signalwaffen, deutlich zu reduzieren, sagte Geisel am Morgen im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Dort standen die Vorbereitung auf den Jahreswechsel unter Corona-Bedingungen im Mittelpunkt.
Gerade zu Silvester würden vermehrt Schreckschusspistolen abgefeuert, die zu erheblichen Verletzungen führen könnten, erklärte der Senator. Zum Jahreswechsel 2019/20 seien Feuerwehrleute mit Schreckschusswaffen bedroht worden - und es seien insgesamt 125 Straftaten im Zusammenhang mit Schreckschusswaffen registriert worden. Im gesamten Jahr 2019 seien es 430 Straftaten gewesen - Tendenz steigend.
Gefährlich sei es, dass Schreckschusswaffen auf den ersten Blick nicht von echten Waffen zu unterscheiden seien, sagte Geisel. Aktuell könne jeder Schreckschusswaffen ohne Erlaubnis kaufen, aber erst für das Mitführen in der Öffentlichkeit sei ein sogenannter "Kleiner Waffenschein" nötig. Der werde aber bereits "unter erleichterten Bedingungen" erteilt, ebenso für bestimmte Reizgas- und Signalwaffen.
Die Zahl der kleinen Waffenscheine in Deutschland betrage fast 700.000, in Berlin seien es knapp 23.000. Sein Ziel sei es, dass auch für den Erwerb von Schreckschusswaffen eine Eignung nachgewiesen werden müsse, sagte Geisel. "Wir wollen Erwerb und kleinen Waffenschein verknüpfen und damit die Chance haben, die Zahl der Schreckschusswaffen zu reduzieren", erläuterte der SPD-Politiker das Vorhaben des Landes.
Zwei Böllerverbotszonen an Silvester in Berlin
Die Hauptstadt steht vor einem ungewöhnlichen Jahreswechsel. Um weitere Belastungen für die Krankenhäuser zu vermeiden, hatte die rot-rot-grüne Koalition ein Verkaufsverbot für Pyrotechnik ins Gespräch gebracht. Die anderen Bundesländer und die Bundesregierung hatten den Berliner Vorstoß jedoch abgelehnt. Für ein stadtweites Böllerverbot müsste das bundesweit geltende Sprengstoffgesetz geändert werden.
Zum Jahreswechsel werde es nun zwei Böllerverbotszonen wegen drohender Gefahren geben, kündigte Geisel an: wie im vergangenen Jahr im Bereich der Pallasstraße im Schöneberger Steinmetzkiez und auf dem nördlichen Teil des Alexanderplatzes. Grund seien Erfahrungen aus den Vorjahren, als Personengruppen Raketen und Böller aufeinander, aber auch auf Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei abgefeuert hätten.
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Weil es keine Silvesterparty am Brandenburger Tor geben wird, sondern nur ein Geisterkonzert des ZDF, werde der Veranstalter dort kein Böllerverbot verhängen.
Innensenator warnt vor personellem Engpass bei der Polizei
Geisel blickt zudem mit großer Besorgnis "auf die angemeldete Demonstration der sogenannten Corona-Leugner" am 31. Dezember, wie er im Ausschuss erklärte. „Das wird kein normales Silvester, vor allem nicht für die Berliner Polizei, die vor großen Herausforderungen steht“, sagte Geisel.
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Derzeit führe die Polizei Kooperationsgespräche mit dem Anmelder der Querdenken-Demonstration. „Unser oberstes Ziel ist es den Infektionsschutz durchzusetzen“, sagte der Innensenator. Wie mit der Demonstration umgegangen werde, sei noch nicht endgültig entschieden. Mit Blick auf den jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, das ein Demonstrationsverbot in Bremen bestätigt hatte, sagte Geisel: "Wenn wir die Möglichkeit der Beschränkung haben, werden wir das umsetzen.“
Geisel (SPD) warnte vor einem personellen Engpass bei der Polizei zum Jahreswechsel. Die Zahl der Einsatzkräfte werde sehr begrenzt sein, denn mit Unterstützung aus anderen Bundesländern sei kaum zu rechnen. „Ich gehe davon aus, dass Silvester in nahezu jedem Bundesland eine Großlage existiert“, sagte Geisel. Er sprach von einer "schwierigen Personalsituation" zum Jahreswechsel. Zumindest gehe er von Unterstützung durch die Bundespolizei aus.